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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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konnte es kaum glauben …
    Es war inzwischen vier Uhr. Über die Dschungel-Stadt legte sich die Nachmittagsmattigkeit. Die Wolken färbten sich dunkel, saugten sich mit der Feuchtigkeit für den nächtlichen Regenguß voll.
    »Da kommt er«, sagte Achmed.
    Ja, da kam er wohl …
    Auf der rostfleckigen, verbeulten grünen Karosserie des Toyota-Jeeps, der auf dem Platz stoppte, war es in großen Buchstaben zu lesen: TAONG – TIGER-STATION …
    Sie machte ein paar Schritte und blieb wieder stehen. Es war zu unglaublich. Wie sollte sie den alten Dan in dem dürren, braungebrannten Mann entdecken, der sich da hinter dem Steuer hervorschob und zu ihr herüberwinkte? Und dann die Aufmachung: ausgelatschte Puma-Treter, aus denen die Zehen hervorlugten, zerrissene, schmutzige Shorts, ein löchriges, olivbraunes Armee-T-Shirt, um die Haare ein rotes Tuch.
    Nun winkte er nicht nur, nein, er rannte genau auf sie zu, hielt sie mit seinen knochigen Händen an beiden Schultern, schob die Sonnenbrille hoch und da waren tatsächlich die alten Dan-Carpenter-Augen: grau, mit kleinen, braunen Sprenkeln darin, jetzt von unzähligen Fältchen umgeben. Sie sah die Narben auf der rotverbrannten Haut. Und sah den Mund, der sich zu einem Lachen öffnen wollte, um sich gleich wieder zu schließen.
    Drei Zähne! dachte sie erschrocken. Um Himmels willen, ganze drei Zähne hat er noch … Die Worte blieben ihr weg.
    »Fantastisch«, stieß Carpenter zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor, »fantastisch siehst du aus! Maya, also wirklich, ich hätte dich nie erkannt!«
    »Ich dich schon gar nicht! Wo sind denn deine Zähne geblieben?«
    »Oh …« Nun öffnete er den Mund, um einen kollernden Ton herauszulassen. »Das ist noch so eine Geschichte … Stört's dich?«
    »Mich? Nicht im geringsten. Wenn's dich nicht stört …«
    »Dann gib mir doch endlich einen Kuß, Herrgott noch mal!«
    Das tat sie auch. Es irritierte sie auch nicht, daß Achmed Kani weit die Augen aufriß und mißbilligend den Kopf schüttelte.
    Onkel Achmed schüttelte abermals den Kopf, als sie sich eine halbe Stunde später von ihm verabschiedete, um zu Dan Carpenter in den Jeep zu steigen.
    Der Motor leierte – und sprang an.
    »Auf geht's, Kleine!« Dan Carpenter grinste sein von Schneidezähnen befreites Grinsen.
    »Hat deine Frau auch etwas zu essen für uns?«
    Die Augen blickten überrascht. »Woher weißt du …?«
    »Woher, woher! In meinem Job sind Informationen überlebenswichtig.«
    »Job? Das ist noch immer diese Umweltkiste?«
    Sie nickte.
    »Und deshalb bist du hier? Na, Gott sei Dank …«
    »Du hast mir etwas Wichtiges zu erzählen?«
    »Nachher«, sagte er. »Da vorne auf der Piste brauchen wir jetzt eine Menge Nerven …«
    Sie hatten Moong hinter sich. Die Straße strebte in einer sanften Rechtskurve zu einem Gebiet von Reis-Padis, die sich lichtgrün glitzernd, von Dämmen befestigt, am Hügel entlangzogen. Am Beginn der Kurve zweigte ein Weg ab, der Weg in den Wald und zur Station. Dahinter kam eine Brücke, erinnerte sich Maya. Sie überspannte den kleinen Fluß, der das Bewässerungssystem der Reisfelder dort mit Wasser versorgte.
    Dan Carpenter hatte in den ersten Gang geschaltet. »Da siehst du's!« brüllte er gegen das zornige Brummen des Toyota-Diesels an.
    Sie sah es: Von der Brücke existierten nur noch die Zementträger, auf denen einst die Bohlen befestigt gewesen waren. Das Holz war weggefault.
    »Bloß langsam, Dan.«
    »Ja, was glaubst du denn?« Der Wagen stoppte. »Komm, steig aus, Kleine.«
    »Schenk dir die Kleine. Ich werde den Teufel tun, auszusteigen.«
    »Das wirst du oder ich setz dich raus.«
    »Jetzt hör mal, Dan …«
    »Jetzt hörst du! So, wie die Dinge stehen, brauchen wir dich lebendig. Wenn's dich nicht mehr gibt, ist nämlich Tenenga im Eimer, verstanden?! Und das sind leider nun mal neuntausend Quadratkilometer Regenwald plus Station. Von Tigern und den anderen Tieren gar nicht zu reden.«
    »Dan!«
    »Nichts.« Er stieß die Tür auf und schubste sie ins Freie, und sie beobachtete mit angehaltenem Atem, während ihr der Schweiß noch heftiger ausbrach, wie die breiten Geländereifen sich Zentimeter um Zentimeter ihren Weg auf dem schmalen, grauen Betonstreifen suchten.
    Sie ging um den Wagen herum. Ein bißchen Nebel flog heran, nichts als ein grauer Schleier.
    Der Jeep rollte. Sie hatte die Rückseite erreicht, legte im Dieselgestank die Hand auf die Ladekante, als könne sie so den Wagen nicht nur

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