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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Jahrhundert sprang und sich in das angenehmere Zeitalter von Sir Arthur Conan Doyle und Lord Chesterfield drängte.
    Rumpelmauser, der sich von diesem Übermaß morbiden Dekors offenbar nicht im geringsten beeindrucken ließ, stand im unbeständigen Licht, das durch die offene Tür des letzten Zimmers auf den Korridor pulsierte, und starrte konzentriert über jene letzte Schwelle. Dann zeigte er plötzlich doch eine Regung: Er machte einen Buckel, und seine Haare sträubten sich, als wäre er der Intimus einer Hexe und hätte soeben beobachtet, wie der Teufel höchstpersönlich einem blubbernden Kessel entstieg.
    Obwohl ich waffenlos war, wollte ich Sasha nicht schon wieder als erste durch eine Tür gehen lassen, denn ich war davon überzeugt, wer das nächste Zimmer betrat, würde hinweggefegt oder wie Stangensellerie im Küchenmixer zerstückelt werden. Sofern die letzten vier Leichen nicht auf eine Weise mutiert waren, die durch ihre Kleidung verborgen wurde, hatten wir bislang keinen weiteren Flüchtling von der Insel des Dr. Moreau gesehen, so daß die nächste unheimliche Begegnung der angstschweißtreibenden Art mehr als überfällig war. Ich war in Versuchung, Rumpelmauser hochzuheben und in den vor uns liegenden Raum zu werfen, um einen potentiellen Angriff auf ihn zu lenken, doch dann rief ich mir ins Gedächtnis, daß wir den Mäusejäger noch in Wyvern brauchten, falls jemand von uns hier überlebte. Und selbst wenn er unbeschadet auf den Füßen landete, würde er sich vermutlich der großen, altehrwürdigen Felidentradition verpflichtet fühlen und sich fortan äußerst unkooperativ verhalten.
    Also marschierte ich am Kater vorbei und überschritt ohne irgendwelche Sperenzchen und nur von Adrenalin und Improvisationstalent getrieben die Schwelle, um kopfüber in einer weiteren Flut von Viktoriana zu landen. Sasha war dicht hinter mir und flüsterte meinen Namen mit hörbarer Enttäuschung, als wäre sie ernsthaft sauer, weil ich ihr die letzte Gelegenheit genommen hatte, in diesem sentimentalen Wunderland des filigranen Potpourris zu Tode zu kommen.
    Inmitten einer visuellen Kakophonie aus Chintz, einem Blizzard aus Krimskrams, präsentierte ein Fernsehbildschirm die niedlichen Zeichentrickkreaturen, die durch das Reich des Königs der Löwen tollten. Die Marketingexperten von Disney sollten daraus ein dickes Geschäft machen und eine Special Edition des Films für die tödlich Verzweifelten auf den Markt bringen, für verschmähte Liebhaber und launische Teenager, für Börsenmakler, die einen neuen Schwarzen Freitag heraufziehen sehen; sie sollten das Video oder die DVD zusammen mit einem schwarzen Seidentuch verkaufen, mit Schreibblock und Stift für die letzten Worte des Selbstmörders und natürlich einem Blatt mit den Songtexten, damit die Lebensüberdrüssigen die wichtigsten Musikeinlagen mitsingen können, bis das Gift zuschlägt.
    Zwei Leichen, Nummer zehn und elf, lagen auf der weichen Chintztagesdecke, aber sie waren nicht so interessant wie die verhüllte Gestalt des Todes, die neben dem Bett stand.
    Der Schnitter, ausnahmsweise ohne die übliche Sense, beugte sich gerade über die Verstorbenen und drapierte sorgsam schwarze Seidentücher über deren Gesichter, zupfte hier einen Fussel fort, glättete dort eine Falte im Stoff - eine verblüffende Pingeligkeit für den finstren Tyrannen der Hölle, wie Alexander Pope ihn genannt hat. Andererseits weiß jeder, der es in einem Beruf zur höchsten Vollendung gebracht hat, daß vor allem die Details niemals vernachlässig werden dürfen.
    Auch war er kleiner, als ich mir den Tod bislang vorgestellt hatte, kaum größer als eins siebzig. Und er war deutlich korpulenter als in der populären Vorstellung, obwohl sein augenscheinliches Gewichtsproblem nur eine Illusion sein mochte, lediglich die Schuld des zweitklassigen Schneiders, der ihn in eine zu weite Kutte gesteckt hatte, die seiner Figur ganz und gar nicht schmeichelte.
    Als er bemerkte, daß er Gesellschaft bekommen hatte, drehte er sich langsam zu uns um, und nun zeigte sich, daß er doch nicht der Tod, der Herr aller Würmer war. Es handelte sich lediglich um Father Tom Eliot, den Priester der katholischen Kirche St. Bernadette, was auch erklärte, warum er keine Kapuze trug; die Kutte war in Wirklichkeit eine Soutane. Da mein Geist ständig von Lyrik durchweht wird, fiel mir ein, wie Robert Browning den Tod beschrieben hatte - .den bleichen Priester des stummen Volkes. ., was auf diesen

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