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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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König alles, was von Wert ist, zerstören wird, um zu verhindern, dass es in feindliche Hände fällt. Ich denke unter anderem an unsere berühmte Bibliothek. Die Hunderte von medizinischen Rezepturen, die dort gesammelt und verzeichnet sind, würden dann zu Staub.«
    Und, kühner geworden: »Bedenke, du Strahlende, dass Ugarit ein internationaler Seehafen ist, unsere Ärzte folglich mit Heilkundigen aus der ganzen Welt gesprochen und sich deren Wissen zu eigen gemacht haben. Männer hoch aus dem Norden mit weizenfarbenem Haar und Augen in der Farbe von Lapislazuli kamen mit ihren fremdartigen Rezepturen und berichteten von Heilverfahren, die sich in ihrer Heimat bewährt haben. Vor allem diese werden von unseren Ärzten geschätzt, Majestät, denn nie haben sie gesündere oder robustere Menschen erlebt.«
    Immer noch herrschte gespannte Stille. Leah überlegte, ob sie weitersprechen sollte, aber da erklang ein Befehl aus Hatschepsuts Mund. Sofort packten die beiden Wachen Leah an den Armen und hielten sie fest. Und Pakih übersetzte mit zittriger Stimme, was Reshef kundtat: »Dein Übermut kostet dich das Leben. Weil du es gewagt hast, die Augen zur heiligen Herrlichkeit Seiner Majestät zu erheben, weil du es gewagt hast, zum großen König Hatschepsut zu sprechen, musst du, Leah die Kanaaniterin, sterben.«

    Seine Gefährten kannten ihn als Gozer, seinem sechsten Namen in ebenso vielen Jahren. Mal hatte er sich Dathan genannt oder Yafet oder noch anders und sich als Maurer ausgegeben, als Bäcker, als Abrichter von Kamelen, als Seemann, als Wollfärber. Heute Abend, am Lagerfeuer, an dem sich Männer mit den unterschiedlichsten Lebensläufen versammelt hatten, um Schutz zu suchen und ihr Essen zu teilen, war er Aram der Silberschmied. Während sich seine Kumpel über Krieg und Politik verbreiteten und über das, was es sonst noch an Neuigkeiten gab, überlegte Aram, wohin er von hier aus ziehen sollte. Ugarit fiel ihm ein; dort hatte man ihn als Caleb gekannt, und dort hatte er auch noch eine Ehefrau und eine Familie, die in einer Villa neben einem Weinberg lebte.
    Er brauchte dringend Geld und ein Versteck. War es klug, erneut dort aufzutauchen? Was mochte Tamar der Familie erzählt haben? Sie war doch bestimmt wieder nach Hause zurückgekehrt, nachdem er gen Minos in See gestochen war.
    Trotz seines Umhangs fröstelte er und blickte zu den Sternen empor. Eine gottverlassene Gegend, dieses Bergland. Die Einheimischen nannten es Jerusalem, was »Wohnsitz des Shalem« hieß. Shalem war ein alter kanaanäischer Gott. Nur dass Caleb in diesen Bergen keine Götter entdecken konnte, sondern lediglich ein paar aus Holz gefertigte Hütten, Steinhäuser, niedrige Zelte, Gehege für Schafe und Ziegen und an der Straße weiter unten ein nüchternes Garnisonsgebäude, die Unterkunft der Soldaten des einheimischen Stammesfürsten, eines ungehobelten Kerls namens Haddad. Am Fuße der Festungsmauern hockten Fahrensleute an ihren Lagerfeuern, aßen, lachten, grölten, schnarchten im Vertrauen darauf, dass Haddad sie in diesen gefährlichen Zeiten beschützte.
    Caleb saß mit fünf Männern zusammen, deren Namen und Berufe ihm gleichgültig waren. Da er nicht lange bleiben wollte, verhielt er sich ruhig, spitzte aber die Ohren und wartete darauf, dass sich ihm ein lohnenswertes Ziel bot, um weiterzuziehen.
    Auf der Insel Minos war es für eine Weile sehr angenehm gewesen – bis die Blauen Teufel ihn aufgespürt hatten und er bei drei Schwestern eingebrochen war, sie gefesselt und nacheinander zum Quieken gebracht hatte, bis sie verstummt waren und die Blauen Teufel von ihm abgelassen hatten. Weil er seine Spuren nicht ausreichend verwischt hatte, war er am Hafen gefasst worden. Der dort heimische Prinz hatte ihn fast zu Tode gefoltert. Erst nach Monaten hatte er fliehen und auf einem Schiff entkommen können …
    In Erinnerung daran blickte er finster in das Lagerfeuer. Drei Mädchen, die allein in einer Hütte am Rande eines Olivenhains gelebt hatten. Woher sollte er denn wissen, dass sie heilige Stiertänzerinnen waren, die sich mit Leib und Seele einem Gott verschrieben hatten, der in einem unterirdischen Labyrinth lebte? Die gesamte Insel war mit Waffen gegen ihn ausgezogen.
    »Nach der Unterwerfung von Megiddo«, sagte einer seiner Kumpel gerade, »und den Gebieten im Norden, Osten und Westen von Megiddo wird der Pharao den Blick nach Süden richten und nach Ägypten zurückkehren, und wir liegen genau auf seinem

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