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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Ehefrauen denken? Überlegungen wie diese hatte er doch noch nie angestellt! Es musste daran liegen, dass Avigails inständige Bitte um Ehemänner ihm nicht aus dem Kopf ging. Was wäre, wenn auch die Cousine in Damaska die Anfrage abschlägig beschied? Was würde Elias dann tun? Zu welchen Maßnahmen würde er in seiner Verzweiflung dann greifen? Wie würden seine Frau und seine Töchter reagieren?
    Ein ihm bislang nicht vertrauter Begriff drängte sich David auf: Selbstaufopferung. Elias war bereit, seinen Wohlstand und seinen Ruf zu opfern, um seine Frau glücklich zu machen, und Leah wollte sich opfern und diesen verabscheuungswürdigen Jotham heiraten, um ihren Vater zu retten.
    Sein eigener übermächtiger Vater, der auf dem Thron saß und von seinem Sohn Unterwürfigkeit verlangt hatte, war für ihn stets »Mein Gebieter« gewesen. Die Mutter unnahbar und mit ihren eigenen Interessen beschäftigt, mit ihren unzähligen Freundinnen, mit ihren endlosen Vorbereitungen für offizielle Einladungen und Feste. Außer dem Palast in Lagasch und den Unterkünften im Haus des Lebens hatte David kein anderes Zuhause kennengelernt. Jetzt bekam er zum ersten Mal eine Vorstellung von einem ganz normalen Familienleben.
    Kann ich Elias nicht irgendwie helfen?, überlegte er.
    Er überquerte einen Hof mit einem plätschernden Springbrunnen, folgte einem kühlen Korridor und ging weiter, bis er vor einem verwitterten Holztor stand. Um zu sehen, wohin es führte, stieß er es auf: Vor ihm lag ein Stück Land, das einmal ein Garten gewesen sein mochte, etwa zehn Schritt breit und zwanzig lang und von einer hohen Mauer umgeben. Das Laub auf den Wegen, die abgebröckelten Marmorbänke, der verdorrte Baum in der Mitte, all dies deutete darauf hin, dass sich seit langem niemand hier aufgehalten hatte. Aber dort drüben …
    Nein, völlig verwahrlost war dieses Stück Land nicht. Dort drüben war ein grünes Fleckchen. Ein kleines Viereck mit frisch aufgelockertem Erdreich, durch das sich winzige Keimlinge ihren Weg bahnten. Dem feuchten Boden nach zu schließen, war er erst kürzlich gewässert worden.
    »
Halla!
«
    Er fuhr herum.
Sie
stand dort, mit rot verquollenen Augen und noch tränenfeuchten Wangen.
    »Mein Diener ist hungrig«, sagte er. »Ich wollte jemanden suchen und Bescheid sagen und bin darüber hier gelandet.«
    »Das tut mir aber leid! Ich dachte, meine Großmutter würde –« Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Was musst du nur von uns denken?«
    Er musterte das Mädchen, das bereit war, sich für die Familie zu opfern. Wie hübsch sie ist, befand er, und wie einfühlsam. Unter anderen Umständen könnte sie sich vor Verehrern nicht retten. Wäre sogar längst verheiratet. Wie ein Verbrechen kam es ihm vor, dass Jothams Rachsucht dem Mädchen derart übel mitspielte.
    »Das steht mir nicht zu«, sagte er freundlich. »Aber wenn du es unbedingt wissen willst: Ich sehe eine Familie, die zu Unrecht in Schwierigkeiten geraten ist, und ich bete zu den Göttern, dass sie diesen feindseligen Machenschaften ein Ende bereiten.«
    Obwohl Leah den Garten als weitläufig erachtet hatte, wirkte er plötzlich klein. Dieser breitschultrige Fremde füllte ihn mit seiner kraftvollen Erscheinung aus. Hatte sich jemals ein Mann hier aufgehalten? Wahrscheinlich nicht. Zum ersten Mal wurde sie sich der grundlegenden Unterschiede zwischen Männern und Frauen bewusst. Sie kam sich mit einem Mal sehr viel kleiner vor, verletzlicher. Sie bemühte sich, nicht auf seinen einen nackten Arm zu starren, auf seine Muskeln, die für einen Mann, der seine Zeit damit verbrachte, Briefe abzufassen, zu ausgeprägt waren.
    Noch mehr Neugier erweckte der Dolch in der an seinem nackten Arm befestigten Scheide. War er neben seinem Beruf als Schreiber auch ein Krieger?
    Nicht weniger beeindruckend wirkte sein langes Haar, das ihm in schwarz glänzenden Locken über die Schultern fiel, von denen jede mit einer goldenen Spange am Kopf befestigt war. Eine elegante, aufwendige Frisur, für die bestimmt viel Zeit nötig war. Sein spärlicher, noch nicht voll entfalteter Bart war geschoren. Und diese fremdartige Kleidung! Die mit Fransen besetzte Tunika ließ eine Schulter und einen Arm unbedeckt, ein breiter Gürtel schloss sich eng um seine Taille. In Kanaan trugen die Männer so weite Gewänder, dass man ihre Statur nur erahnen konnte. Die jungen Männer von Lagasch schienen stolz auf ihren Körper zu sein.
    »Und an allem bin ich

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