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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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worden war – dann war mit einer Entschädigung nicht zu rechnen –, oder ob die beiden weit weg in eine fremde Stadt geflohen waren und jetzt munter und vergnügt Elias’ Vermögen verprassten.
    Welch ein schwerer Schlag für Elias’ Familie. Ein ehrenhafter und gradliniger Mann wie Elias hatte einen derartigen Schicksalsschlag nicht verdient.
    Wenn David nur helfen könnte! Aber noch verfügte er in Ugarit weder über Freunde noch gute Beziehungen. Und seine Pfandscheine hatte er für Leahs Hochzeit verwendet.
    Am meisten Mitgefühl empfand er mit Leah, die sich nicht unterkriegen ließ und darauf bestand, weiterhin zum Markt zu gehen, obwohl sich die Nachricht, wie Elias vorausgesagt hatte, wie ein Lauffeuer verbreitet hatte, weil man sich über nichts lieber das Maul zerriss als über Niederlagen der Reichen und Mächtigen. Um sicherzugehen, dass Leah unbehelligt blieb, war David ihr ein Stück weit gefolgt, hatte dann aber beobachtet, wie sie hoch erhobenen Hauptes mit zwei Dienerinnen von einem Marktstand zum andern schlenderte, hin und wieder stehen blieb, um die Waren zu prüfen und sogar mit dem einen oder anderen einen kurzen Plausch zu halten, ohne auf die vielsagenden Blicke um sie herum zu achten, auf süffisantes Grinsen, auf Getuschel. Eine betrogene und verlassene Ehefrau.
    Bei all dem Unglück, das über Elias’ Haus hereingebrochen war, bedrückte David ebenso schwer, was er bei der Bruderschaft im Haus des Goldes erlebt hatte. Aber diese Enttäuschung konnte er mit niemandem teilen.
    Weil seine innere Unruhe überhandnahm, hatte er diesen entlegenen Ort auf dem freien Land aufgesucht. Hier hoffte er, sich ungestörter seinem Gott anvertrauen zu können und Antworten zu finden. Es war ihm schleierhaft, wie den Göttern die Gebete der Menschen überhaupt zu Gehör kommen konnten, wenn sie inmitten von Lärm und Ablenkung in Tempeln oder an Hausschreinen geflüstert wurden. Hier dagegen, in der Wildnis von Kanaan, weit weg von Menschen, Mauern und Wagen, hier draußen, unter der reinigenden Sonne und in frischer Luft, umgeben von Bäumen und Büschen und Blumen, konnte er die direkte Verbindung zu seinem Gott finden und ihm sein Herz öffnen.
    Er hatte Nobus Begleitung abgelehnt und nur Shubat mitgebracht, den er jetzt aus seinem schützenden Gehäuse herausnahm und auf einen der Felsblöcke, die die Landschaft durchzogen, stellte, ihn sozusagen auf seinen Thron setzte, von dem aus der Gott ihn mit weit geöffneten Augen ansah.
    Er kniete nieder und begann zu beten.
    Eine ganze Weile war verstrichen, als ihn ein plötzlicher Windstoß aus seiner Konzentration herausriss. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass sich etwas bewegte, und gleich darauf sah er, wie sich langsam eine ockerfarbene Schlange mit einem dunkelbraunen Muster, den dreieckigen Kopf leicht erhoben, durch das Gras wand. David erkannte sie als nicht giftig, dennoch hielt er den Atem an, als sie sich auf ihn zu schlängelte, bis sie an einem Stein anstieß, wo sie, statt kehrtzumachen, verharrte und dann anfing, ihren Kopf an der harten Oberfläche zu schaben. Die Schlange ging daran, sich zu häuten! David war fasziniert.
    Wenn allein die Begegnung mit einer Schlange als glückverheißend angesehen wurde, brachte es dem Vernehmen nach – schon weil es nur wenigen vergönnt war – allerhöchstes Glück demjenigen, der Zeuge einer Häutung wurde. Noch immer sprach ganz Ugarit von dem lahmen Bettler, der, nachdem er der Häutung einer Schlange beigewohnt hatte, über einen Beutel mit goldenen Ringen stolperte, der offenbar niemandem gehörte.
    David ließ die Schlange nicht mehr aus den Augen. Da sie nur wenige Fingerbreit von seinem Fuß entfernt war, konnte er jede Einzelheit der kunstvollen Zeichnung auf ihrem langen, schuppigen Körper, diesem Wunder der Natur, der Schöpfung Gottes, erkennen. Umsummt von Fliegen und Bienen, ohne sich zu bewegen und nur verhalten atmend, überließ sich der junge Schriftgelehrte aus Ugarit diesem stillen Naturereignis.
    Wie gebannt sah er zu, wie die Schlange ihren Kopf immer wieder an dem Stein rieb, bis sich die erste farblose Haut löste und zwei glänzende braune Hörner mit schmalen Schlitzen zum Vorschein kamen, wie eine weitere Schicht alter Haut makellose neue darunter freilegte. So schön das Tier an sich bereits war, trat jetzt nach und nach ein noch atemberaubenderes darunter zutage.
    Die Sonne neigte sich bereits dem westlichen Horizont zu, die Schatten der Bäume und Felsbrocken

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