Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)
zwei meiner Onkel Anwälte, und ein dritter ist Geldverleiher. Dein Vater ist ein kluger Geschäftsmann und wird eine Lösung für seine Probleme finden. Er wird denjenigen seiner Gläubiger, die sich seiner Meinung nach allzu leicht von Jotham beeinflussen lassen, umgehend seine Schulden bezahlen. Über die, denen er vertraut, dass sie Jothams Versuch widerstehen, die Schuldscheine deines Vaters aufzukaufen, braucht er sich vorläufig nicht den Kopf zu zerbrechen.«
Zu seiner Überraschung schüttelte sie den Kopf. »Das reicht nicht.
Ich
muss etwas unternehmen, nur weiß ich nicht, was.«
»Wenn die Frage gestattet ist – inwiefern hast du dich ungehörig verhalten?«
Sie sah die Güte, die aus seinen dunklen Augen sprach. Ich kann diesem Fremden vertrauen, sagte sie sich und berichtete ihm von jener schicksalhaften Nacht, die von Tragik und Kummer heimgesucht worden war und in der sich ein Schatten über die Familie gelegt hatte. Nachdem David alle Einzelheiten des Dramas, wie es sich damals abgespielt hatte, kannte, stand für ihn fest, dass Leah nur ihrer Mutter hatte beistehen wollen. Sich richtig verhalten hatte. Dass Jotham Verständnis dafür haben müsste. Ebenso wie dessen Schwester, wenn das mit ihrem kranken Sohn der Wahrheit entsprach.
Umso erboster war er über den arroganten Schiffbauer, und gleichzeitig verspürte er den Wunsch, dieses Mädchen zu beschützen. »Könnte es sein, dass die Lösung deiner Probleme nicht bei Jotham zu suchen ist, sondern bei seiner Schwester? Hast du das mal erwogen?«
»Bei Zira?« Lea kräuselte die Stirn.
»Nach dem, was du mir erzählt hast, scheint sie ihren Bruder zu beeinflussen. Waren es nicht Ziras harsche Worte, die bei deiner Mutter solch unselige Folgen zeigten? Jotham hätte ihr gebieten müssen zu schweigen, hat es aber nicht getan. Vielleicht ist Zira der Schlüssel.«
Leah dachte nach – Ziras Sohn und sein Leiden und Tante Rakels Behauptung, ihr Ehemann habe gewusst, wie der Fallsucht beizukommen sei …
»Du bleibst doch bei uns, nicht wahr?« Unvermittelt hatte sie neuen Mut gefasst. Ziras Ehrgeiz für ihren Sohn war stadtbekannt. Was würde sie dafür geben, wenn seine Gesundheit wiederhergestellt wäre? Gleich morgen werde ich Tante Rakel nach dem Rezept fragen … »Auch wenn die gegebenen Umstände nicht deinen Erwartungen entsprechen dürften? Zumal du eigens dafür dein Zuhause verlassen und eine weite Reise auf dich genommen hast?«
Diese Frage kam für ihn überraschend. »Ich habe diese Reise weder deinem Vater noch mir selbst zuliebe unternommen, sondern zu Ehren meines Gottes. Aber was ich deinem Vater versprochen habe, werde ich einhalten.« Er trat ein wenig näher, hatte plötzlich das Bedürfnis, den Abstand zwischen ihnen zu verringern. »Nur damit du es weißt, Leah Bat Elias, das geschriebene Wort geht mir über alles. Ich lebe dafür, dem Beruf des Schriftgelehrten zu dienen.«
Leidenschaft sprach jetzt aus ihm. Leah fühlte seine Begeisterung, als er mit angespanntem Körper und funkelnden Augen sagte: »Wenn jemand etwas auf eine Tafel schreibt und dies ein anderer irgendwo weit weg oder vielleicht hundert Jahre später lesen und verstehen kann – wenn also zwei Fremde, verbunden durch ein unsichtbares Band, sich durch das Wunder des Schreibens, das der Menschheit als Geschenk der Götter gegeben wurde, austauschen können – dieses Wunder ist es, weshalb ich meinem ehrenvollen Beruf als Mitglied der Bruderschaft der Schriftgelehrten dienen und ihnen als würdiger Vertreter zur Ehre gereichen möchte. Für mich ist es das Höchste, Shubat auf diese Weise meine Ergebenheit zu bekunden. Mit jedem Zeichen, das ich in den Ton ritze, ehre ich meinen Gott und das Edle im Menschen.
Deswegen sage ich dir Folgendes, Leah Bat Elias: Nach meiner Abschlussprüfung im Haus des Lebens habe ich meinem Gott geschworen, eingedenk der Regeln und des Ehrenkodex meines Berufsstands niemals meine Kunstfertigkeit zum Schaden anderer zu missbrauchen und mir stets meine Rechtschaffenheit und Selbstachtung zu bewahren. Gehorsam gegenüber Shubat und meine Ehre gehen mir über alles. Um aber meinen Eid einzuhalten und meine Pflicht als Lehrling in diesem Haus zu erfüllen, muss ich sicherstellen, dass es das Haus des Elias in einem Jahr überhaupt noch gibt. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dazu beizutragen …« Seine Stimme wurde schleppend.
Sie legte den Kopf schief. »Stimmt etwas nicht?«
»Es wäre hilfreicher
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