Im Auftrag des Tigers
zugetraut?« kicherte Achmed.
»Nein, wirklich nicht. Du verzeihst, aber daß du häßlich bist, weißt du ja selbst.«
»Nun übertreibt er wieder …« Achmed gab dem Jungen einen freundschaftlichen Knuff. »Er kennt die Ipaks. Er geht oft zu ihnen.«
Sie dachte sofort daran, nach dem Holzeinschlag unten an der Insel zu fragen, doch Dan Carpenter wußte sicher besser Bescheid.
»Kann man hier irgendwo telefonieren?«
»Kann man. In Moong kann man alles«, lachte der Junge. »Wir haben ein Postamt, gleich dort drüben.«
Reiswein? J.P. Bernier schüttelte angeekelt den Kopf. Elende Provinz-Wichser … Kein Bier auszuschenken … In Johor kannst du jede Sorte Alkohol kriegen, auf die du scharf bist. Das hier scheint wirklich Urwald zu sein.
In dem Caféhaus war es unerträglich heiß.
Auf der Theke drehte sich ein müder Ventilator, von dem ein zerschlissenes Kabel hinabhing. Zwei alte Typen spielten irgendein Brettspiel. Knochenmager, mit den dreckigen Fetzen, die sie sich um die Beine gewickelt hatten, wirkten sie schon halb tot.
J.P. nippte an seinem Tee.
Dann hob er den Blick wieder und beobachtete den Landrover: keine dreißig Meter weit weg. Gute Schußentfernung. Aber so etwas denkst du jetzt besser nicht …
Und da, da kommt sie über den Platz und sieht nun tatsächlich verdammt aufregend aus! Hundertmal besser als auf den Fotos … Wie sie jetzt mit ihrem wippenden Pferdeschwanz, die Hüften schwingend, diese Super-Brust herausgestreckt über den Bazar-Platz aufs Postamt zumarschiert …
Mädchen, glaub mir, ein Spaß ist das für mich nicht. Dich würde ich viel lieber mit etwas anderem anschießen – nur, das klappt auch nicht!
Na also … So gesehen ist ohnehin alles egal.
Aber ein Jammer bleibt's doch …
Zuerst vernahm Maya Nandi einen unangenehmen, elektronischen Pfeifton, dann ein Knacken, daraufhin kam das Freizeichen und schließlich seine Stimme.
»Hallo?«
»Dan?«
»Right, this is Dan Carpenter speaking«, kam es steif zurück.
»Und ich bin Maya Nandi«, lachte sie. »Was sagst du dazu?«
Er sagte zunächst gar nichts, er räusperte sich. Und in das Schweigen, das entstand, sanken wie bunte Schleier die Erinnerungen: Die Nacht auf der Terrasse des Bungalows, als Dan ihr eine Liebeserklärung machte … Neunzehn war sie gewesen, er achtundzwanzig etwa. Dan hatte sogar noch ganz ernsthaft behauptet, daß dies der ideale Altersabstand sei, statistisch nachweisbar der Abstand mit der geringsten Scheidungsrate. Sie hatte sich halb tot gelacht.
Seine Stimme erklang wieder, diesmal nicht nur nervös, sondern ziemlich aufgeregt: »Maya?! That is crazy! Ich kann's nicht glauben.«
»Wird dir wohl nicht viel anderes übrigbleiben.«
»Die ganze Zeit denke ich an dich. Und frage mich, wo ich dich erwischen kann.«
»Na ja, deshalb bin ich ja hier.«
»Wo?«
»In Moong.«
»Nein!«
»Doch. Und ich muß dich sehen.«
»Was glaubst du, wie ich dich sehen will! Es ist notwendig, es ist äußerst dringend sogar.«
Ihre Freude war wie weggewischt. »Was ist los?«
»Der Teufel ist los«, hörte sie. »Komm sofort her.«
»Mein Onkel hat hier noch zu tun. Und seine Karre will auch nicht so recht.«
»Macht nichts. In eineinhalb Stunden bin ich da. Und du, rühr dich bloß nicht von der Stelle, hörst du?«
IV
In Mayas Gedächtnis war der Stanford-Absolvent Dan Carpenter immer lebendig geblieben: Ein hochaufgeschossener Junge, dessen leicht abstehende Ohren die fatale Neigung zeigten, sich bei jeder Gelegenheit dunkelrot zu färben. Crewcut . Piloten-Brille. Mageres Gesicht. Aber die Ausrüstung, die er damals in das Chalet von Kualang geschleppt hatte! Kameras, Stative, Tonbandgeräte, eine Bücherkiste … Am beindruckendsten war die Reise-Apotheke. Nicht einmal Wickelgamaschen hatte er vergessen. Sie sollten sowohl gegen Schlangenbisse wie gegen die Blutegel des Regenwaldes schützen.
Schließlich wuchs sich Dans Kurzhaarschnitt zu einer Mähne aus, und die fünfzehnjährige Maya hatte in dem Stanford-Mann so eine Art US-Bruder gewonnen, mit dem man herrlich herumalbern konnte.
In Taong hatte sich Dan als brauchbarer Mitarbeiter erwiesen, so brauchbar sogar, daß Rabindra Nandi ihm die Leitung der Wild-Life-Station überließ, als er den UN-Auftrag annahm.
Und inzwischen? … Sie war nicht nur nervös, als sie sich in Moong die Zeit bis zu seiner Ankunft vertrieb, sie war richtiggehend neugierig. Dan habe eine junge Senoi geheiratet, hatte Onkel Achmed behauptet. Sie
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