Im Auge des Feuers
Naturen. Noch dazu grenzte er an den Wald und bis zur Eingangstür waren es fünfzig Meter. Kein Büro hatte Fenster zu dieser Seite.
Die meisten der anderen Angestellten waren schon nach Hause gegangen. Nur Mona hatte es nicht so eilig, da sie weder Mann noch Kinder versorgen musste.
»Hast du irgendeine Vermutung, wer es gewesen sein könnte?«, fragte Eira vorsichtig. »Gibt es vielleicht Konflikte?«
»Ich verstehe nicht ganz, worauf du hinauswillst, Aslak. Fragst du, ob jemand mich verfolgt?« Sie sah ihn ungläubig an. Er zuckte mit den Schultern.
Mona schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, wer Anlass haben sollte, mir eins auszuwischen«, sagte sie resigniert.
Mit einer tiefen Falte auf der Stirn blickte sie dem Abschleppwagen hinterher. »Das kommt unglaublich ungelegen. Ich hab morgen früh um acht einen Termin. Dann muss ich wohl oder übel den Bus nehmen.«
»Wir finden schon eine Lösung. Und jetzt fahren wir erst mal zu mir.« Es fühlte sich völlig selbstverständlich an, das zu sagen. Eira wollte nicht, dass sie zu sich nach Hause ging. Ihm gefiel die Sache mit den Reifen ganz und gar nicht. Außerdem hatte er keine Lust, allein zu sein.
Sie griff in ihre Tasche und holte eine braune Plastiktüte heraus. »Eine Flasche Wein, die ich von einer Studentin bekommen habe«, erklärte sie. »Du hast sicher was zu essen da, und wir werden schon einen Grund finden, den guten Tropfen an einem Donnerstag zu probieren.«
Er lachte, fühlte sich leicht und fröhlich. »Dass du freiwillig mit mir kommst, ist Grund genug.« Er wurde ernst. »Ich könnte mir vorstellen, dass du eigentlich Gehalt dafür bekommst, mit solchen Typen wie mir zu sprechen?«
Sie knuffte ihn in die Seite. »Das sagst du bloß, um von mir zu hören, was für ein netter Kerl du meiner Ansicht nach bist.«
Er warf ihr einen raschen Blick zu und war sich sicher, dass sie errötete.
Auf dem Küchentisch lag ein Zettel.
»Bin über Nacht weg. Niillas.«
Eira verspürte Erleichterung und gleichzeitig tiefes Unbehagen. »Irgendwie war es damals einfacher, als es hieß: Kinderstunde im Fernsehen, Baden, Abendessen und ab ins Bett. Keine Diskussionen über den täglichen Ablauf und kein Zweifel daran, wer der Chef im Hause war.« Er knüllte den Zettel zusammen und steckte ihn in die Tasche.
Mona hatte ein kleines Stück Räucherlachs gefunden und schnitt bereits Brot ab. Er schaute fasziniert zwischen Lachs und Mona hin und her. »Sei dir darüber im Klaren, dass der da nicht in einem Aufzuchtbecken herumgeschwommen ist. Den hab ich selbst geangelt.«
»Alle Achtung! Ich versprech dir, dass ich ihn nicht entweihen werde. Ich mach ihn mit Rührei und Dill. Dazu grober Senf. Das wird köstlich.«
Er betrachtete sie noch immer hingerissen. »Kann ich etwas tun?«
»Den Wein öffnen.«
Eira füllte zwei Gläser. »Bitte sehr.«
Mona nippte am Glas, er folgte ihrem Beispiel. Dann sagte sie verträumt: »Ich glaube, ich hab dich noch nie Wein trinken sehen.«
Er setzte sein Glas ab. »Ich trinke keinen Alkohol. Nur zu ganz besonderen Anlässen. Wie jetzt.«
Dann trank er noch einen Schluck. Der Wein stieg ihm schnell zu Kopf.
Als sie ihm das Glas aus der Hand nahm und ihres danebenstellte, fragte er sich, wie es möglich war, sich von zwei Schluck Wein so berauscht zu fühlen. Er umfasste ihre Handgelenke, zog sie an sich, lehnte den Kopf an ihre Schulter. Monas Arme glitten um seinen Hals. Ihre Hände wurden unruhig. Die Finger wanderten weich und warm an seinem Hemdkragen entlang, öffneten Knöpfe, suchten seine Haut.
Sie flüsterte an seinem Hals. Eiras Muskeln waren angenehm angespannt. Er hielt sich zurück, umarmte sie vorsichtig und überließ ihr die Regie. Wusste, dass sie eine Vorgeschichte hatte, dass sie lange gewartet hatte. Ungeduldig bewegte sie sich unter seinen Händen, ihre Haut glühte und er sah ihren Puls an den Schläfen schlagen. Aslak Eira hörte auf zu denken. Das Geräusch von zerreißendem Stoff drang zu ihm durch. Ein Knopf rollte über den Boden. Sein Atem und ihrer.
Er hob sie hoch – sie war klein und leicht –, trug sie ins Schlafzimmer und sank in sie, bevor sie das Bett erreicht hatten.
Kapitel 64
3. November 2007
Am nächsten Morgen um halb acht brachte er sie zur Arbeit und fuhr dann selbst ins Büro. Es war eine berauschende, schlaflose Nacht gewesen. Eira fühlte sich immer noch beschwingt, obwohl sein Körper nun müde und schwer war. Derselbe Zustand wie nach einem langen,
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