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Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Maschinenhaus und ging nach
vorn, um zu beobachten, wie das Herrenhaus in Sicht kam.
    Es regnete jetzt heftiger — große,
dicke Tropfen, die auf meiner Jackenkapuze landeten und meine Nase
entlangliefen. Die weiße Fassade des Herrenhauses verschmolz mit dem dichter
werdenden weißen Nebel. Ich fing an, Regen, Feuchtigkeit und Nebel zu hassen.
Ich konnte nur hoffen, daß das Wetter bis zu meiner Fahrt nach Antioch wieder
besser würde.
    Hinter mir schrie Denny: »Verdammt!«
    Ich drehte mich um. Das knirschende
Geräusch hatte sich beträchtlich verstärkt. »Was ist los?«
    »Keine Ahnung.«
    Das Geräusch wurde noch lauter. Dann
kam ein Ton, als risse Metall. Die Fähre brach aus, ruckte mehrmals und
beschrieb einen Halbkreis.
    Ich taumelte und klammerte mich an die
Reling. Die Schachtel entglitt mir. Ich wirbelte herum, um sie aufzufangen, und
verlor völlig den Boden. Ich stürzte auf das Deck, während die Fähre wieder
ruckte und drehte.
    Ehe ich versuchen konnte, mich auf die
Beine zu ziehen, rief Denny: »Bleiben Sie, wo Sie sind!«
     
     
     

18
     
    Ich gehorchte Denny und blieb auf dem
Deck sitzen. Er stellte den Motor ab, und plötzlich war es ganz still. Das
Rauschen des Wassers und das Klopfen der Regentropfen waren im Vergleich zu dem
Lärm, der geherrscht hatte, wie Musik. Die Fähre legte sich in die Strömung und
schien ein wenig abzutreiben.
    »Was ist passiert?« fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich das
wüßte. Hat mir einen schönen Schrecken eingejagt. Sind Sie in Ordnung?«
    »Ja. Es klang, als sei etwas mit dem
Kabel.«
    »Vielleicht. Ich weiß nicht, wie das
Seil funktioniert. Jedenfalls riskiere ich es nicht, die Maschine noch mal
anzulassen. Ich schwimme rüber und hole das Boot.«
    »Dafür wäre ich Ihnen natürlich sehr
dankbar. Wenigstens haben wir wieder einen Außenbordmotor.«
    »Der war eine Gelegenheit, und Steff
wird erst ein wenig an ihm herumbasteln müssen, ehe er läuft.«
    Denny ging zum Ende der Fähre, das zur
Insel wies, löste die Kette und glitt nach kurzem Zögern ins Wasser. Er schrie
laut: »O mein Gott!« und begann kraftvoll zu kraulen.
    Ich beobachtete ihn ein paar Sekunden,
dann blickte ich auf das Deck. Die Rechnungsformulare aus der Schachtel klebten
auf der feuchten Oberfläche. Ich sammelte sie ein. Neben dem Maschinenhaus lag
die Schachtel mit dem restlichen Inhalt, und der war trocken. Ich packte alles
zusammen, ergriff die Schreibmaschine und stand wartend am Fährenende, als
Denny mit dem Boot auftauchte. Mit vereinten Kräften brachten wir es
längsseits, und er konnte es kaum halten, während ich mit meinem Gepäck
einstieg. Als wir die Insel erreichten, war ich erstaunt, daß niemand zu unserem
Empfang gekommen war. Ich hatte gedacht, daß der ungewohnte Lärm, den die Fähre
gemacht hatte, die anderen aufgescheucht hätte, doch offensichtlich war auf
diese Entfernung der Lärm nicht so betäubend gewesen, und der Landeplatz war
unter Bäumen versteckt. Man konnte ihn nur von den Fenstern im zweiten Stock
aus sehen.
    Wir zogen das Boot an Land und
marschierten zur Auffahrt. Als wir oben ankamen, sagte ich: »Ich muß noch etwas
erledigen«, und schwenkte zu meinem Wagen ein.
    »Ich werde mich ordentlich heiß duschen
und was Trockenes anziehen«, rief Denny hinter mir her. »Lassen Sie mich den
anderen den Vorfall mit der Fähre erklären.«
    »Gern.«
    Ich holte die 38er aus der Tasche und
legte sie ins Handschuhfach, an das ich ein Spezialschloß hatte machen lassen. Die
Waffe war hier besser aufgehoben als im Haus, wo ich sie nicht sicher
verstecken konnte — vor allem nicht vor neugierigen Kindern. Bis jetzt war es
mir noch nie passiert, daß sie in falsche Hände geraten war.
    Nachdem ich den Wagen abgeschlossen
hatte, marschierte ich mit Schachtel und Schreibmaschine hinauf in mein Zimmer,
ohne einer Menschenseele zu begegnen. Die Schreibmaschine versteckte ich im
Schrank hinter meinem Koffer, die Schachtel kam unter die Matratze, wie Max das
auch getan hatte. Dann machte ich mich frisch und ging mit dem Zettel, auf den
Angela die Telefonnummer des Anwalts in Antioch geschrieben hatte, in die
Bibliothek, um zu telefonieren.
    Edward Peeples war aus dem Gericht
zurückgekehrt, und nachdem ich ihm erklärt hatte, daß ich nicht zu ihm kommen
könne, da ich keine Fahrmöglichkeit hatte, war er bereit, meine Fragen wegen
des Gebots am Telefon zu beantworten. Doch es war nicht viel, was ich erfuhr.
Das Gebot wurde von einem anderen

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