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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Galerie, die zur unten gelegenen Empfangshalle hinausging, in der das Unheil damals seinen Anfang genommen hatte – Ziras unselige Bemerkungen, Avigails Frage nach Yehudas Fallsucht, das vorzeitige Einsetzen der Wehen bei Hannah, die Frühgeburt. Im Haus war es still, dafür flackerte in jedem Zimmer zumindest eine kleine Öllampe.
    Letztendlich würde Leah eine Wiederverheiratung gestattet sein, allerdings erst nach Ablauf von sieben Jahren. Eigentlich ein unrealistisches Gesetz, das vermutlich auf ein lange zurückliegendes Ereignis zurückging, bei dem es wohl darum gegangen war, dass ein Ehemann nach einer Reise, die sich durch widrige Umstände über Jahre hingezogen hatte, zurückkehrte und feststellen musste, dass seine Frau inzwischen einen anderen geheiratet hatte. Sieben Jahre erschienen den damaligen Gesetzgebern als Wartezeit angemessen, in der Annahme, ein Ehemann könne, wenn er denn wirklich nach Hause wollte, dies ungeachtet aller Hindernisse, die sich ihm in den Weg stellten – Gefängnis oder Piratenbeute –, in sieben Jahren fertigbringen.
    Hannah seufzte. Gesetz war nun einmal Gesetz. Und da keine anderen Töchter ihr und Elias Enkelkinder schenken würden, lag es an ihr selbst, für männliche Erben in diesem Haus zu sorgen.
    Sie hatte gehofft, diesen Weg vermeiden zu können. Aber Männer verlustierten sich ständig mit Sklavinnen. Seit Menschengedenken war das gang und gäbe. Wenn sich Nachwuchs einstellte, blieb es dem Mann überlassen, ob er das Kind anerkannte und ihm alle Rechte eines in Freiheit Geborenen zugestand – oder nicht. Ein weibliches Kind wurde nur selten anerkannt. Und selbst wenn es ein Junge war, hing die Entscheidung von vielen Faktoren ab.
    Elias der Winzer hatte noch nie an einer Sklavin oder an anderen Frauen sinnliches Vergnügen gefunden, und so hatte er auch nie eine derartige Entscheidung treffen müssen. Seit er im Alter von neunzehn Jahren Hannah geheiratet hatte, gehörte sein Herz nur ihr, hatte er nur Augen für sie. Er war verrückt nach ihr, wie seine Mutter Avigail zu sagen pflegte. Anfangs gefiel es ihr. Vom Partner angebetet zu werden war himmlisch, solange das Familienleben nicht zu kurz kam. Aber dieses Haus verlangte nach Söhnen, und wie Avigail Hannah zu verstehen gegeben hatte, hielt sie Elias für einen ausgemachten Egoisten. Er, der allgemein als großzügig und unvoreingenommen gelte, sei, wenn es darauf ankomme, knauserig und engstirnig. Ohne Umschweife hatte sie ihrer Schwiegertochter gegenüber bedauert, dass Elias seinen Samen nur in seine Ehefrau ergieße, anstatt auch noch andere Furchen zu befruchten. Wenn eine Konkubine ihm einen Sohn gebären würde, könnte er das Kind zu einem freien Bürger von Ugarit und seinem Erben erklären. Dann bestünde keine Gefahr mehr, dass Elias’ Blutlinie erlöschen könnte.
    Eine Blutlinie, die, wie Avigail eigens betont hatte, durch sie selbst von König Ozzediah abstammte.
    Da Hannah wusste, dass ihr Ehemann sich von sich aus niemals eine Konkubine zulegen würde, hing es von ihr ab, tätig zu werden.
    Sie stellte sich vor, ihr geliebter Mann würde eine andere Frau in sein Bett nehmen. Der Gedanke brach ihr zwar das Herz, aber um das Überleben der Familie zu gewährleisten, bedurfte es männlicher Nachkommen. Eine weibliche Blutlinie galt nichts.
    Diese Vorstellung fand Hannah eigentlich rückständig. Sollten Blutlinien nicht vielmehr durch Frauen entscheidend geprägt werden? Wusste eine Mutter nicht immer, welches Kind ihres war, während der Vater sich dessen nie sicher sein konnte und manche von ihnen deshalb mit der Anerkennung der Vaterschaft warteten, bis das Kind alt genug war, um Ähnlichkeit mit der Familie –
seiner
Familie – aufzuweisen?
    Hannah seufzte! Welch abstruse Gedanken! In der kanaanäischen Kultur waren Söhne ein Muss, und nur ein Weg führte dorthin. Weil Tamar und Caleb durchgebrannt waren – und Hannah bezweifelte, dass sie je zurückkommen würden, genauso wie sie bezweifelte, dass man je einen Mann überreden oder bestechen konnte, die arme Esther zu heiraten –, war die Aussicht auf männliche Kinder fast gleich null. Und weil Elias nichts dagegen unternehmen würde, blieb es wohl oder übel ihr, Hannah, überlassen, diese unangenehme wie schmerzvolle Aufgabe anzugehen.
    Sie musste eine Konkubine für ihren Ehemann finden.

    Die Zeit der Weinlese war angebrochen. Im Schuppen, wo die Trauben zerstampft wurden, ging es hoch her. Männer, die sich an Stangen

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