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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Aufheulen als das von Nobu erkannte und durch wirbelnde Staubwolken in einiger Entfernung seinen Gefährten ausmachte, der sich in seinem Wagen so zusammengeduckt hatte, dass nur noch sein Kopf zu sehen war.
    Die Soldaten des Pharaos schienen wie von den Kriegsgöttern beseelt. Wenn der Träger einer goldenen Standarte fiel, ergriff sie sofort ein anderer und schwenkte den goldenen Gott oder das goldene Symbol in der Luft, um die Truppen anzustacheln, das Feuer in ihrem Blut weiterhin lodern zu lassen. Und in der Tat wüteten sie derart grimmig unter den Habiru, dass David nur staunen konnte. Was hatte diese Leidenschaft für den Kampf ausgelöst? Doch sicherlich nicht nur die packende Ansprache des Pharaos?
    Nein, überlegte er, während er bei jedem jähen Richtungswechsel seines Streitwagens hin und her geworfen wurde. Es muss etwas anderes sein …
    Als er schon meinte, im Hagel der Wurfgeschosse dem sicheren Tod entgegenzurasen, bogen die Wagenlenker plötzlich ab und jagten einen Hang hinauf, von dem aus Thutmosis und seine Generäle den Kampf verfolgten.
    Fasziniert und gleichzeitig angewidert blickte David auf das Wüten, das da unten seinen Lauf nahm, wie Männer mit Keulen und Äxten aufeinander losgingen, um sich schlugen, sich den Weg freikämpften. Wie die Schreie von Verwundeten und Sterbenden die Luft erfüllte, wie Pferde und Kamele mit abgehackten Beinen in sich zusammensackten. Der Gestank von Blut breitete sich aus. Der Lärm war ohrenbetäubend, doch vor wirbelndem Staub konnte man kaum noch etwas erkennen. Thutmosis und seine leitenden Offiziere beobachteten schweigend das Geschehen zu ihren Füßen.
    Obwohl sich die Habiru verbissen wehrten, wurden sie letztendlich von den leidenschaftlichen Kämpfern des Pharaos überwältigt. Das Schlachtengetümmel ebbte ab, als immer mehr Männer auf dem Boden lagen, und als sich der Staub legte, konnte man erkennen, dass hauptsächlich Habiru gefallen waren. Während am Rande des Schlachtfelds noch vereinzelte heftige Handgemenge ausgefochten wurden, fielen schon ägyptische Soldaten über die Leichen des Feindes her, plünderten sie aus, johlten, wenn sie einen Armreif aus Bronze entdeckten oder eine Kupferbrosche, die einen Umhang zusammengehalten hatte. Vor allem sammelten sie Waffen ein und tanzten ausgelassen zwischen den erschlagenen Habiru herum, bis der Pharao sich erhob und Schweigen gebot. Erneut lobte er seine Truppen, pries ihren Mut und dankte für die Segnungen der Götter. Die Soldaten antworteten mit triumphierendem Gebrüll.
    Entsetzt sahen David und Nobu mit an, wie man daraufhin fünf gefangene Habiru zusammenband und ihr langes Haar zu einem sie miteinander verbindenden Knoten schlang, ehe Thutmosis mit einem einzigen Schwerthieb ihre Nacken durchtrennte und dann, als die Körper zu Boden sanken, triumphierend fünf blutende Köpfe schwenkte. Wie einer der Generäle David erklärte, nannte man dieses seit ewigen Zeiten von den Pharaonen zelebrierte Ritual »Flachs ernten«.
    Die überlebenden Habiru wurden zusammengetrieben und in Fesseln auf ein rasch eingezäuntes Gelände geschafft. Offenbar brauchte Thutmosis für seine Bauvorhaben im gesamten Niltal jeden körperlich Unversehrten, dessen er habhaft werden konnte. Ob die Macht des unsichtbaren Gottes der Habiru wohl weit genug reichte, um die Gebete seines Volkes im fernen Ägypten zu erhören?
    Die Sonne versank hinter den westlichen Bergen. Als sich Schatten über das Schlachtfeld zogen, wurden Lagerfeuer entzündet, Zelte errichtet, und bald darauf begann das Fest zur Feier des heutigen Sieges. Während das Grölen und Singen betrunkener Soldaten, Prahlereien und Streitgespräche die Nacht erfüllten, hielt David alles, was er beobachtet hatte, auf feuchten Tonbrocken fest, nicht nur die Schlacht selbst, sondern auch, was sich danach abgespielt hatte – wie die Ägypter den erschlagenen Feinden Hände und Füße abgehackt und sie als Trophäen dem Pharao zu Füßen gelegt hatten und damit auch sicherstellten, dass die Geister der Verstorbenen sich nicht in der Gegend herumtreiben und Rache an ihren Bezwingern üben konnten.
    Köche schafften Essen und Getränke heran, reichten David und seinem Sklaven Becher mit Dünnbier und Brot, das mit Rindfleisch und Zwiebeln gefüllt war. Den Blick in die Flammen ihres Lagerfeuers gerichtet, trank Nobu seinen Becher leer und lauschte den Stimmen in seinem Kopf.
    »Meister«, unterbrach er David bei seiner Niederschrift, »heute bin ich

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