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Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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und überlegte:
Was, wenn das Versagen des Motors absichtlich zu einem strategisch
bedeutungsvollen Augenblick inszeniert worden war? Nämlich dann, wenn ein Sturm
aufzog und die Bewohner auf der Insel gefangengehalten würden? Wenn sie solche
Angst bekämen, daß sie die Insel endgültig aufgeben würden? Wer hätte das am
besten arrangieren können? Stephanie hatte selbst zugegeben, daß sie eine Menge
von Booten verstünde. Denny wußte über technische Dinge ziemlich gut Bescheid.
Seine Erklärung, daß er nicht wisse, wie die Fähre funktioniere, hatte etwas
dürftig geklungen. Ich erinnerte mich, wie ich sie zum erstenmal am Sonntag
morgen gesehen hatte, die beiden, als sie den Deich entlangspazierten, sich
offensichtlich streitend. Als ich etwas später die Küche betrat, sagte Denny
gerade zu Stephanie: »Es ist gefährlich, und ich werde nicht — «
    Was war gefährlich? Was wollte er nicht?
    »Glaubst du, du kannst die Winde
finden?« fragte Denny Stephanie.
    »Wenn eine da ist.«
    »Worauf warten wir dann noch?«
    An der Haustür klopfte es. Wir wandten
überrascht die Köpfe, und es dauerte einen Augenblick, bis Sam sich erhob, um
zu öffnen.
    Der Besucher war Benjamin Ma. Er trug
schweres Ölzeug und Stiefel. Er putzte sich die Stiefel. Er wollte nicht weiter
hereinkommen. »Ich kann nicht lange bleiben«, sagte er. »Ich möchte nur fragen,
wie es Ihnen geht und ob einer von der Insel mitgenommen werden will.«
    »Wie sind Sie hergekommen?« fragte Sam.
»Die Fähre — «
    »Mit dem Polizeiboot. Ich habe die
Fähre gesehen. Manchmal verklemmt sich das Seil bei diesem Wetter. Schade, daß
Max nicht da ist. Er wüßte, was zu tun ist.«
    Mit leichtem Bedauern gab ich meine
Sabotagetheorie auf. »Da wir von Max sprechen«, sagte ich, »gibt es etwas
Neues?«
    Ma schüttelte den Kopf. »Wie ich Ihnen
schon sagte, es kann lange dauern, bis die Leiche gefunden wird. Und offen
gestanden haben wir nicht genug Leute, um gründlich zu suchen. Wir haben mit
den durch das Wetter bedingten Problemen alle Hände voll zu tun.«
    Stephanie sagte: »Ich weiß, wie man die
Fähre an Land kriegt. Es ist eine Winde da, nicht wahr?«
    »Ja«, erwiderte Ma, »und in gutem
Zustand. Sie können sie sicherlich an Land ziehen, ehe der Sturm wirklich
schlimm wird.« Stephanie lächelte Denny triumphierend zu, und Denny rief: »Dann
los.«
    »Einen Augenblick noch«, sagte Ma. »Wir
erwarten einen ungewöhnlich heftigen Sturm. Wenn jemand von der Insel evakuiert
werden möchte, können wir ihn jetzt mit unserem Boot mitnehmen.«
    Das Wort »evakuieren« hatte einen
seltsamen Nachhall im Raum. Ich glaube, selbst ich wiederholte es in Gedanken.
    »Wie schlimm wird es werden?« fragte
ich.
    »Schwer zu sagen. Vielleicht so schlimm
wie vorletzten Winter.« Ich erinnerte mich an die Berichte in den Zeitungen und
im Fernsehen über die Zerstörungen. Patsy und Denny offensichtlich auch. Sie
sagten wie aus einem Mund: »O nein!«
    »Was raten Sie uns?« fragte ich.
    »Das liegt bei Ihnen. Ich kann nicht
für Sie entscheiden.« Er zögerte kurz. »Wenn Sie bleiben, wird es ziemlich rauh
hergehen. Aber Appleby Island und das Herrenhaus haben allem Unbill über
hundert Jahre standgehalten. Die Deiche sind fest und in gutem Zustand. Haben
Sie genug Essensvorräte?«
    »Ja«, antwortete Evans. »Konserven,
Trockengemüse. Einer von uns hat früher eine Farm besessen und eine Menge
Vorrat mitgebracht, der für mindestens einen Monat reicht.« Evans drückte Patsy
zärtlich.
    »Und wie steht’s mit dem Wasservorrat?«
    »Der Makler, der Neal die Insel
verkaufte, warnte uns, daß die Pumpe des Brunnens es nicht mehr lange machen
würde. Deshalb habe ich Trinkwasser für ein paar Wochen organisiert, weil wir
die Pumpe nicht sofort ersetzen lassen können.«
    »Ist ein Hilfsgenerator da?«
    »Ja.« Denny klang nicht sehr überzeugt.
Wahrscheinlich war der Generator im gleichen Zustand wie die Pumpe.
    Ma schien das auch zu denken, denn er
fragte: »Was ist mit Kerzen, Taschenlampen, Batterien?«
    »Ich kümmere mich darum.«
    »Und die medizinische Versorgung, Erste-Hilfe-Kasten?«
    »Ja«, sagte Patsy.
    »Ist ein Transistorradio da, damit Sie
den Wetterbericht hören können?«
    »Ja«, sagte Patsy wieder.
    »Und Sandsäcke? Falls es ein Leck im
Deich gibt?«
    »Denny und ich haben eine Ladung kommen
lassen«, erklärte Stephanie. »Und wir wissen, wie wir notfalls mit ihnen
umgehen müssen.«
    Ma sah leicht erstaunt aus. »Dann
sollte es wohl

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