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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geländegängiges, allradbetriebenes Fahrzeug wie der Toyota braucht dazu mehr als eine Stunde. Von einem Weg konnte man nicht reden, noch nicht einmal mehr von einer Piste. Die Fahrspur war so aufgeweicht, daß der Jeep manchmal bis zu den Achsen versank. Irgendwie hatte es Dan mit wilden Kurvenfahrten noch immer geschafft, den Wagen in Bewegung zu halten. Genauso hinderlich wie der grundlose Lehm- und Blättermatsch waren die herabgebrochenen Äste, die Schößlinge, Blätter und Zweige, mit denen der Dschungel die fragile Verbindung der Station mit der Außenwelt zu erdrosseln drohte.
    »Das hat hier früher anders ausgesehen!« Sie rief es, um den Lärm des Motors zu übertönen.
    »Himmelarsch«, schimpfte Dan, »was soll ich denn machen, Maya? Dein Vater hatte noch ein Dutzend Leute auf der Lohnliste. Ich am Anfang auch. Jetzt ist es noch einer. Du wirst ihn ja kennenlernen. Poh-Pan. Wenn du dir den ansiehst, verstehst du alles … Ich zieh' den Karren. Wie soll ich da auch noch die Piste freihalten? Ich bin hier sowieso Maulesel und Wasserbüffel in einem … Soll ich dir sagen, wer Poh-Pan bezahlt?«
    »Die Rechnungskammer des Sultans? Wie früher?«
    »Von wegen. US-Kohle. Das Geld für Taong kommt von der biologischen Fakultät der Stanford-Universität.«
    Sie starrte ihn an. »Im Ernst?«
    »Im Ernst, im Ernst … Frag mich nicht, was los ist. Komm, hilf mal.«
    Er stoppte und kletterte aus dem Wagen.
    Er gab ihr einen schmutzigen Lappen und sagte, sie solle die Scheinwerfer des Jeeps vom Dreck säubern und dann einschalten. In ihrem Licht erkannte sie die Lage: Hier gab es kein Ausweichen. Mächtige, gut sechzig Meter hohe Urwaldriesen wuchsen rechts und links des Schlammlochs hoch.
    Dan öffnete die Ladeklappe und zerrte einen Armvoll verbeulten Metalls heraus, Leichtmetallschienen, in die Löcher gestanzt waren.
    »Die habe ich vom Militär-Flughafen in Kualang«, erklärte er stolz.
    Mit dem Palang, seinem Buschmesser, schlug er Äste ab und schichtete sie auf die anderen Äste dort im Dreck. Sie legten die Schienen darauf. Dan kletterte hinter das Steuer und schrie: »So, jetzt bete mal schön!«
    Er gab Gas.
    Er schaffte es erst beim dritten Anlauf. Und während ihr das Geschrei der aufgeregten Affen hoch oben in den Bäumen in den Ohren gellte, dachte sie: Durch das verfluchte Loch kommen wir nie! …
    Aber dann faßten die Räder und Dan streckte triumphierend den linken Daumen gegen den Blätterhimmel.
    »Mein Gott«, keuchte sie anerkennend, »aus dir ist wirklich ein As geworden, Dan.«
    »Was blieb mir schon anderes übrig …«
    Der Preis, den ihm dieser Halsabschneider in der Verleih-Station in Kualang abgeknöpft hatte, war zwar eine Frechheit gewesen, aber die Yamaha war wenigstens in Ordnung. Auf die Reifen kam's an. Und die waren fast neu und bissen ihre Stollen in den Dreck.
    Also, laß dir Zeit. Laß ihnen Abstand. Die Kleine holst du dir, wann immer du willst …
    Berniers linke Wade schmerzte. Nach den Fehlschüssen an der Brücke, als die beiden glaubten, sie könnten so einfach im Wald verschwinden, war er ausgerastet. Auf die Maschine drauf – und schon hatte es ihn erwischt: Eine kleine, blöde, mit Laub gefüllte Schlammlache hatte genügt, das Hinterrad war weggerutscht, er flog auf die Schnauze und zu allem erwischte ihn noch der Auspuff …
    Na gut, schlimm war's nicht, und er hatte die Stelle gleich desinfiziert. Aber so ist's nun mal mit den Nerven. Dabei gab's nicht den geringsten Grund, sie zu verlieren.
    Nur gemütlich. Immer weiter. Immer schön in den Dschungel rein …
    Die Sicht war verdammt schwach. Und wie immer am Abend wurde es in den Bäumen lebendig. Zum Grünzeug das Kroppzeug … Und beides reichlich … Aber noch sah er genug. Und außerdem: Abhängen können sie dich sowieso nicht. Die Piste endet in Taong.
    Und dann …
    Ja, dann …
    Besser du erledigst es vorher.
    Zum ersten Mal, seit er die Urwaldgrenze überquert hatte, schien die Piste übersichtlich. Ein klarer Schnitt, wie mit dem Messer gezogen. Wieder wich er einem schweren Ast aus, der auf den Boden gefallen war. Geht doch prima, lobte er sich. Mit dieser Nummer könntest du in jeder Cross-Show aufkreuzen …
    Und weiter. Rücklichter sind keine zu sehen. Dreh also ruhig ein bißchen auf. Und dann wirst du …
    Es gab kein ›dann‹.
    J.P. Bernier spürte nicht einmal den Stoß, mit dem die aufprallenden Räder seinen Körper aus dem Sattel schleuderten. Und auch den kurzen Ruck bekam er nicht

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