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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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seinem Herzen, kam ihm ihr Name häufig über die Lippen, wünschte er sich, wieder bei ihr zu sein und sie nie wieder zu verlassen. Und da sich seine Gedanken ständig um sie drehten – wie sie sich in seine Arme geschmiegt, wie bereitwillig sie sich ihm hingegeben hatte, die süßen Küsse und das heftige Stöhnen, die ihn in Ekstase versetzt hatten –, überlegte er auch, wie denn ihre Zukunft aussehen könnte. Wenn es seit jeher sein Traum gewesen war, der Bruderschaft von Ugarit anzugehören, und wenn dieser Traum in dem Wunsch gegipfelt hatte, zum Rab ernannt zu werden, hatte er dabei an sich oder an das Wohl seiner schriftgelehrten Brüder gedacht. Nun aber, da er an der Spitze eines mehr als tausendköpfigen Trupps ritt, wurde ihm bewusst, dass neuerdings all seine Ziele auf Leah ausgerichtet waren. Für
sie
wollte er jetzt Rab werden,
sie
sollte stolz darauf sein, dass ihr Ehemann in Ugarit ein angesehener Mann war,
sie
sollte eine herausragende Stellung unter den Frauen Kanaans einnehmen.
    Er konnte es kaum erwarten, nach Megiddo zurückzukehren, Leah nach Hause zu bringen und mit ihr ein gemeinsames Leben zu beginnen. Er wollte nicht Teil dieses wahnwitzigen Feldzugs sein, nicht mit der Versorgungskolonne reiten, Seite an Seite mit Ochsenkarren, die beladen waren mit Korn und Bier und Öl und Zwiebeln. Dem Pharao zufolge war auf den Klippen über dem Meer eine Garnison errichtet worden, ein abgeschiedener Vorposten, für den Nachschub an Verpflegung lebensnotwendig war. Begleitet wurde dieser Tross von fünf Divisionen Infanterie und zwei Divisionen Streitwagen. Mehr als tausend schwerbewaffnete Soldaten, die einem Kampf entgegenfieberten.
    David und Nobu fuhren nebeneinander in getrennten Streitwagen, die jeweils von vier Pferden gezogen wurden und zwei Männern Platz boten: dem Wagenlenker und einem Bogenschützen. Nobu, der den Kasten mit Davids Schreibutensilien sowie seinen eigenen mit dem Frisierzubehör um die Schulter hängen hatte, hielt sich krampfhaft fest und verfluchte jeden Stein, jedes Schlagloch, jede Unebenheit, die sein Gefährt erschütterte.
    Die ägyptische Armee setzte sich hauptsächlich aus Fußsoldaten zusammen, die im Niltal zwangsrekrutiert worden waren. Ausgerüstet waren sie in erster Linie mit Speeren und kurzen Schwertern, Offiziere zur Unterscheidung mit einem Schlagstock. Um sich zu schützen, trugen viele eng anliegende Helme und wattierte Tuniken, alle jedoch einen mit Ochsenhaut bespannten hölzernen Rahmen, der unten plan und oben abgerundet war und ihnen als Schild diente. Obwohl die Infanterie von Thutmosis hauptsächlich aus Ägyptern bestand, waren seine Bogenschützen Nubier, deren Bogen aus Knochen und Holz raffiniert in mehreren Schichten miteinander verleimt waren. Sie marschierten in Reihen, jede von ihnen ausgewiesen durch farbige Tuchstreifen – blaue, rote, orange, gelbe, weiße und schwarze –, die auf gegabelten Stäben den Reihen vorangetragen wurden.
    Inzwischen hatte David eine genauere Vorstellung von Ägyptens Streitmacht gewonnen, konnte er doch jeden Abend den Drill der Fußsoldaten, der Wagenlenker und Berittenen beobachten. Auf Befehl der Feldherren begannen sie dann, mit Schwertern, Krummsäbeln, Äxten und Prügeln aufeinander loszugehen. Er sah Ägypter, die sich an Männern in knielangen grünen Röcken und Lederkrägen – die Uniform der kanaanäischen Armee – erprobten, wobei es sich um Gefangene oder Deserteure aus einer kürzlich stattgefundenen Schlacht handelte, die mitgenommen worden waren, um zum Kämpfen gezwungen zu werden, oder als Objekte zur Ertüchtigung der eigenen Soldaten dienten. Lediglich mit einem um die Taille geschnürten Penisschutz bekleidet, wurden sie dann von Dolchen und Pfeilen durchbohrt oder von Schlingen erdrosselt.
    Abend für Abend musste sich David die Prahlereien von Thutmosis und seiner Generäle anhören. Jetzt, da der Pharao wusste, dass David eher bereit war, sein Leben zu verlieren, als etwas Vertrauliches auszuplaudern, wurde vor dem neuen Schriftgelehrten nichts verheimlicht. Er wurde nicht nur in die militärischen Strategien der Ägypter eingeweiht, sondern lernte auch ihre ihm bislang fremden Gebräuche kennen. Und er erfuhr darüber hinaus, dass, wie in den Städten entlang des Euphrats, Ägypten seine internationale Korrespondenz und Vereinbarungen auf Ton aufzeichnete, wobei sich die Ägypter des vor langer Zeit in Babylon entwickelten universellen Systems der Keilschrift bedienten.

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