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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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alles – da war noch etwas anderes. Die ganze Geschichte fühlte sich surreal an. Tom hatte die Orientierung verloren, er konnte nicht einordnen, was plötzlich mit ihm passierte. Aber er durfte nicht einfach aufgeben und alles mit sich machen lassen. Er durfte nicht einfach darauf hoffen, dass alles irgendwie gut gehen würde.
    Wieder erschien Andres Lächeln vor seinem inneren Auge, die feuchten Lippen, die weißen Zähne. Tom stand auf und ging den Flur hinunter, während er sich krampf haft am Hals kratzte.
    Also gut. Nochmal von vorne. Drehen wir noch eine Runde.
    Die Drogen waren nicht hier. Und er hatte keinen blassen Schimmer, wo sie versteckt sein konnten. Schlimmer noch, er hatte sich selbst in die Enge getrieben, indem er den Einbruch nicht erwähnte – das kam davon, wenn man zu schlau sein wollte. Damals hatte er es für eine hervorragende Idee gehalten, aber wenn er jetzt die Wahrheit sagen wollte, würde er sich bloß lächerlich machen. Sorry, bei uns wurde vor ein paar Tagen eingebrochen. Ach, hatte ich das gar nicht erwähnt?
    Zudem hatte Tom nichts gefunden, was er als Alternative anbieten konnte: Ein paar Streichholzbriefchen und die Telefonrechnung vom letzten Monat würden ihnen sicher nicht den Hals retten. Er konnte dem Mann im Anzug nichts bieten, das ihn zufriedenstellen würde.
    Moment mal. Doch, natürlich konnte er das. Im Keller lagen dreihunderttausend Dollar, ordentlich verpackt in einer Sporttasche. Tom stand vor dem Erkerfenster und blickte hinunter auf die Straße. Ja, das Geld war eine Möglichkeit.
    Aber was passierte, wenn man einem Killer einen Sack Geld überreicht hatte? Vielleicht würde er sie einfach erschießen, um seine Spuren zu verwischen. Oder er würde lächeln, sich nett bedanken und gehen. Woher sollte Tom das wissen? In dieser Welt kannte er sich nicht aus.
    Doch was war die Alternative? Es gab keine.
    Tom trat auf den Hausflur, hinaus aus dem schwachen Rauchgeruch, und stieg die Treppe hinauf. Seine Beine waren schwer von den Anstrengungen der letzten Stunden. Als er die Wohnungstür aufsperrte, wurde er von einem kurzen Piepen überrascht – die neue Alarmanlage! Gut, dass Anna ihm den Code auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hatte. Tja, dachte Tom, während er die Nummer eintippte, gestern habe ich tatsächlich noch geglaubt, dieses Ding könnte uns beschützen. In der Küche goss er sich ein Glas eiskaltes Wasser ein und trank es in langsamen Schlucken. Ihm war klar, dass er die Sache nur hinauszögerte. Aber vielleicht würde ihm ja noch eine andere Möglichkeit einfallen.
    Nichts fiel ihm ein. Bei einem Roastbeef-Sandwich im Mr. Beef hatte sich übergangslos sein gesamtes Leben verändert. Er war ein Amateur, der bei einem Spiel mitmischte, dessen Regeln er nicht kannte – mit einer Ausnahme: Wenn er zu lang wartete, würde der Mann im Anzug zurückkehren, ein paar Geschichten über Dschingis Khan erzählen und alles in Gefahr bringen, was Tom liebte.
    Er stellte das Glas ab, kramte die Visitenkarte aus der Schublade, griff nach dem Telefon und wählte. Schon nach dem ersten Freizeichen sprang die Mailbox an. Während er der tiefen, ruhigen Stimme auf dem Band lauschte, sagte Tom sich immer wieder, dass er das Richtige tat. Oder zumindest das Beste, was ihm einfiel.
    Endlich ertönte der Piepton. »Detective Halden? Hier spricht Tom Reed. Ich habe nochmal darüber nachgedacht, was Sie neulich gesagt haben, kurz bevor Sie gegangen sind. Wir müssen miteinander reden. Bitte rufen Sie mich so schnell wie möglich an.« Tom hinterließ seine Handynummer, legte auf und stützte sich mit den Ellbogen auf die Theke, den Kopf in den Händen. Wie sollte er seiner Frau erklären, dass er ihre Träume zerstören musste, um ihr Leben zu retten?
     

11
     
    Den Einrichtungsstil des Kaze hätte Tom als »Zen im Weltraumzeitalter« bezeichnet: weiße Wände, weiße Tische, weißes Licht, minimalistische Teller und Gläser. Die Flasche Sake, die sie bestellt hatten, hatte die Kellnerin in eine äußerst unkonventionelle Karaffe umgegossen, eine Kreuzung aus Vase und Wasserpfeife. Tom machte sich nicht viel aus Sushi, aber Anna hätte man unter dem Zeug begraben können – sie hätte sich lächelnd wieder herausgefuttert. Und heute Abend konnte er in Sachen Lächeln jede Unterstützung gebrauchen.
    Beziehungsweise würde er jede Unterstützung gebrauchen können, sobald er sich dazu aufgerafft hatte, zu sagen, was gesagt werden musste. Nach dem Anruf bei

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