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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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glitt, begleitet von kräftigem Schulterklopfen.
    Diese Seitentür war nicht abgeschlossen, genau wie man ihm vorher erklärt hatte. Per ging hinein und öffnete eine der Flaschen. Es war erstklassige Ware. Zufrieden zündete er sich eine Zigarette an und sah aus dem kleinen Fenster.
    Eine Gestalt kam langsam den Kai entlang. Schließlich trat sie hinter den großen Abfallcontainer bei der Pappelallee und sah zu dem Fenster hinüber, hinter dem Per stand. Zu dieser nächtlichen Stunde konnte es nur einer wie er sein. Oder ein Obdachloser.
    Per trat vor die Tür und hob beide Arme. »Sei gegrüßt, Wanderer!«, rief er übermütig. »Hier ist offen.« Er ging wieder hinein und ließ die Tür angelehnt. In einer Ecke entdeckte Per einen Haufen mit Bauabfall und Wellpappe. Dort legte er sich nieder, dann nahm er einen weiteren großen Schluck aus seiner Flasche.
    Kurz darauf knirschten draußen auf dem trockenen Kies Schritte.
    »Sei gegrüßt … und komm herein! Komm herein. Und wenn du etwas anzubieten hast …«
    Ein oranges Geschoss zischte an Pers Gesicht vorbei und schlug klirrend gegen die Wand. Überall Splitter. Die Tür knallte zu.
    Flüssigkeit breitete sich aus. Sie rann bereits in langen Streifen über den Boden und entzündete sich jetzt. Rasend schnell fanden die Flammen ihren Weg.
    Pers Augen schmerzten. Dieses Orange kannte er nur zu gut. Alles verschwamm. Schmerz, Panik und Erinnerung.
    Er wollte sich gegen die Tür werfen und dagegenhämmern, aber er war jetzt ebenso wie damals erstarrt. Per versuchte zu schreien. Vergebens. Der Ton fand nur ein dumpfes Echo, wurde von grauem Qualm erstickt. Tödliche Stille. Hinter dem Rauch waren die Flammen, die erbarmungslos um sich griffen.

Kapitel 8
    Feuerschein vor dem blauschwarzen Himmel. Es war 3:20 Uhr. Polizeiautos brausten die Strandgata herunter. Das fast fertiggestellte Bryggekanten-Einkaufscenter mit zwölf Wohnungen auf drei Etagen und Geschäften im Erdgeschoss stand in Flammen. Vierzehn Tage, bevor es bezugsfertig werden sollte. Eben noch makellose Wände glühten orange, Fensterscheiben fielen klirrend auf die Straße und trotz der nächtlichen Stunde hatten sich in Rekordzeit Autos und Schaulustige versammelt. Die Löschtrupps waren schon seit einer Weile vor Ort und man hatte unerwartete Entdeckungen gemacht.
    Kriminalhauptkommissar Aslak Eira fuhr so nah wie möglich an die Brandstelle heran. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und blinzelte in die Flammen. Nicht nur das Gebäude ging hier gerade in Rauch auf. Das Gleiche galt für Eiras Schneehuhnjagd. Scherzhaft behauptete er immer, nur Mord oder Naturkatastrophen könnten ihn von seinem Hobby abhalten. Jetzt hatte er es mit beidem zu tun.
    Polizeidirektor Hagen hatte ihn gnadenlos aus dem Bett geklingelt und kurzerhand Eiras Urlaub gestrichen. Eine ganze Woche. Also würde Eira die frisch geputzte Schrotflinte wieder wegstellen, den fertig gepackten Rucksack leeren und ihn auf den Dachboden zurückbringen.
    »Ein Brand in einem funkelnagelneuen Gebäude, Eira. Uns wurde ein Toter gemeldet. Er soll in einem verschlossenen Raum gelegen haben. Es war wohl jemand, der dort eigentlich gar nichts zu suchen hatte. Deinen Urlaub kannst du nehmen, wenn wir klargestellt haben, dass der Mann nicht ermordet worden ist. Das ist hoffentlich schnell geschehen, aber du musst dringend den Fallübernehmen, Eira. Natürlich hätte Henriksen sich in deiner Abwesenheit darum kümmern sollen. Aber er behauptet, dass seine Gesundheit es nicht mehr zulässt, nachts zu arbeiten. Der Mann wird ja schließlich bald pensioniert.«
    »Mein Gott, Henriksen hat sich vor über fünfzehn Jahren zur Ruhe gesetzt! Da war er etwa so alt wie ich jetzt. Diese eine Woche im Jahr …«
    Das Klicken am anderen Ende war endgültig. Der Polizeidirektor diskutierte keine Anweisungen. Kriminalhauptkommissar Aslak Eira war auf den Fall angesetzt, während sein Kollege, Kriminalhauptkommissar Henriksen, zu Hause im Bett lag und seine Gesundheit pflegte.
    Eira stieg mit dem ungewöhnlich starken Drang, jemandem den Hals umzudrehen, ins Auto. Das Schicksal hatte Kriminalkommissar Benjaminsen auf den Beifahrersitz gesetzt. Dessen Kopf mit dem kurzen Borstenschnitt reichte kaum über den Jackenkragen hinaus.
    »Vielleicht war es wieder unser guter alter Pyromane. Wie anno dazumal. Wir haben doch alle gedacht, dass er seine Brände völlig selbstlos gelegt hatte. Zugunsten des kommunalen Haushalts sozusagen«, bemühte Benjaminsen sich

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