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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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empfangen worden war, aber beide Male hatte Leah neben dem Monarchen gestanden, war somit unerreichbar gewesen.
    David hatte ihr Briefe geschrieben und diese Männern anvertraut, die dorthin ritten, wo der König sich gerade aufhielt, um ihm die inzwischen eingegangene Korrespondenz und Notizen über die Regierungsgeschäfte zu überbringen. Leah, so hatte er angenommen, würde die Dienste des königlichen Schriftgelehrten in Anspruch nehmen, um sich vorlesen zu lassen, was er ihr geschrieben hatte, und dann ihrerseits dem Schriftgelehrten einen Brief diktieren. Aber kein einziges Mal in diesen mehr als vier Jahren war eine Antwort von ihr gekommen, und es schmerzte ihn, dass sie noch immer wütend auf ihn war.
    Wie er versprochen hatte, half er Leahs Familie nach Kräften, steckte ihnen Geld zu, schaute nach ihnen, gab damit dem ägyptischen Winzer zu verstehen, dass Avigail und ihre Familie im Haus des Goldes einen Freund hatten. Der Ägypter schien jedoch ein umgänglicher Mann zu sein, dem in erster Linie seine Weinberge am Herzen lagen, der aber seine Bediensteten durchaus freundlich behandelte. Größere Summen konnte David allerdings nicht erübrigen, da Yehuda ihm nur kleinere Aufträge zuschanzte und ihm nicht einmal gestattete, Unterricht zu erteilen. Er hatte seinen Bruder in Lagasch gebeten, ihm Geld zu schicken. Doch dieser antwortete, die Beamten und Militärberater ihres Vaters forderten, Lagasch müsse seine Abwehr stärken, für den Fall, dass Hatschepsut starb und ihr Neffe die Invasion Kanaans in die Tat umsetzen würde. Das Geld in der königlichen Kasse werde für Waffen benötigt, für Streitwagen, Pferde und für die Aufstockung der Armee.
    Wenn König Shalaaman nur ebenso denken würde! Dann bliebe er in Ugarit und könnte Armee und Abwehr verstärken, anstatt weite Reisen zu unternehmen, um Bündnisse zu schmieden. Und dann könnten David und seine gleichgesinnten Brüder ihm auch ihr Ersuchen vortragen – die Bitte, die Bruderschaft zu reformieren.
    Und wenn Shalaaman hier wäre, wäre auch Leah hier.
    Während David seine Schreibutensilien überprüfte, ob alles ausreichend vorhanden war – feuchter Ton und Papyrus, Federn und Tinte, Pinsel und Ritzstifte –, beschloss er, dass er, sollten er und Efram und Eli und Yosep beim König nichts erreichen, einen anderen Weg einschlagen würde, einen, von dem selbst seine Mitverschwörer nichts wussten.
    Er wollte den König in der von ihm entwickelten Schrift unterweisen.
    König Shalaaman war bekannt dafür, aufgeschlossen und an neuen und ungewöhnlichen Ideen interessiert zu sein. Wenn David Seiner Majestät seinen Code von lediglich dreißig Zeichen vorstellte, würde Shalaaman bestimmt den Wunsch verspüren, unbedingt Lesen und Schreiben zu lernen.
    David hatte versucht, die neue Schreibweise seinen Mitbrüdern zu vermitteln, aber die waren in zu viel verschiedene Grüppchen zersplittert und alles andere als die geschlossene Bruderschaft, als die man sie von außen sah. Nur wenige begriffen, wie bahnbrechend seine dreißig Zeichen sein konnten, andere fürchteten Yehuda, der ausdrücklich jedes Experimentieren mit anderen Schreibarten untersagt hatte. Bevor David also seine Brüder überreden konnte, den Code zu akzeptieren, musste er ihre Verbundenheit untereinander stärken, in ihnen wieder das Gefühl erwecken, eine wahre Gemeinschaft von Brüdern zu sein. Nur wie?
    Stark und fest brannte in ihm die Hoffnung, dass seine neue Schrift ein Instrument für eine Reform sein konnte. Er dachte an die Schlange, die sich gehäutet hatte, und an die Erkenntnis, die sich für ihn daraus ergeben hatte: dass man sich in Abständen von Althergebrachtem lösen musste, damit Lebendiges fortdauerte. Die Gesamtheit der Bruderschaft ist wie der Körper der Schlange, sagte er sich. Wenn wir alte Sitten nicht abstreifen wie die Schlange ihre Haut, dann werden diese Sitten uns ersticken, und wir werden sterben. Und genauso müssen wir uns von der archaischen Schreibweise trennen, um zu überleben. Haben nicht auch unsere Feinde, die Ägypter, ihre eigenen Hieroglyphen durch die hieratische Schrift modernisiert? Die Schriftgelehrten Kanaans vermögen das ebenfalls!
    Für David stand fest, dass die Götter ihn an dem Tag, da Avigail ihn gerufen hatte, um Rakels Erinnerungen aufzuschreiben – am Vorabend vor der Ernennung des nächsten Rabs –, einer Prüfung unterzogen hatten, denn jetzt hatte er der Bruderschaft und auch Schriftgelehrten und allen

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