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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Implosion hätte erinnern sollen. Der Geistliche stieß ein Heulen aus, das zwischen Wut und Trauer zu oszillieren schien, und obwohl es nicht so laut wie sein vorheriges Geschrei war, kam es mir noch erschreckender vor, weil es so völlig hoffnungslos klang. Zu dieser markerschütternden Klage schlug er sich immer wieder mit der rechten Faust ins Gesicht, aber auch mit der deformierten Hand, die nur entfernt einer Faust ähnelte. Er schlug so heftig zu, daß er sich dabei die Nase zertrümmerte und die Lippen von den Zähnen blutig gerissen wurden.
    Sasha flehte ihn immer noch an, obwohl sie hätte erkennen müssen, daß Father Tom Eliot für sie nicht mehr zugänglich war, daß niemand auf dieser Welt ihm jetzt noch helfen konnte Als wollte er sich selbst den Teufel austreiben, krallte er die Fingernägel tief in die Wangen, und mit den Scheren schnappte er nach seinem rechten Auge, als wollte er es sich ausreißen.
    Plötzlich wirbelten Federn durch die Luft und umtanzten den Priester. Ich war vorübergehend verblüfft und verwirrt, bis mir bewußt wurde, daß Sasha die .38er abgefeuert hatte.
    Das Kissen konnte den Schuß nicht vollständig gedämpft haben, aber ich hatte nichts außer Father Toms Geheul gehört, das sich mir in den Schädel bohrte.
    Der Priester zuckte unter dem Treffer zusammen, ging aber nicht zu Boden. Er hörte weder mit dem Geheul noch mit der Selbstzerfleischung auf. Den zweiten Schuß hörte ich dann - wump - und den dritten auch. Tom Eliot brach zusammen, lag zuckend auf dem Boden und zappelte kurz mit den Beinen, als wäre er ein Hund, der im Schlaf auf Hasenjagd ging. Dann rührte er sich nicht mehr. Er war tot. Sasha hatte ihn von seinen Qualen erlöst und gleichzeitig, vor der Selbstzerstörung bewahrt, die nach seiner Überzeugung die ewige Verdammnis zur Folge gehabt hätte.
    Seitdem der Priester den Stuhl nach Roosevelt und den Frisierschemel nach Sasha geworfen hatte, war soviel geschehen, daß ich kaum glauben konnte, daß Elton John immer noch .Can You Feel the Love Tonight?. sang. Bevor Sasha das Kissen fallen ließ, wandte sie sich dem Fernseher zu und gab noch einen letzten Schuß ab. Die Bildröhre implodierte.
    So befriedigend es, war, daß endlich die deplazierte Fröhlichkeit der Musik und der Bilder aus dem König der Löwen unterbrochen war, erschreckte uns doch die völlige Dunkelheit, die sich nach dem Funkenregen des zerstörten Fernsehers im Raum ausbreitete. Wir konnten im Dunkeln nur davon ausgehen, daß der Priester wirklich tot war. Mit drei Kugeln vom Kaliber .38 in der Brust wäre jeder von uns unzweifelhaft Futter für die Würmer gewesen, aber wie Bobby vergangene Nacht schon bemerkt hatte: Am Vorabend der Apokalypse gab es keine verläßlichen Regeln mehr.
    Also tastete ich nach meiner Taschenlampe, die aber nicht mehr unter meinem Gürtel steckte. Ich mußte sie während des Kampfes verloren haben.
    In meiner Phantasie war der tote Priester längst wiederauferstanden und zu etwas geworden, das nicht einmal eine ganze Division von Soldaten hätte töten können.
    Bobby schaltete die Nachttischlampe ein.
    Der Tote war immer noch tot, einfach nur ein toter Mensch, ein lebloser Haufen, den niemand gern näher untersuchen wollte.
    Sasha steckte die .38er ins Halfter zurück und wandte sich von der Leiche ab. Dann stand sie mit schlaffen Schultern und hängendem Kopf da und hielt eine Hand über die Augen, wie um sich zu sammeln.
    Die Lampe besaß einen Dreistufenschalter, und Bobby wählte jetzt die schwächste Helligkeit. Der Schirm bestand aus rosafarbener Seide, weshalb es im Zimmer immer noch recht düster war. Es war aber hell genug, um uns davor zu bewahren, daß wir dem Angriff eines unserer Hirngespinste zum Opfer fielen. Ich entdeckte meine Taschenlampe auf dem Fußboden, hob sie auf und steckte sie mir wieder unter den Gürtel.
    Ich versuchte, meinen Atem zu beruhigen, und trat an eines der beiden Fenster. Die Vorhänge waren aus schwerem Stoff, der so dick wie Elefantenhaut und an den Rändern mit einem Vlies zur zusätzlichen Verdunklung versehen war. Das allein hätte schon gereicht, die Revolverschüsse so wirkungsvoll zu dämpfen wie mit dem Plüschkissen, durch das Sasha geschossen hatte.
    Ich zog eine Vorhangbahn zur Seite und blickte auf die beleuchtete Straße. Niemand zeigte fuchtelnd auf das Anwesen der Stanwyks oder lief darauf zu. Vor dem Haus war es nicht zu einem Verkehrsauflauf gekommen. Statt dessen wirkte die Straße völlig

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