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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Andrew als Fluchthelfer verhaftet … Na, jedenfalls habe ich ein paar hübsche Anekdoten für die Freunde, findest du nicht?«
    Julia sah ihn nur an.
    Schließlich sagte sie mit erschöpfter Stimme: »Ich könnte dich erschlagen!«
    Zwei Stunden später passierte die Reduit das breite Delta des Johor-Flusses. George Andrew hatte die Karte auf den Knien. Er deutete auf das schilfbestandene Ufer. Das Land dahinter war flach. In der Ferne konnte man einen hellen Punkt erkennen.
    »Das da drüben ist Pasi Gudang, ein Kampong oder eine kleine Stadt, ich weiß das nicht. Aber nach der Karte liegt es nur drei Kilometer landeinwärts.« Er warf einen Blick auf die Reisetasche: »Viel Gepäck ist das ja nicht. Und so schwer wiegen auch die Kassetten nicht.«
    Sie nickte.
    Sie wollte nur noch eines: es hinter sich bringen.
    Julia hielt sich an einem der Davids fest, als der Bootsmann den großen Zodiac zu Wasser ließ. Die Hydraulik summte.
    »Wenn ich etwas hasse«, sagte Julia, »sind es Abschiede. Für eines allerdings hat George, dieser alte Trottel, gesorgt: Einen solchen Abschied vergißt man nicht so leicht.«
    Sie küßten sich. Maya wollte George Andrew die Hand geben, doch auch er küßte sie begeistert ab. »Have a nice time«, sagte er tatsächlich.
    Dann half ihr der Bootsmann auf den Sitz. Der schwere Außenborder sprang an. Sie hob noch einmal die Hand, aber sie warf keinen Blick zurück. Sie blickte auf das Ufer dort drüben, das schnell näher und näher rückte.
    Sie sprang aus dem Schlauchboot und nahm ihre Tasche. Der Sand unter deinen Füßen – Malaysia. Seit sechs Jahren zum ersten Mal … Was machen die Heimkehrer in aller Welt? Sie bücken sich und küssen den Boden.
    Sie tat es nicht. Sie fühlte ein leichtes inneres Frösteln, einen kühlen Anhauch von Angst bei dem Gedanken, was nun alles vor ihr lag …
    Pasi Gudang war weder Dorf noch Kleinstadt. Anscheinend lebte der Ort von der Fischkonserven-Fabrik, deren Gestank bei Westwind über allem lagerte, den Häusern, dem wilden Verkehr in den engen Straßen, dem Durcheinander auf dem Markt.
    Sie drückte dem Fahrer des alten Nissan-Lieferwagens, der sie auf der Uferstraße aufgelesen hatte, zehn Singapur-Dollars in die Hand. Er strahlte über sein ganzes freundliches, gerunzeltes Malaien-Gesicht und zeigte seine Stummelzähne: »Möge Gott Sie auf allen Wegen geleiten, Herrin. Möge er Ihre Kinder in seinen Segen hüllen, große Frau …« Dann kicherte er, und sie wußte, daß sie wieder zu Hause war.
    An einem der Imbiß-Stände am Markt bestellte sie einen Teller Satai und ein Glas Bier. Selten fühlte sie sich so zufrieden wie nun, als sie die knusprigen, kleinen Fleischkuchen in die reichgewürzte Erdnuß-Soße tauchte. Sie fand ein Taxi und handelte den Preis hinüber nach Johor Baru aus. Er war geradezu lächerlich billig.
    »Und wohin?«
    »Zum Flughafen.«
    Draußen zogen Reisfelder vorüber. Ochsenkarren. Klapprige Wagen. Mädchen in Jeans oder wildfarbenen Sarongs, die auf dem Kopf ihre Lasten trugen, hübsche, braungebrannte Mädchen, bei Gott. Und draußen schwangen Palmen in der Seebrise. Malaysia. Tatsächlich …
    Sie wußte, daß Kualang, die Hauptstadt Joraks, einen neuen Flughafen besaß. Irgend jemand hatte es geschrieben oder erzählt. Aber ob dieser Flughafen täglich angeflogen wurde, dazu noch heute abend, erschien ihr äußerst fraglich.
    Sie ließ den Wagen am Bahnhof halten, zahlte, stieg aus und suchte sich ein Hotel.
    Sie schrieb sich mit ihrem Namen ein und legte ihren Paß vor. Der Clerc, ein rundlicher Chinese, strahlte sie an.
    Kein Grund zur Sorge … Wie auch. Dies war Johor Baru. Hier würde sie niemand suchen. Noch nicht …
    Sie wußte, er war noch da.
    Er wartete.
    Hockte dort unten, wo der Strudel zersplitterte Baumstämme und Gebüsch an die Steine geworfen hatte, regte sich nicht. Wartete. Er würde angreifen. Er war ihr drei Tage gefolgt, um das zu tun. Noch war es zu früh für ihn …
    Jedesmal, wenn der Wind auffrischte, trieben Sprühschleier vom Wasserfall über die Felsen und den Fluß. Wie Fahnen wirkten sie, deren Ränder von Perlen bestickt waren, die in allen Farben des Regenbogens aufleuchteten. Jetzt wieder … In solchen Sekunden sah sie ihn nicht.
    Sie knurrte leise und drückte mit der rechten Tatze den Kleinen zurück, der unter dem Naia -Strauch herausgekrochen kam und den Hang hinab wollte.
    Ruhig … nur ruhig …
    Sie fühlte sich stark genug. Die Wunde am Kiefer war abgeheilt. Auch das

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