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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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Jack sah, wie sehr es ihm wehtat, diese Möglichkeit überhaupt in Betracht zu ziehen. »Werden Sie dann das Geld nehmen und gehen?«
    »Sag mal, bist du eigentlich spielsüchtig oder so?«
    »Was?«
    Jack leerte das Bier in einem langen Zug. »Ich meine, du besitzt ein Haus in einer Gegend, die eine halbe Million wert ist.« Er legte die Dose auf den Boden und stampfte sie zu einer Scheibe. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Tom Reed zusammenzuckte. Lächelnd bückte er sich und steckte die platte Dose in die Tasche. »Du hast einen Job, der ordentlich Kohle bringt, und eine hübsche Frau.«
    »Und?«
    »Ich frage mich einfach: Warum solltest du dir das Geld unter den Nagel reißen?« Er machte eine Pause und blickte dem Typen direkt in die Augen. »Das interessiert mich wirklich. Was willst du«, er umfasste den Raum mit einer Geste, »was du nicht schon hast?«
    »So einfach ist das nicht.«
    »Warum nicht?«
    Tom schüttelte den Kopf und schwieg.
    »Okay, klar ist so was verlockend. Geld ist immer verlockend. Aber du hast doch gewusst, dass es nicht so läuft in der Welt, oder? Zumindest irgendwo ganz tief drinnen? Ich meine, eine Tasche voller Geld! Ich bitte dich!«
    »Wir …« Der Typ zögerte. »Wir wussten nicht, woher das Geld stammt. Wir dachten, es hat ihm gehört. Dass er es gespart und den Banken nicht getraut hat.«
    »Und dann wäre alles in Butter gewesen?«
    »Er war tot. Wir haben doch niemandem geschadet.«
    »Das ist das Problem mit euch Leuten!« Jack ließ die Finger knacken. »Ich will ja nicht behaupten, dass ich es nicht genommen hätte. Natürlich hätte ich es genommen. Ich habe es genommen, um genau zu sein. Aber ich hab mir dabei nicht eingeredet, dass ich niemandem schade. Ich wollte es, also habe ich es mir genommen. Verstehst du, was ich damit sagen will?«
    »Nein.«
    »Lass es mich anders ausdrücken.« Jack legte den Kopf schief. »Glaubst du wirklich, dass das alles im Grunde gar nicht deine Schuld ist?«
    Tom öffnete den Mund – und schloss ihn wieder. Der Augenblick dehnte sich aus, bis Jack spürte, wie sein Handy vibrierte. Er zog die .45er. »Mach keinen Scheiß. Okay?«
    Der Typ deutete ein vages Nicken an.
    Jack klappte das Handy auf und las die SMS.
     
    Anna setzte den Blinker und wartete, bis ein weißer Kleinlaster vorbeigefahren war, bevor sie den Rückwärtsgang einlegte, scharf einschlug und in die enge Lücke steuerte. Ehe sie in die Stadt gezogen war, war ihr rückwärts Einparken wie eine mysteriöse Zauberkunst erschienen – jetzt beherrschte sie es im Schlaf.
    Die Frühlingssonne glitzerte auf dem Gehsteig, in den kleinen Blumenbeeten am Straßenrand öffneten sich die Blüten. Ein roter BMW kontrastierte hübsch mit der Explosion weißer Tulpen dahinter, ein Stückchen weiter ließ ein blühender Busch die Zweige auf einen schwarzen Honda mit laufendem Motor hängen, dessen Fahrer gerade an seinem Handy herumfummelte. Anna spazierte gemütlich die Straße entlang und dachte über den Klang von Toms Stimme nach, als er gemeint hatte, dass sie ins Hotel gehen würden. Besorgt hatte er nicht geklungen – eigentlich ganz im Gegenteil. Als ob er ein Problem gelöst hätte, dass ihn bereits einige Zeit umgetrieben hatte, und nun feiern wollte. Was konnte das bedeuten?
    Egal, im Hotel zu übernachten wäre auf jeden Fall nett. Früher hatten sie zur Abwechslung öfters in ein Hotel in der Innenstadt eingecheckt – quasi ein Urlaub in der Heimatstadt, samt kuscheligen Bademänteln und Swimmingpool. Das letzte Mal war Jahre her. Anna freute sich darauf.
    Sie stieg die Vortreppe hinauf und kramte ihre Schlüssel heraus, während sie wie immer einen Blick in den Brief kasten warf – schon wieder nichts, so langsam wurde das lächerlich. Vielleicht sollte sie ihren grünen Bikini mit dem blauen Blumenmuster einpacken; dazu dann Zimmerservice und ein guter Film im Pay-TV …
    Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, und ein massiger Schemen stürzte auf sie zu – ein Mann, wie sie noch erkannte, als sie die Hände hochriss. Dann hatte er sie auch schon gepackt, mit Fingern wie Stahlklauen, und zog sie ins Innere. Anna stolperte über ihre eigenen Füße und ging fast zu Boden, während er sie halb zerrte, halb schubste, bis sie in der unteren Wohnung landete. Sie stolperte drei oder vier Schritte nach vorne, um ihr Gleichgewicht zu finden, und wollte gerade den Mund öffnen, um zu schreien, als sie Tom sah – Tom, der versuchte, sich aus Wills altem Sessel

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