Im Auge des Feuers
Staatsbürger,nannte sich Carl Field und hatte als Wohnsitz Montreal angegeben. Weitere Recherchen ergaben, dass er Witwer war, kinderlos und im Ruhestand. Er hatte im Lauf der Jahre eine Firma für medizinisches Gerät aufgebaut, die auf zahnärztliche Instrumente spezialisiert war. Ein größerer Betrieb, offenbar mit guten Umsätzen.
»Wir haben keine Angaben über irgendwelche nahen Angehörigen auf der anderen Seite des großen Teiches, denen man den Todesfall melden müsste«, murmelte Eira. »Hier wird aber immerhin bestätigt, dass der Geburtsort des Mannes Tromsø, Norway, ist.«
»Wann ist er in Kanada angekommen?« Kine Berger goss sich eine Tasse Kaffee ein.
»Im Mai 1970. Und im Dezember desselben Jahres hat er eine Kanadierin geheiratet, die etwas älter war als er. Sie ist vor ein paar Jahren gestorben und hat ihm einiges hinterlassen.«
Eira schritt nachdenklich vor seinem Schreibtisch auf und ab. »Hat er mit einem Dritten gemeinsame Sache gemacht? Ich meine, war Karl Fjelds plötzliches Verschwinden damals vielleicht Teil eines Plans? Hatte jemand Vorteile davon, dass es Karl auf einmal nicht mehr gab? Sollte damit etwas vertuscht werden?«
»Nichts, was der Polizei bekannt wäre. Vielleicht war es etwas auf privater Ebene. Geld ist ja in vielen Beziehungen ein Konfliktthema. Geld und Liebe.«
Berger schnaubte. »Geld kann für Karl Fjeld kein Problem gewesen sein.«
»Aber trotzdem: Alles deutet doch darauf hin, dass Karl deswegen zurückgekehrt ist. Sein Vater ist gestorben und er kam nach der Beerdigung heim, rechtzeitig zur Testamentseröffnung. Er ist aufgetaucht, um bei der Auszahlung dabei zu sein.« Eira schaute Berger unvermittelt ins Gesicht.
Berger parierte den Blick. »Auszahlung? Vielleicht eher Abrechnung!Eine Abrechnung auf vielen Ebenen, wie es aussieht.« Jetzt nahm sie einen Schluck aus ihrer Tasse.
»Berger, hör zu. Wir müssen zum Punkt kommen. Wieso wurde Karl Fjeld ermordet? Wollte vielleicht jemand partout nicht publik werden lassen, dass Karl Fjeld zurück in der Stadt war?«
Sie strich nachdenklich über den Kaffeelöffel. »Eine letzte Möglichkeit: Rache. Jemand hatte eine offene Rechnung mit ihm.«
»Fjeld hat immer noch Familie hier in Tromsø. Eine Schwester und einen Bruder. Es würde mich wundern, wenn keiner der beiden von seiner Rückkehr erfahren hätte.« Eira stand auf und ging zur Tür. » Wir müssen mit jemandem sprechen, der auf jeden Fall wusste, dass Karl Fjeld zurück war. Magni Andersen hat behauptet, ihn gesehen zu haben.«
»Sie sitzt schon hier und wartet.« Berger sah ihn von der Seite an. »Das heißt, sie hat unten gesessen und gewartet.«
»Ist sie gegangen?«
»Sie geriet in Rage, weil du sie vierzehn Minuten hast warten lassen. Plötzlich ist sie auf und davon. Heute ist nämlich Bingo, und sie geht jede Woche dorthin. Wenn sie hier geblieben wäre, hätte sie ihren festen Tisch nicht bekommen.«
Eira musste sich ein überwältigendes Gefühl der Erleichterung eingestehen. »Dann holen wir sie morgen noch mal. Und sorg dafür, dass sie nicht warten muss.«
Kapitel 20
»Sie haben Karls Leiche gefunden?« Rita Fjelds Stimme klang rau. Karl Fjelds zwei Jahre jüngere Schwester starrte sie genauso schockiert an, wie Eira und Berger es erwartet hatten.
Rita schluckte schwer und spielte ununterbrochen mit ihrem Feuerzeug, wirbelte es immer wieder zwischen Daumen und Mittelfinger herum. Sie war eine große, knochige Frau mit einem harten Gesichtsausdruck, was von dem dürren Körper noch unterstrichen wurde. »Soll das eine Art makabrer Scherz sein?« Ihr Mund war hörbar trocken und sie sah sich nach der Wasserkaraffe um. Einer der Beamten musste ihr einschenken. Ihre Hand zitterte so, dass sie den Krug nicht hochheben konnte.
»Karl ist seit 1969 tot.« Endlich sagte auch Johan Fjeld, Karls jüngerer Bruder, etwas. Seine bleiche, teigige Haut glänzte. Insgesamt eine massige Gestalt. Johans Kopf ging direkt in die Schultern über, man vermisste den Hals. Die herabhängenden Wangen wurden vom hoch zugeknöpften Hemdkragen eingeschnürt. Er hatte seinen unförmigen Körper so weit nach vorne gebeugt, dass das Hemd zwischen den Knöpfen nachgab und aufklaffte. Johans Augen wanderten zwischen Rita und den Kommissaren hin und her. Die Haut unter seiner Nase war feucht. »Sie begreifen vermutlich nicht, welchen Eindruck eine solche Behauptung auf uns macht.«
Eira sagte nichts. Er hatte die Arme verschränkt und wartete. Ließ sie
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