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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sarkey
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Gebrüll des ersten Schusses wie ein Stromstoß mit tausend Volt. Jede Zelle seines Körpers erwachte zum Leben, Adrenalin jagte durch seine Adern. Die Leute hatten ja keine Ahnung, wie laut diese Dinger waren – als würde Gott in die Hände klatschen. Für einen halben Herzschlag herrschte Stille, bevor weitere Explosionen folgten. Jack griff in den Overall, zog die Pistole und entsicherte sie, noch während er sich mit einer Hand auf dem Boden abstützte und seinen Körper herumriss.
    Zehn Meter weiter hinten stand Marshall in seiner falschen Uniform. Davor stolperte ein Monster auf zwei Beinen in Jacks Richtung, nur noch angetrieben von der Trägheit der Masse, mit einem blutigen Kloß als Kopf. Daneben fummelte ein dicklicher Typ im braunen Trainingsanzug an einer enormen Pistole herum. Ein dritter Mann, ein durchtrainierter Schwarzer, sprintete auf Marshall zu, den Oberkörper nach vorne geneigt, die Arme flach an den Seiten.
    Jack dachte nicht lange nach. Er hob einfach den Colt, peilte den Rücken des kackbraunen Trainingsanzugs an, zielte über Kimme und Korn und drückte ab. Die .45er riss seine Hand nach oben, und er ließ sich Zeit, ordentlich zu zielen, bevor er ein zweites Mal abdrückte. Die zweite Kugel schlug direkt neben der ersten ein, neunzig Kaliber purer Gewalt, die die Brust des Mannes nach außen drückten.
    Das übliche Geschrei setzte ein. Jack versuchte, den Krach zu ignorieren, das panische Quieken und die Pistolenschüsse und den Regen funkelnder Glasscherben aus der Schaufensterscheibe. Er suchte die Ruhe im Auge des Sturms. Wieder mal war alles schiefgegangen, genau wie damals, als sie dem Star das Geld abgeknöpft hatten. Es war ganz sicher nicht seine bevorzugte Art zu arbeiten, aber genau wie damals kam es darauf an, die Kontrolle über die Situation zu übernehmen. Man musste die Welt dem eigenen Willen unterwerfen, dann konnte einen nichts mehr aufhalten.
    Jack schwenkte den Arm zur Seite und versuchte, den Schwarzen ins Visier zu bekommen. Aber der Winkel war schlecht, und Marshall stand direkt hinter dem Typen – zu riskant. Marshall konnte schon auf sich aufpassen. Jack beschloss, Prioritäten zu setzen, und drehte sich um.
    Tom Reed kniete noch immer auf dem Boden, als wäre er zu Stein erstarrt. Sein Unterkiefer hing nach unten, eine Hand lag auf dem Reißverschluss. Die Tasche stand einen Spalt breit offen, und in ihrem Inneren entdeckte Jack ausgeblichenes Grün, das sich fast bis zum Rand stapelte. Das Geld, für das Bobby gestorben war.
     
    Oh nein oh nein oh nein oh NEIN!
    Anna hatte eine Hand auf dem Mund und die andere an der Stirn, wo sie gerade etwas Feuchtes getroffen hatte, etwas Feuchtes und Warmes, wie Spucke, als ob sich jemand geräuspert hätte und einen dicken, ekligen Klumpen auf ihre Stirn geschleudert hätte, nur dass es keine Spucke war, sondern Blut, Blut von dem Mann, den der Cop gerade erschossen hatte, mein Gott, den der Cop gerade erschossen hatte, also waren auch die Cops auf Jacks Seite, er hatte sie gekauft, und jetzt ging alles in die Brüche, noch mehr Schüsse, laute Schüsse, unglaublich laut, ihre Ohren dröhnten, während die warme Masse auf ihrer Stirn in ihre Augenbrauen sickerte, das Blut eines Fremden sickerte in ihre verdammten Augenbrauen, nein, das war nicht möglich, das durfte einfach nicht passieren. Sie waren doch gute Menschen, und gute Menschen hatten am Ende immer Glück, gute Menschen sorgten sich um Rechnungen und Hypothekenraten und Babys, und darum, wie schwer es manchmal war, einander zu lieben, weiter gingen ihre Sorgen doch nicht, aber trotzdem war sie hier, kurz davor, Zentimeter davor, alles zu verlieren, und sie spürte, wie sich etwas in ihr regte, etwas Dunkles, Unheimliches mit zerfetzten Schwingen, sie wollte den Mund aufreißen, um es herauszulassen, aber sie traute sich nicht, denn wenn sie einmal anfing, würde sie vielleicht nie mehr aufhören, sondern nur noch dastehen und schreien und schreien und schreien und schreien, nein, sie musste stark sein, sie musste stärker sein, und sie war es, und dann stand Jack auf und ging auf Tom los.
     
    Es überraschte Tom, wie ruhig er war – so ruhig, dass er alles genau mitverfolgen konnte. Er bewunderte, wie geübt Jack die Pistole zog, wie sorgfältig er zielte und feuerte, erneut zielte und feuerte, wie methodisch und planvoll er handelte. Der Cop, der Jack gewarnt hatte, versuchte, seine Waffe auf Andre zu richten, während dieser auf ihn zustürmte. Tom

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