Im Auftrag des Tigers
sich ein pinkfarbenes T-Shirt. Seine rechte Hand wanderte mit geradezu flaumleichter, zärtlicher Vorsicht über die häßliche Narbe, die Rick Martins rechten Oberschenkel spaltete. Das dämliche Ding hatte er sich vor drei Jahren auf den Färöer-Inseln geholt. Ein total verrückter oder besoffener dänischer Fischer war auf den Einfall gekommen, ihm die Spitze des Bootshakens in den Oberschenkel statt in das Greenpeace-Boot zu stoßen. Es wurde Ricks letzter Greenpeace-Einsatz.
»Streikt das Bein?«
»Wieso denn? Das funktioniert. Aber wo du deine Luxus-Bizeps hast, habe ich Luftballons.«
»Und das soll also anders werden?«
»Richtig«, sagte Rick Martin grimmig. »Und schnell.«
Walt Armstrong schielte zu dem Funktelefon, das griffbereit neben Rick lag. »Und ohne das Scheißding hier kannst du natürlich auch nicht mehr existieren. Genau wie all die anderen Idioten.«
»Laß mich in Frieden, Walt. Ich erwarte ein dringendes Gespräch.«
»Und woher?«
»Singapur.« Rick richtete sich auf: »Sag mal, Walt, benutzt du dein Handy auch hier im Club?«
»Meinst du, ich renne jedesmal ins Büro?«
Rick verzog enttäuscht den Mund. »Hätte ja sein können, daß all das Eisenzeug, das hier rumsteht, den Empfang stört.«
»Scheint wirklich ein ziemlich wichtiges Gespräch zu sein.«
Armstrong hatte den Satz gerade beendet, als das Licht an dem spannengroßen Plastikgehäuse aufflammte. Ein Summton folgte. Rick Martin riß den Apparat ans Ohr und rief: »Maya?!«
Dann hielt er die Muschel zu und blickte Armstrong an: »Kann ich mal in dein Büro?«
»Was für eine blöde Frage.« Armstrong schüttelte den Kopf.
»Rick? Bist du das?«
Es war unglaublich, die Stimme klang so nahe, als stehe Maya im nächsten Zimmer. Er hielt den Atem an. Immer dasselbe Gefühl, diese nervöse Unsicherheit, das Verlangen, sie in den Arm zu nehmen. »Maya?« … Er räusperte sich. »Was ist los? Warum hast du dich nicht an unsere Abmachung gehalten? Du weißt doch, daß ich verrückt werde, wenn du nicht zur vereinbarten Zeit anrufst.«
»Ging nicht.«
»Warum?«
»Ist doch egal. Gab 'ne Panne. Bekam Probleme.«
»Was für eine Panne? Welche Probleme?« Seine Knochen begannen wieder zu schmerzen. Er drehte den Kopf, um nicht Armstrongs Blick begegnen zu müssen, der unverwandt durch die Glaswand des Büros starrte.
»Mach dir keine Sorgen. Nur eines: Ich komme nicht so aus Singapur raus, wie ich mir das vorgestellt habe.«
»Polizei?«
»Ja.«
Er fuchtelte mit der Hand vor dem Gesicht, als verscheuche er eine Fliege. Aber hier gab es keine Fliegen. Und der Rücken tat noch mehr weh. »Hör zu, Maya, bleib wo du bist. Ich komme nach Singapur und hole dich raus. Ich fliege heute noch los.«
»Du bist ja verrückt.«
»Ich hab' die Adressen.«
»Nein.«
»Was nein?«
»Es gibt nicht den geringsten Grund, durchzudrehen, Rick. Glaub mir. Bleib auf dem Teppich. Außerdem wohne ich nicht mehr im Hotel. Und ich bin auch nicht bei den Leuten von der Organisation. Das ist zu riskant.«
»Wo bist du dann?«
»Bei einer Freundin. Wahrscheinlich komme ich mit dem Schiff hier raus. Sie hat auch Freunde, die ein Privatflugzeug besitzen. Jedenfalls bin ich heute abend, spätestens morgen früh in Malaysia.«
»Das ist doch viel zu gefährlich.«
»Was heißt gefährlich? Hör mal, du magst hundertmal der Campaigner sein, aber das ist meine Aktion.«
»Und wie stehe ich das durch, Maya?«
Sie lachte. »Du stehst überhaupt nichts durch. Was ist mit dir los? Bist du plötzlich hysterisch? Du hast es die letzten zwei Jahre doch auch immer durchgestanden.«
»Richtig. Aber das ist vorbei. Ich bin tatsächlich hysterisch. Deine Schuld. Bei dir bin ich's einfach geworden.«
Erneut ihr Lachen. Es ging ihm auf die Nerven. Noch schlimmer, er sah sie vor sich, so präzise, als betrachte er eine Fotografie. »Hast du mit dem Anwalt gesprochen?«
»Kam ich nicht dazu. Das erledige ich drüben in Malaysia. Ich mach' jetzt Schluß, Rick.«
»Nein.«
»Doch. Kümmere dich um deinen Job. Oder um deine Frau …«
»Du brauchst nicht auch noch zynisch zu werden. Außerdem bin ich zuhause rausgeflogen.«
»Was?«
»Was ich gesagt habe.«
»Ah, deshalb«, seufzte sie.
»Ja, deshalb.«
Er hörte sie atmen. Oder bildete es sich ein. Er drückte den Hörer ganz fest an das Ohr. Und da sagte sie: »Das ist deine Sache. Ausschließlich deine, und du weißt es. Und damit das ganz klar ist: Damit kannst du mich nicht belasten.«
Es
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