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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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Gewalt.
    Piep.
    »Stell den Alarm ab«, sagte Jack.
    »Okay«, antwortete Anna und trat zur Bedienkonsole. »Ich stell ihn ab. Bitte, tun Sie ihm nichts.« Ihre Finger huschten über die Knöpfe, und das Piepen verstummte.
     
    Marshall fuhr im Sitz nach oben, eine Hand auf der Schrotflinte, die andere am Türgriff. Er beugte sich mit leicht geöffneten Lippen vor und wartete gespannt. Im Ohr eines Zivilisten hätte es alles Mögliche sein können, ein Feuerwerkskörper vielleicht oder die Fehlzündung eines Lasters. Aber er wusste, womit er es zu tun hatte. Marshall lauschte nach dem zweiten Schuss.
    Nichts. Nachdenklich sog er die Luft zwischen den Zähnen ein und blickte die Straße hinunter. Nur ein Schuss. Merkwürdig. Eigentlich hatte der Plan so ausgesehen: Jack sackt das Geld ein, sagt den beiden, dass sie sich auf den Boden legen sollen, und jagt ihnen jeweils eine Kugel in den Kopf. Nichts Persönliches, aber so war das nun mal, wenn es ums Geschäft ging.
    Vielleicht hatte Jack einen umbringen müssen, damit der andere kooperierte. Marshall lehnte sich zurück. Ein einzelner Schuss würde nicht gleich die Cops anlocken. Ein zweiter und dritter wahrscheinlich auch nicht. In so einer Gegend gingen die Leute nie vom Schlimmsten aus.
    Trotzdem. Wenn doch etwas schiefgelaufen war? Wenn es Tom oder Anna gelungen war, Jack die Waffe abzunehmen oder die Bullen zu rufen? Dann parkte er hier in Will Tuttles ehemaliger Straße, mit einer illegalen Schrotflinte auf dem Schoß. Dabei stand er ohnehin schon ganz oben auf der Fahndungsliste. Keine gute Idee. Das Schlauste wäre, einfach abzuhauen. Aber da drinnen, in diesem Haus, war das Geld, Marshall wusste es, er hatte es im Gefühl. Wenn er jetzt die Fliege machte, hatte er seinen Anteil verspielt.
    Er schüttelte eine Zigarette aus der Schachtel und drehte sie zwischen den Fingern. »Mach schon, Jack«, sagte er. »Mach schon.«
     
    Jacks rechter Arm brannte, die Hitze kam und ging im Rhythmus seines Herzschlags. Scheiße! Ohne die Pistole von Toms Kopf zu nehmen, drehte er den Arm, um den Schaden zu begutachten. Das sah nicht gerade gut aus – ein hässlicher Schnitt, mehr als zehn Zentimeter lang, quer über die Vorderseite seines Unterarms. Die Haut warf Falten und zog sich zurück, legte rosa Gewebe frei, das Blut floss in Strömen, und wenn er die Finger bewegte, verkrampfte sich seine ganze Wirbelsäule.
    Woher hatte der Hurensohn nur das Messer? Wenn es vorhin nicht in der Hosentasche hängen geblieben wäre … Auf einmal hatte Jack ein Gefühl, als hätte er irgendwas übersehen. Aber er kam nicht drauf. Egal. Keine Zeit für so was. Er musste die Situation unter Kontrolle bringen. »Also«, sagte er.
    »Es ist im Lüftungsschacht«, antwortete Anna.
    »In welchem?«
    »In der Küche.«
    Jack nickte und stand vorsichtig auf. Tom ließ er nicht aus den Augen. »Gehen wir.« Er rang den Schmerz nieder. Sollten sie doch denken, dass er unverwundbar war, dass er stärker war, als sie es sich vorstellen konnten. Angst war gut. Gleichzeitig versuchte er, die neue Situation zu analysieren und aus jedem Blickwinkel zu betrachten. Den Schuss musste die ganze Straße gehört haben – also auch Marshall. Würde er abhauen?
    Wenn ja, dann war er eben weg. Eins nach dem anderen. Die Abdeckung des Lüftungsschachts lag ziemlich weit oben, knapp unter der drei Meter hohen Decke. »Schraubenzieher?«
    Tom schwieg, aber seine Frau war schlauer. »Im Werkzeugkasten ist ein Akkuschrauber.«
    Der Werkzeugkasten. Das war es. Jack hatte ihn unten im Flur bemerkt. Daher hatte Tom also das Messer. Dabei hatte er so verängstigt gewirkt, dass Jack ihn als Weichei abgeschrieben hatte. So konnte man sich irren – anscheinend besaß der Kerl doch so was wie Rückgrat.
    Bleib bei der Sache. »Und hier oben?«
    Anna zögerte. »In der Küchenschublade ist ein normaler Schraubenzieher.«
    »Hol ihn. Aber schnell.«
    Sie nickte und ging rückwärts zur Theke, die Augen ununterbrochen auf Jack gerichtet.
    Eine attraktive Frau, und offenbar ziemlich intelligent. Wirklich jammerschade. Jack blickte zwischen ihr und Tom hin und her, während das Adrenalin durch seinen Körper schwappte. Er spürte einen leichten Schmerz in den Zehen und eine Hitze unter den Achselhöhlen. Die Geräusche der Stadt drangen durchs Fenster – das Bellen eines Hundes, Sirenen in weiter Ferne. Er war hellwach. »Du«, sagte Jack zu Tom. »Zieh den Tisch rüber zur Wand.«
    Tom verzog das Gesicht, fasste

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