Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)
Befehl gab, den König aufs Dach zu bringen, wo auf Lehmziegeln und Steinen ein paradiesähnlicher Garten angepflanzt worden war. Priester und Magier beteten und sangen und schwenkten weiterhin Glücksamulette und Zauberstäbe, während Leah an der Seite des Königs ausharrte, um in seinem Gesicht nach Zeichen von Atemnot oder Erleichterung zu forschen. Leise und beschwichtigend sprach sie auf ihn ein, versuchte ihn zu beruhigen. Nach einiger Zeit unter dem Einfluss der warmen Sonne und der frischen Brise begann das Husten und Keuchen nachzulassen.
Und dann war der Hustenanfall ganz vorbei, war der König in der Lage, tief Atem zu holen. Je öfter er einatmete, desto mehr beruhigte sich seine Brust, das Keuchen hörte völlig auf – die bösen Geister waren geflohen.
Der König sah endlich befreit um sich und lächelte. Sein Blick fiel auf Leah. Der Anfall war überstanden.
»Mein Sohn! Mein Sohn!«, rief Avigail aus, als sie den Sklavenmarkt erreicht hatten. »Bitte tu es nicht!«
»Rufe die Götter an und sei unbesorgt, Mutter. Stark und gesund wie ich bin, werde ich einen guten Preis erzielen, dazu kommt, dass ich ein guter Geschäftsmann bin und viel vom Weinanbau verstehe. Ich werde also als Sklave keine Peitsche zu spüren bekommen, sondern …« Er suchte nach Worten, die sie trösten würden. »… so etwas sein, wie David bei uns war.«
»Er war kein Sklave!«
»Er war vertraglich zu Dienstleistungen verpflichtet. Das ist fast das Gleiche. Vertrau mir, Mutter, Winzer in ganz Kanaan bis hinunter nach Jerusalem und selbst nach Osten zu, bis Lagasch, überall kennt man mich und meinen guten Leumund. Weinbauern und Winzer werden sich gegenseitig überbieten, um mich für sich zu gewinnen. Das Geld geht sofort an Jotham, aber dir bleibt noch genug übrig, um das Anwesen zu behalten. Verkauf den Weinberg, wenn du kannst, aber auf keinen Fall das Haus.«
Hannah hätte auf Avigails Anordnung hin eigentlich bei Saloma bleiben sollen; da sie aber unbedingt ihren Mann begleiten wollte, wachten jetzt Esther und Leah bei der Hochschwangeren.
Für den Sklavenmarkt empfand sie seit jeher Abscheu, und jetzt, da sie das umzäunte Gelände betraten, auf dem eine erregte, lärmende Menge auf den Beginn der Versteigerung wartete, fragte sie sich, ob sie nicht schon immer diesen entsetzlichen Tag vorausgeahnt habe. Unter Tränen sah sie mit an, wie ihr Mann in der Absperrung verschwand, hinter einer Art Bühne, auf der die Sklaven nacheinander vorgeführt werden würden.
Unter den Zuschauern hatte sich auch Jotham eingefunden. Keine Frage, er war hier, um den Erlös vom Verkauf des Elias einzustreichen.
Der Sklavenhändler trat vor, ein stämmiger Kerl mit behaarter Brust, bekleidet mit einem knielangen ledernen Rock, in der Hand eine Peitsche, das Symbol seines Berufs. Er rief die Götter an, über den Verlauf der heutigen Versteigerung zu wachen, die er gleich darauf mit dröhnender Stimme für eröffnet erklärte. Als die Sklaven nacheinander herausgebracht wurden, setzte lebhaftes Bieten ein – Männer mit breiten Rücken wurden für harte Arbeit auf den Feldern, auf dem Bau und im Hafen ersteigert; Frauen für die Arbeit in der Küche und für andere niedere Aufgaben; Kinder für leichte Tätigkeiten oder für den Einsatz an Orten, die für Erwachsene zu beengt waren. Je später es wurde, desto lärmender ging es zu, wusste man doch, dass die interessanteren und teureren Sklaven erst gegen Ende versteigert wurden.
»Und hier, verehrte Kunden, hab ich etwas Besonderes«, tönte der Sklavenhändler, als Elias vorgeführt wurde.
»Asherah, steh uns bei!«, rief Avigail und schlug die Hände vors Gesicht.
Nur in seinem Lendenschurz, die Handgelenke gefesselt, stand ihr Sohn auf der Bühne. Aber wie aufrecht und stolz wirkte er! Gegen sonstige Gewohnheiten verstummte die Menge nach und nach. Ein wohlhabender und einflussreicher Mann bot sich zum Kauf an! Und dann begann das Tuscheln, man warf sich verständnislose Blicke zu. Einige wandten sich ab und verließen den Platz. Jotham dagegen, der sich etwas abseits an der seitlichen Umzäunung aufhielt, blickte unverwandt seinen einstigen Freund an, der nun Sklave werden würde.
Der Sklavenhändler hob an, die Vorzüge des Mannes aufzuzählen. Das Bieten begann.
Nobu eilte in Davids Unterkunft im Haus des Goldes. »Es wird Zeit, Meister«, drängte er. »Gleich beginnt die Versteigerung. Wir dürfen nicht zu spät kommen.«
Mit einer ehrerbietigen Geste
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