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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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gewesen wäre. Nun ja. Schuld oder nicht schuld. Ich schätze, die ganze Elektrik dort war lebensgefährlich. Und je mehr einer hat, desto geiziger wird er. Das Geld für Sanierungen sollte wohl für wasWichtigeres gespart werden. Für ein neues schickes Sofa, zum Beispiel. Und dann diese Mutter. Das ist ja sogar noch schlimmer. Der arme Junge, muss mit ansehen, wie Mama mit dem Alten anbändelt, noch bevor ihr Mann ganz kalt ist.«
    Unmerklich wich Per zurück. Manchmal machte ihm das lose Geschwätz seiner Mutter Angst. Aber nicht das, was sie sagte, jagte ihm Furcht ein. Beängstigend war seine eigene Reaktion. Ihm wurde so komisch dabei. Das Atmen fiel ihm schwerer. Er bekam Lust, ihr die Hand auf den Mund zu pressen, bis sie aufhören würde zu reden. Bis sie still würde, am besten für immer. Oder er stand hinter ihr, wenn sie an der steilen Kellertreppe das Licht anmachte, nahe daran, sie hinunterzustoßen.
    Ohne besonderes Ziel lief Per drauflos. Nach einer Weile fand er sich im Stadtzentrum wieder. Er ging an dem Brandgrundstück entlang, das jetzt, zwei Wochen nach dem verheerenden Unglück, bereits asphaltiert und voller parkender Autos war. Per stieg die steilen Hänge zum höchsten Punkt der Insel hinauf und gelangte schließlich zum Friedhof. Ihm war nicht klar gewesen, dass dieser Ort sein eigentliches Ziel gewesen war.
    Die Bäume waren noch kahl und das Laub vom Vorjahr lag gelbbraun und verwelkt längs der Wege und auf den Rasenflächen. An der Kapelle bog Per nach links ab und ging an großen Grabsteinen und gepflegten Bepflanzungen vorbei. Auf einem Hügel hinter der Kapelle blieb er an einem frischen Grab stehen.
    »Oscar Wikan, gestorben am 14.05.1969. Friede sei mit ihm.«
    Per starrte auf die Inschrift und spürte erneut den unangenehmen, trockenen Metallgeschmack im Mund. Vor seinen Augen tanzten die Bilder, die sich in der Brandnacht in die Netzhaut geätzt hatten.
    Der aus Fjelds Gebäude fliehende Mann war wegen des dicken Rauchs nur undeutlich zu erkennen gewesen. Er hatte eine Schirmmütze und eine blaue Jacke getragen. Oscar Wikans Kleidungsstücke.Aber die Jacke war etwas zu eng gewesen, an den Ärmeln zu kurz. Sie hatte nicht gepasst.
    Der Mann war um die Hausecke gebogen und verschwunden. Per selbst hatte sich schließlich aufgerappelt und war ihm nachgeschlichen. Hinter dem Haus hatte er gesehen, wie sich der Mann und eine weitere Person, die durch den Rauch kaum auszumachen gewesen war, über Sverres leblose Gestalt gebeugt hatten.
    Der Mann mit der Schirmmütze hatte das Gesicht in Pers Richtung gewandt. Es war Karl Fjeld.
    Da war Per davongerannt. Alles war seine Schuld. Das Gefühl war erschütternd, ekelerregend.
    Nach und nach wurde Pers Entsetzen von einer noch gewaltigeren Erkenntnis überschattet. Es war nicht so, wie alle glaubten. Da drinnen war mehr geschehen. Ein schauerlicher Betrug. Und Per war mit seinem Wissen allein.

Kapitel 7
    16. Oktober 2007, 2:00 Uhr
    Per Andersen stellte sich in die Garageneinfahrt des Einkaufscenters und zündete sich eine Zigarette an. Er sah Karl Fjeld um die Ecke verschwinden. Karl hatte die Hände tief in den Taschen vergraben und der graue Pferdeschwanz lugte unter der Mütze hervor.
    Alles war still, nur das Wasser im Sund direkt neben Per bewegte sich sachte. Er sog den Zigarettenrauch tief ein und folgte den Wellen mit den Augen. Es war eine stete, monotone und doch unberechenbare Bewegung, ähnlich der Unruhe, die er selbst verspürte. Er fror ein wenig, zog den Reißverschluss seiner dünnen Jacke bis ganz nach oben und wiegte sich leicht im Takt des Wellengeplätschers.
    Die Begegnung mit Karl Fjeld hatte ihn überwältigt. Fjeld! Per lachte laut. Zwischen den Mauern klang es hohl. Fjeld war von den Toten auferstanden. Geradezu aus der Asche. Für alle anderen musste es eine unfassbare Überraschung sein. Jetzt fehlte nur noch, dass auch Oscar Wikan wieder auftauchen würde.
    Es hatte keinen Sinn, noch länger zu schweigen. Karl Fjeld würde ohnehin wie eine unheimliche Gestalt aus dem Reich der Toten durch die Straßen ziehen. Keiner würde nunmehr behaupten können, dass Per verrückt sei, wenn er endlich erzählte, was er damals gesehen hatte. Restlos alles . Dass Karl Fjeld sich in Oscar Wikans Kleidung davongemacht hatte, während Wikan selbst drinnen verbrannt war.
    Eben hatte Karl Per sogar zum Reden aufgefordert. Hatte ihn gründlich ausgefragt und ungewöhnlich interessiert zugehört. Soviel Beachtung war Per lange nicht

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