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Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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mich jetzt wohl
übersetzen?« fragte ich dann. »Ach ja, Sie haben ja gesagt, daß Sie zur anderen
Seite wollen.« Er stand auf, machte den Joint aus und reichte mir die Hand, um
mich hochzuziehen.
    Auf der Überfahrt sprachen wir wenig,
weil sich Denny um den Motor kümmern mußte, der nicht regelmäßig lief. Drüben
angekommen, half mir Denny, die schwere Kette aufzuhaken. »Und was nun?« fragte
er.
    »Ich möchte mich in Max’ Hütte umsehen.
Es dauert nicht lange.«
    »Lassen Sie sich Zeit. Ich werde
inzwischen festzustellen versuchen, warum der Motor bockt.«
    Ich sprang von der Fähre und ging die
Zementrampe hinauf und auf die Hütte zu. Die Tür war immer noch nicht
abgeschlossen, aber die alte Bodenlampe brannte nicht, und es war stockdunkel
im Innern. Ich tastete mich an der Wand entlang, bis ich sie fand, und
schaltete sie ein. Der Raum sah genauso aus wie zwei Abende vorher, sogar das
Essen lag noch auf dem Tisch. Ich begann, umherzugehen und die Gegenstände zu
betrachten. In einer Ecke, hinter dem zusammengerollten Feldbett, stand ein
braun-weiß karierter Kasten wie der einer Reiseschreibmaschine. Ich starrte
darauf und versuchte, mich zu erinnern, ob er bei meinem ersten Besuch schon
dagewesen war. Es gelang mir nicht. Ich kniete davor nieder und öffnete ihn.
Eine Schreibmaschine kam zum Vorschein, wie ich und Tausende anderer Studenten
meiner Generation sie seinerzeit mit ins College genommen hatten. Die
Buchstaben waren verschmutzt, das Kohleband abgewetzt.
    Ich kramte in meiner Tasche und holte
den anonymen Brief von Sam und einen Notizblock hervor. Ich tippte ein paar
Buchstaben auf einen Zettel, den ich von ihm abriß, und verglich sie mit denen
in dem anonymen Schreiben. Sie stimmten genau überein.
    Ich ließ mich zu Boden sinken und
dachte verblüfft: Max — der Absender dieses Briefes? Max — so besorgt um Neal,
daß er seinen Bruder benachrichtigt? Das paßte irgendwie nicht.
    Nach ein paar Minuten stand ich auf und
machte mich an die gründliche Durchsuchung des Raumes. Ich fand nichts von
Bedeutung, bis ich das Feldbett öffnete. Zwischen zwei rauhen grauen Decken lag
eine kleine Pappschachtel, wie man sie erhält, wenn man sich bedrucktes
Briefpapier machen läßt. Ich trug die Schachtel zum Tisch und öffnete sie. Ein
Block mit dem billigen Schreibpapier, auf dem auch der anonyme Brief getippt
worden war, kam zum Vorschein. Dazu Umschläge, einfache und mit Fenster, und
Rechnungsformulare.
    Ich zog den Klappstuhl an den Tisch,
setzte mich und ging die Rechnungsformulare durch. Sie waren ungebraucht und
trugen verschiedene Briefköpfe: Ace Plumbing Supplies, Buy-Mor Paints und noch
viele andere. Ein Name stach mir besonders ins Auge: The Galleria. Das war das
Geschäft, in dem Patsy bei dem Besuch bei mir eingekauft hatte.
    Ich saß eine Weile da, spielte mit den
Formularen und ließ meine Gedanken wandern. Allmählich formte sich eine Idee,
vielmehr eine Vorstellung, wie die Geldunterschlagungen, die ich vermutete,
tatsächlich ausgeführt worden waren. Natürlich fehlten mir noch eine Menge
Details, vor allem, weil ich wenig von den Prinzipien der Buchhaltung verstand.
Aber deswegen machte ich mir keine Sorgen. Ich würde schon die richtige Hilfe finden,
um das zu klären.
    Was ich nicht begriff, war, wie Max ein
solches Unternehmen hatte durchziehen können. Oder warum seine Schreibmaschine
auch die Schreibmaschine war, auf der der anonyme Brief geschrieben wurde.
Falls er aus der nachlässigen Verwaltung der Finanzen der Insel Profit hatte
schlagen wollen — wieso hatte er dann auf der anderen Seite Sam gewarnt?
    Es klopfte an der Tür — Denny. Ich
stopfte die Rechnungsformulare in die Schachtel, klemmte sie mir unter den Arm
und ergriff im Hinausgehen den Schreibmaschinenkasten mit der Schreibmaschine.
    »Haben Sie gefunden, was Sie suchten?«
fragte Denny.
    »Schwer zu sagen, weil ich gar nicht
weiß, was ich hätte finden können. Haben Sie festgestellt, was mit dem Motor
nicht in Ordnung ist?«
    »Nein. Da weiß ich auch nicht, wonach
ich suchen soll. Ich kann es nicht feststellen.«
    Wir gingen auf die Fähre, und er ließ
den Motor an. Durch sein unregelmäßiges Tuckern rief er: »Da ist ein Geräusch —
hören Sie es?«
    Ich lauschte. Es war eine Art Knirschen
und konnte etwas mit dem Zugkabel zu tun haben. Doch die Fähre machte selbst
soviel Krach, daß Einzelheiten schwer zu unterscheiden waren. Ich zuckte die
Achseln, stellte die Schreibmaschine neben das

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