Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
unter den Arm zu klemmen, als wäre er ein Football, und von hier fortzulaufen. Natürlich verfügte er über Zähne und Krallen und könnte Einwände haben. Außerdem benötigten wir für die bevorstehende Suche unbedingt seine freiwillige Kooperation, und er könnte geneigt sein, diese Freiwilligkeit zu verweigern, wenn ich ihn wie einen Sportartikel behandelte, auch wenn ich nicht beabsichtigte, ihn per Fußtritt nach Wyvern zu befördern.
    Da ich nunmehr gezwungen war, mir das viktorianische Haus etwas näher anzusehen, bemerkte ich, daß es einen gewissen Twilight-Zone-Touch hatte. Im oberen Stockwerk befanden sich Räume, die nur vom flackernden Licht einiger Fernseher erhellt wurden - an der Herkunft dieses pulsierenden Strahlens bestand kein Zweifel. Die zwei rückwärtigen Räume im Erdgeschoß - vermutlich die Küche und das Eßzimmer - waren in den orangefarbenen, luftzugbewegten Schein von Kerzen oder Öllampen getaucht.
    Unser Indianerscout mit Schwanz sprang plötzlich auf und rannte auf das Haus zu. Unerschrocken stürmte er die Stufen hinauf und verschwand im Schatten der Veranda.
    Vielleicht besitzt Mr. Rumpelmauser, der phänomenale Felide, ein ausgeprägtes Verantwortungsbewußtsein für seine Mitbürger. Vielleicht ist sein moralischer Kompaß so exakt ausgerichtet, daß er einfach keinem Hilfsbedürftigen den Rücken zuwenden kann. Ich vermute jedoch, daß seine stärkste Antriebskraft lediglich die allgemein bekannte Neugier seiner Spezies war, die ihr auch so häufig zum Verhängnis wurde.
    Wir Menschen blieben noch einen Moment lang im Halbkreis hocken, bis Bobby sagte: »Täusche ich mich, oder meint ihr auch, daß die Sache stinkt?«
    Eine formlose Meinungsumfrage ergab, daß eine hundertprozentige Zustimmung für diese Ansicht herrschte. Zögernd und verstohlen folgten wir Rumpelmauser auf die Veranda, wo er hartnäckig an der Tür kratzte.
    Die vier Glasscheiben in der Tür erlaubten uns einen ungehinderten Blick in eine Küche, die samt allem Brimborium so viktorianisch war, daß es mich nicht im geringsten überrascht hätte, hier auf Charles Dickens, William Gladstone und Jack the Ripper beim Teetrinken zu stoßen. Der Raum wurde durch eine Öllampe auf dem ovalen Tisch beleuchtet, als würde sich hier ein XP-Kollege von mir aufhalten.
    Sasha ergriff die Initiative und klopfte. Niemand antwortete.
    Rumpelmauser kratzte weiterhin an der Tür.
    »Wir haben verstanden«, sagte Bobby zu ihm.
    Sasha probierte den Knauf, der sich prompt drehen ließ.
    Wir hofften, durch einen vorgeschobenen Riegel aufgehalten zu werden, doch zu unserer Bestürzung stellten wir fest, daß die Tür unverschlossen war. Sie öffnete sich ein paar Zentimeter weit.
    Rumpelmauser zwängte sich durch den engen Spalt und verschwand im Innern des Hauses, bevor Sasha irgend etwas dagegen unternehmen konnte.
    »Tod, viel Tod«, murmelte Roosevelt, der offensichtlich gerade mit dem Mäusejäger kommunizierte.
    Es hätte mich nicht überrascht, wenn Dr. Stanwyk an der Tür erschienen wäre: in einem Bioschutzanzug wie dem, den Hodgson getragen hatte, das Gesicht von widerlichen Parasiten wimmelnd und mit einer weißäugigen Krähe auf der Schulter. Dieser Mann, der früher einmal einen weisen und - wenn auch etwas exzentrischen - Eindruck auf mich gemacht hatte, erhob sich nun wie ein Schreckensbild aus meiner Phantasie, wie der ungeladene Gast in Poes Die Maske des roten Todes.
    Roger und Marie Stanwyk, die ich seit Jahren kannte, waren ein merkwürdiges, aber nichtsdestotrotz glückliches und verträgliches Ehepaar Anfang fünfzig. Er trug Koteletten und einen üppigen Schnurrbart und trat nur selten anders als in Anzug und Krawatte auf. Man konnte spüren, daß er sich liebend gern mit Stehkragen und einer Taschenuhr samt Kette ausgestattet hätte, sich aber bewußt war, daß eine solche Aufmachung für einen anerkannten Wissenschaftler als zu exzentrisch betrachtet worden wäre. Dennoch gestattete er sich des öfteren, kuriose Westen zu tragen, und er widmete einen beträchtlichen Teil seiner Zeit der Beschäftigung mit seiner Sherlock-Holmes-Pfeife, die er ständig mit Stopfer und Löffel bearbeitete. Marie, eine Matrone mit rosigen Pausbäckchen, sammelte kunstvoll gestaltete alte Teewagen und Feengemälde aus dem 19. Jahrhundert. Ihre Kleidung zeigte, daß sie das 21. Jahrhundert zähneknirschend akzeptiert hatte, wobei sie aber dennoch eine deutliche Vorliebe für Schnürschuhe, Turnüren und Sonnenschirme an den

Weitere Kostenlose Bücher