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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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schnell ertrinken wie Leute mit normaler Körpertemperatur? Hoffentlich kommt er durch.«
    »Ja, Eira. Aber es hat keinen Sinn, heute noch beim Krankenhaus vorbeizufahren. Dem Personal zufolge wird er künstlich beatmet.«

Kapitel 59
    In den vergangenen vierundzwanzig Stunden war es empfindlich kalt geworden. Eisnebel stieg vom Wasser auf. Eira lehnte am Auto und sah Berger entgegen. Sie kam schnell auf ihn zu und wedelte beim Laufen heftig mit den Armen, offenbar, um warm zu werden.
    »Gibt es außer dem Touristen am Fenster noch weitere Zeugen für den Vorfall?« Eira betrachtete den festgetrampelten Schnee auf dem Kai. Es war glatt hier. Aber man lief dennoch nicht Gefahr, ins Wasser zu schlittern.
    »Niemand hat etwas Außergewöhnliches zu berichten. Wir haben ein paar Nachbarn befragt, die heute früh zur Arbeit mussten. Ihnen ist nichts Besonderes aufgefallen. Auch den Angestellten des Ishavshotel nicht. Keiner der anderen Gäste hat etwas Ungewöhnliches gemeldet.« Berger schlug jetzt förmlich mit den Armen um sich und stampfte außerdem mit den Füßen auf den Boden. Der Wind pfiff von Minute zu Minute schärfer.
    Eira blieb unbeeindruckt stehen und überlegte. Jens Eide hatte viele Jahre lang stark getrunken. Er war ein friedfertiger Mensch und kein einziges Mal im Zusammenhang mit Schlägereien oder Ruhestörung in Gewahrsam genommen worden. Warum sollte er plötzlich so ohne Weiteres vom Rand des Kais ins Wasser fallen? Eira erstarrte bis ins Mark, denn endlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Jens war ein weiteres Bindeglied, auch er war 1969 vor Ort gewesen. Jemand musste mitbekommen haben, dass Jens vor kurzem mit Eira gesprochen hatte. Vielleicht hatte auch Jens zum Schweigen gebracht werden sollen.
    »Als ich zuletzt mit ihm geredet habe, war er in ausgezeichneter Form.«
    »Wie geht’s jetzt weiter?«
    »Sobald er die Augen aufschlägt und imstande ist, zu nicken oder den Kopf zu schütteln, möchte ich Bescheid bekommen. Dann werde ich mit ihm sprechen.« Eira ging zum Auto und blieb abrupt stehen. »Übrigens, Berger, ruf Vennestad an und bitte ihn, eine DNA-Analyse von Jens durchzuführen, jetzt, wo sie ihn schon mal da haben.«
    Noch einmal musste er Sverre Wikan mit Fragen zu dem Brand von 1969 quälen. Man wies Eira zu Sverres Büro. Sverre würde in zehn Minuten von einer Besprechung zurückkommen.
    Eira stellte sich ans Fenster und schaute hinaus auf die Gebäude des Stadtzentrums, ein ziemlich mäßiger Ausblick. Dann lief er ein wenig im Raum herum. Sverres Schreibtisch war vorbildlich. So mancher konnte etwas von ihm lernen, wenn es darum ging, Papiere abzuarbeiten und die Tischplatte sauber zu halten – Niillas sollte sich das mal ansehen. In einer Ecke lagen zwei Plastikordner und einige Unterlagen mit dem Logo der Kommune. Ganz ohne schlechtes Gewissen blätterte Eira den Stapel durch. Neben der Tür stand ein schmaler Metallschrank, der halb offen war. Eira warf einen Blick hinein. Beispielhaft.
    Die Tür ging auf und Sverre trat ein. Der Glanz in seinen Augen erlosch, als er sah, wer da war. Zweifellos hätte er sich unterhaltsameren Besuch vorstellen können. »Aslak.«
    »Tut mir leid, Sverre, eine neue Wendung in dem Fall zwingt mich, Ihnen noch einige weitere Fragen zu stellen.«
    »Schießen Sie los.« Er wies auf den freien Stuhl.
    »Wir glauben zu wissen, wer bei dem Brand 1969 ums Leben gekommen ist. Wie Sie ja wissen, war es nicht Karl Fjeld.«
    Sverre Wikan lauschte, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Sie waren zur selben Zeit wie der Getötete dort drinnen, Sverre. Schaffen Sie es … Können Sie sich erinnern, ob Sie etwasgesehen oder gehört haben, kurz bevor Sie herauskamen?« Eira rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. Ihm war vollkommen klar, dass er ständig neues Salz in die Wunde rieb.
    »Wer ist der Getötete?«
    »Es könnte sich um Jens Eides Bruder handeln. Er hieß Frank und ist seit dem Brand damals verschwunden. Wir sind uns aber noch nicht ganz sicher.«
    »Was sagt Jens dazu? Hat er zu irgendeinem Zeitpunkt gesehen, dass Frank zur Hintertür hineingegangen ist?«
    »Wir haben noch nicht mit ihm gesprochen. Ich wollte zuerst hören, ob Sie sich an etwas erinnern können.«
    »Ich habe damals alles erzählt, was ich wusste, Aslak. Sie haben die Akten sicher gelesen. Wie ich dort herausgekommen bin, kann ich Ihnen nicht sagen. Da gibt es eine große Lücke in meinem Gedächtnis. Und auch die Stunden danach sind vollkommen gelöscht.

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