Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition)
vor. Nicht, dass es mir hier nicht gefallen würde, aber …“, würgend warf er sich ein Pfefferminz ein, „noch ein paar Minuten länger und ich kotze …“ Gequält begann er die Fugen der Deckenabhängung zu zählen. Die ehemalige Grundschulturnhalle sah seit ihrer Requierirung durch das ominöse KREMIUM vor acht Stunden, mittlerweile aus wie ein Sammellager für Altkörperteile – wenn es etwas in der Art überhaupt gab.
Zwölf Reihen á acht bis zehn Tische. Knapp 78 Stunden nach Millers erstem Auftauchen in der Hauptstadt konnte Noll sich über mangelnde Arbeit nicht mehr beschweren. 136 Leichen – bis jetzt. Und die Lieferung aus Wien war, in Folge eines schweren LKW-Unfalls auf Höhe des Aubing-Tunnels bei München bis dato noch nicht mal eingetroffen.
„Heureka!“, rief Noll in diesem Moment lautstark aus und schnippte den abgerauchten Zigarettenstumpen in Richtung des vorherigen. „Ich wusste, irgendwie komm ich euch schon auf die Spur!“ Triumphierend fuhr er herum. „Merk dir, Junge: der Weg zur Lösung liegt letztendlich immer im Blut! Im Blut, Emons – schön merken!“ Hektisch fuchtelte er mit dem linken Zeigefinger vor dessen Nase rum.
„Was genau soll ich mir denn daran merken? Um ganz ehrlich zu sein, versteh‘ ich das jetzt grad mal gar nicht!“ Sich mit einem großen Ausfallschritt nach hinten aus der näheren Gefahrenzone bringend, starrte Emons den Gerichtsmediziner bloß deutlich verwirrt an.
„Du sprichst in absoluten Rätseln!“, wiederholte er kopfschüttelnd und reichte ihm, in der Hoffung, dass es dann vielleicht besser würde, hastig seine Kippen vom Tisch rüber.
„Das Impfschemata!“, antwortete Noll und goss sich zu der neuen Zigarette auch gleich noch einen Schluck frischen Kaffee ein. „Wundstarrkrampf, TBC, Diphtherie, Keuchhusten, Pocken“, mit zittrigen Händen tastete er nach seinem Feuerzeug, „alles schön vorhanden, so wie’s sein soll …“ Er zwinkerte geheimnissvoll. „Jedoch“, ein kaum hörbaresZischen, gefolgt vom leisen Schlagen des Zündsteins, „danke“, er nahm einen tiefen Zug, „jedoch fehlen die im Westen ebenfalls gängigen Grundimunisierungen gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken!“ Zwei weitere kräftige Lungenzüge. „Weißt du, was das bedeutet, Junge?“ Sich entspannt zurück lehnend, blies Noll ein paar Tabakwölkchen in Richtung Decke.
„Na ja, keine Ahnung, Doc ...“ Nachdenklich kratzte sich Emons über den Schädel. „Vielleicht, dass wir es hier mit Aliens zu tun haben?“
„Keine Aliens, Herr Emons. Vielmehr bestätigt es, dass es sich bei unseren Freunden hier um leibhaftige Überbleibsel der DDR handelt!“, ertönte in diesem Moment eine markante Stimme hinter ihnen.
„Herr General!“ Emons fuhr herum.
„Herr Emons.“ Begleitet von starkem Zimtgeruch – zurückzuführen auf dessen neue Nikotinkaugummis – streckte Feling ihm die Hand hin.
„Ich selbst habe Herrn Doktor Noll heute Morgen den Auftrag gegeben, nach Hinweisen oder Auffälligkeiten dieser Art zu suchen!“
„Nachdem sämtliche andere Abgleiche bis dato erfolglos waren …“ Noll nickte ergänzend.
„Für diese Männer hier …“, mit verschwörerischem Unterton trat Feling näher, „hat es den Fall der Mauer vermutlich nie gegeben …“
„Wow …“ Emons schluckte. „Das heißt, die haben aus Scham über den Verlust von
Nudossi Naschi
3 kollektiven Selbstmord begangen – auf einem Containerschiff in Richtung Russland?“
„357 gezählte Einschusslöcher diverser Kaliber sehen für mich jetzt nicht unbedingt nach Selbstmord aus.“ Noll goss sich einen weiteren Kaffee ein. „Nudossi, ja?“ Feling sah Emons irritiert an. „Interessante Theorie. Wir sind jedoch schon ein paar Schritte weitergegangen.“ Er zückte sein Smartphone. „Mit dem von Doktor Noll etwaig geschätzten Alter und angesichts der traurigen Tatsache, dass es von unseren mysteriösen Toten hier weder Zahn-, Kranken-, Blut-, Armee noch sonstige brauchbare Unterlagen zu geben scheint, hatten wir nicht gerade viel zum Füttern unserer Computer. Aber dennoch gelang es uns das Netz in den letzten 60 Minuten zu verdichten – diversen aufwendigenQuerverweissuchen sei Dank. ...“ Geübt huschten seine Finger über das kleine, leuchtende Display.
„Hier ist es“, fuhr er dann nach ein paar Sekunden fort und drehte das Gerät so, dass Emons und Noll ebenfalls Einblick auf die Touchsreen nehmen konnten.
„Marcel Müller, Mandy Sahlbach, Kevin
Weitere Kostenlose Bücher