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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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Trockner, vorbei am Ofen, bis zur Holzverkleidung vor dem Kriechkeller. Als er sich umschaute, stand Jack hinter ihm.
    Jacks Anblick riss ihn mit Gewalt zurück ins Hier und Jetzt, zurück in seinen Körper. Tom starrte auf die breiten Schultern, die angespannten Muskeln, die Pistole in der ruhigen Hand. Jack wirkte, als wäre er ganz bei sich. Als würde er einfach nur seinen Job machen. »Meine Frau und ich«, fing Tom an, »wir versuchen, ein –«
    »Lass es.« Jack verengte die Augen. »Wo ist mein Geld?«
    Tom schluckte. Bittere Galle juckte ihn in der Nase, in der Kehle. »Da drinnen.« Er zeigte auf die Abdeckung. »In einer Sporttasche.«
    »Hol’s raus.«
    Tom atmete tief ein. Vielleicht würde gleich alles vorbei sein. Vielleicht würde Jack Witkowski nehmen, was ihm gehörte, und seiner Wege gehen. Vielleicht konnten sie in ihr altes Leben zurückkehren, mit den Rechnungen und dem Stress in der Arbeit, mit den gemeinsamen Abendessen und den alten Serien im Fernsehen, mit den ganzen albernen Augenblicken, die den Tag, die das Leben ausfüllten. Mit den ganzen Kostbarkeiten, die sie schon hatten aufgeben wollen.
    Er trat einen Schritt vor, fasste die Holzverkleidung an der Kante, hob sie ab und lehnte sie gegen die Wand. Ein modriger Geruch stieg aus der Dunkelheit auf. Tom kniete sich hin und griff hinein, suchte nach dem Gurt der Tasche. Nichts. Er klopfte den Schacht ab. Seine Hand stieß gegen Metallrohre, wirbelte Staubwolken auf. Er lehnte sich bis zur Schulter hinein und tastete in beide Richtungen. Vielleicht hatte er sie weiter reingeschoben, als er sich erinnerte. Aber da war nichts.
    Tom duckte sich und spähte in die finstere Kammer. Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er ein paar Häufchen weißen Gipsstaub, einige verwaiste Spinnweben und die undeutlichen, feuchten Umrisse der Rohre. Aber keine Sporttasche. Sie war einfach nicht da. Er starrte in die Leere und versuchte, es zu begreifen.
    Der Einbruch , dachte er auf einmal. Aber nein – nachdem die Cops gegangen waren, hatten Anna und er als Erstes nachgesehen, ob das Geld noch da war.
    Die Erde kam zum Stillstand. Tom kauerte auf dem Boden, den Kopf noch immer im Kriechkeller, wie ein kleines Kind, das sich verstecken will. Ein Teil von ihm betete, dass die Bedrohung in seinem Rücken einfach verschwinden würde, wenn er nicht hinschaute.
    Dann hörte er Jacks Stimme. »Leg dich hin und streck die Hand aus.«
     
    Der Körper des Typen versteifte sich. Zivilistenidiot, dachte Jack. Bei den meisten Männern reichte ein ordentlicher Schlag in die Nieren, um ihnen klarzumachen, wo’s langging. Nicht so bei diesem hirnrissigen Hurensohn. Der dachte immer noch, er könnte Ansprüche stellen.
    Jack zog den Hahn zurück. Das Klicken hallte laut von den Kellerwänden wider.
    »Nein, nicht, bitte nicht!« Tom Reed wirbelte auf den Knien herum und schlug die Hände vors Gesicht. Jetzt wirkte er wirklich verzweifelt. Jetzt strahlte er diese tierische Panik aus, jetzt irrten seine Augen umher, wie es sich gehörte. »Es war hier!«, rief er. »Ich schwöre, es war hier!«
    »Leg dich hin«, wiederholte Jack, »und streck den Arm aus.«
    »Wir wurden ausgeraubt«, platzte es aus Tom heraus, »Anfang der Woche. Damals haben sie das Geld nicht gefunden, aber anscheinend sind sie zurückgekommen. Bestimmt ist ihnen eingefallen, dass sie den Keller übersehen hatten, und wir haben nichts davon gemerkt, weil sie nicht oben waren, aber sie waren hier, und –«
    »Tom.« Jack sprach betont langsam. »Was denkst du, wer ist in dein Haus eingebrochen?« Er schüttelte den Kopf. »Wenn dir die harte Tour lieber ist, machen wir’s eben auf die harte Tour. Und jetzt leg dich bitte auf den Boden.«
    Einen ausgedehnten Moment lang starrte ihn der Typ einfach nur an, während alle Farbe aus seinem Gesicht wich und tausend Ängsten Platz machte. Es gab nichts Furchteinflößenderes als die Monster, die man im eigenen Kopf erschuf  – und trotzdem schien der Kerl noch immer Einwände erheben zu wollen. Jack bewegte die Pistole von Toms Nase zu seinem Bauch. »Jetzt.«
    Langsam legte sich Tom Reed auf den schmutzigen Boden. Er brachte die Knie nach vorne, stützte sich hinten auf den Ellbogen ab und hielt diese Position für eine Sekunde, bevor er auf den Rücken sank und den Arm ausstreckte. Seine Augen schienen die Decke durchbohren zu wollen.
    Jack schob den Hahn der 1911 nach vorne, hielt sie aber weiter auf den Magen des Typen

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