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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kaufmann will eine Ausstellung machen. Ich weiß nicht, ob du dich noch an Jan erinnerst. Er hat diese Galerie in der North Bridge Road.«
    Sie ging mit einigen schnellen Schritten in ihre Arbeitsecke. Dort lehnten Bilder an der Wand. Ungerahmt. Mit der Rückseite zum Raum.
    »Hier!«
    Sie drehte eines um: Farne und üppig blühende exotische Ranken bildeten den Vordergrund. Dahinter sah man gespenstisch kahle Hügel in düsterem Braun, aus denen schwarze Baumstümpfe wie Stacheln ragten.
    »Es gibt auch in Singapur eine Menge Leute, die sich für das Thema interessieren. Vor allem unter den Jungen regt sich Protest. Gerade deshalb verspricht sich Jan ja einen Erfolg. Aber Kopf und Kragen zu riskieren, weil ein paar alte, impotente Saftsäcke glauben, sie müßten irgendwelche Tiger-Medizinen haben …«
    »Julia! Erinnerst du dich noch an unseren Trip nach Tenenga?«
    »Erinnern? Wie soll ich ihn vergessen? Wie alt waren wir damals? Siebzehn. Ist also über zehn Jahre her … Aber ich höre noch immer die Gobbins. ›Hock-hock‹ machten die. Und all die Vögel und die Insekten. Und wir sitzen am Fluß und über dem Wasser tanzen ganze Trauben von Schmetterlingen. Wie riesige, verrückte, farbige, sich drehende Glaslüster sahen sie aus in der Sonne. Und dein Vater übersetzte uns, was der Mann, der uns führte … wie hieß er noch?«
    »Pa Lampung.«
    »… was Pa Lampung alles erzählte. Daß es nämlich selbst unter den Schmetterlingen gute und schlechte Geister gibt. Man müsse sie nur auseinanderhalten können. Und daß die Blutegel-Geister zum Beispiel ganz harmlos seien …«
    »Aber nicht die der Ameisen«, lächelte Maya.
    »Das war Horror. Das waren Monster.«
    »Nein, Feuerameisen.«
    »Und wenn die bissen, tat das weh wie Wespenstiche. Wenn dein Vater nicht gewesen wäre … Wie ist das, hast du etwas von ihm gehört?«
    »Reden wir nicht davon. Bitte.«
    Julia nickte und schloß die Augen. »Tenenga … Mein Gott, Tenenga … Vor ein, nein, zwei Jahre ist es her, jedenfalls gar nicht so lange, da habe ich George davon zu überzeugen versucht, mit mir zusammen für ein oder zwei Wochen nach Tenenga zu gehen. Und weißt du, was er sagte? Noch keine zehn Sekunden. Und die nicht mal in einem Raumanzug … Da hast du ihn!«
    »Du hast ihn«, lächelte Maya und gähnte. Aufrecht zu sitzen schaffte sie nicht länger. Sie zog sich ein zweites Kissen heran und streckte sich auf dem Boden aus. Wenn Julia ihr schon kein Bett gab, ging es auch so. Die Dusche konnte auch warten. Selbst das Telefonat, das sie mit Rick Martin führen mußte … Alles konnte warten.
    »Weißt du, Julia, daß die Tigerteile, die ich gestern aus dem Sampan filmte, aus Tenenga stammen?«
    »Ich wußte gar nicht, daß es dort Tiger gibt.«
    »Wir haben es dir nicht gesagt damals. Wir wollten dich nicht ängstigen. Es sind die letzten Tiger Malaysias. Die letzte größere Population. Mein Vater hat sich um sie gekümmert.«
    »Das ist ja unglaublich.«
    Maya schloß die Augen. »Ja«, sagte sie, »im Grunde ist auf dieser Welt alles unglaublich. Und was würdest du sagen, wenn das ganze Tenenga-Naturschutzgebiet rechtlich mir zusteht?«
    »Wie bitte?«
    »Nichts«, sagte Maya. »Nur neuntausend Quadratkilometer. Die Tiger dort sind meine Tiger …«
    Während durch das Sport-Center sanfte, entspannende Kitaro -Musik perlte, überkam Rick Martin das Gefühl, als brächen ihm die elenden Hebelzüge jeden einzelnen Wirbel aus dem Rückgrat. Laß die Griffe nicht los. Bloß nicht … Er spürte, wie die Finger nicht länger wollten. Mit einem leisen, zischenden Geräusch brachten die Federn das Übungsgerät in Normallage.
    Er ließ sich stöhnend auf die Bank zurückfallen, schloß die Augen und dachte es wieder, dachte es zum tausendsten Mal an diesem Tag: Maya! Wieso meldet sie sich nicht? Herrgott, es war ausgemacht, daß sie alle vierundzwanzig Stunden im Büro anrufen sollte. Gestern hatte Todder das Gespräch entgegengenommen. Alles okay. Alles in Ordnung. Alles nach Plan … Und jetzt? Jetzt war dieser verdammte Anruf seit sechs Stunden überfällig.
    Was ist mit ihr, zum Teufel?!
    Der Schweißfluß machte seinen Mund trocken. Eine Stimme sagte: »Ist das ein Trainings-Center oder ein Penner-Club?«
    Armstrong. Sein breiter, sonnenstudiogebräunter, blonder Waliser-Schädel schwebte vor den Leuchtrastern an der Decke. »Hast doch nicht wieder übertrieben, Alter?«
    Über Armstrongs vorgewölbten, pfundschweren Brustmuskeln spannte

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