Im Bann der Dunkelheit
Sasha.
»Ich glaube nicht, daß eine Schlange viel Psyche besitzt, die implodieren könnte«, sagte Bobby. »Aber es scheint sich tatsächlich um das gleiche Phänomen zu handeln.«
»Sie bewegen sich weiter«, sagte Roosevelt plötzlich.
Und tatsächlich, die wimmelnde Legion hatte sich sozusagen in Marsch gesetzt. Die Klapperschlangen krochen über die zweispurige Fahrbahn und weiter über den schmalen Schotterrand, bis sie im hohen Gras und den Wildblumen zu unserer Rechten verschwanden.
Die gesamte Prozession bestand jedoch aus wesentlich mehr als den achtzig oder hundert Exemplaren, die wir bisher beobachtet hatten. Während Dutzende von Schlangen im Gras hinter dem rechten Seitenstreifen verschwanden, tauchten auf der linken Seite Dutzende weiterer Schlangen aus dem Feld auf, als würden sie einer schlangenproduzierenden Maschine im Dauerbetrieb entströmen.
Vielleicht drei- oder vierhundert Klapperschlangen, die ständig gereizter und erregter wirkten, wechselten in die Wildnis südlich der Haddenbeck Road, bis die Straße schließlich wieder frei war. Nachdem sie fort waren und keine einzige schlängelnde Gestalt mehr auf dem Highway zu sehen war, saßen wir noch eine Weile schweigend und verwundert da, als wären wir soeben aus einem Traum erwacht. Mama, ich liebe dich, und ich werde dich immer lieben. Aber was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?
Sasha schaltete in den Vorwärtsgang und fuhr los.
Rumpelmauser gab wieder jenen Laut des Abscheus von sich. Er veränderte seine Position, so daß er sich nun mit den Vorderpfoten an der Tür abstützte, um durch das Seitenfenster blicken zu können, auf das dunkle Land, in dem die Schlangenhorde verschwunden war, um was auch immer dort zu suchen.
Nach etwa zwei Kilometern erreichten wir Crow Hill, wo Doogie Sassman auf uns warten wollte. Sofern er den Schlangen nicht über den Weg gelaufen war, bevor wir ihnen über den Weg liefen.
Ich weiß nicht, warum Crow Hill diese Bezeichnung trägt.
Weder erinnert die Form des Hügels in irgendeiner Weise an eine Krähe, noch werden diese Vögel dort häufiger als anderswo gesichtet. Der Name geht auch nicht auf eine prominente ortsansässige Familie oder einen berühmten Schurken zurück. Die Crow-Indianer leben in Montana, nicht in Kalifornien. Nicht einmal Krähenbeeren wuchsen hier. Und die Lokalgeschichte berichtet nicht von Angebern, die regelmäßig diesen Hügel aufsuchen, um sich hier lauthals krähend zu produzieren.
Die Spitze des Hügels besteht aus einem gewaltigen Felsblock, der sich hier durch die Oberfläche des ansonsten sanft gewellten, lehmigen Landes geschoben hat, ein einsamer hellgrauer Auswuchs, der aussieht wie der teilweise freigelegte Knochen eines vergrabenen Riesen. In eine Seite des Felsblocks wurde die Gestalt einer Krähe gehauen, was jedoch nicht, wie ich früher einmal dachte, der Ursprung des Namens ist. Das einfach gearbeitete, aber faszinierende Relief fängt überzeugend die Frechheit des Vogels ein, besitzt aber auch etwas Bedrohliches, als würde es sich um das Totemtier eines mordlustigen Stammes handeln, eine Warnung an Reisende, lieber einen weiten Bogen um dieses Territorium zu machen, falls sie ernsthaften Schwierigkeiten aus dem Weg gehen wollten. In einer Julinacht vor vierundvierzig Jahren wurde dieses Bild der Krähe von einer unbekannten Person - oder mehreren unbekannten Personen - in den Stein graviert. Bevor meine Neugier mich auf den wahren Ursprung des Reliefs geführt hatte, war ich davon ausgegangen, daß es aus einem früheren Jahrhundert stammte, vielleicht sogar in den Stein gehauen worden war, bevor die ersten Europäer ihren Fuß auf diesen Kontinent gesetzt hatten. Die Darstellung hat eine beruhigende Aura, die Menschen, die für das Mystische empfänglich sind, anspricht.
Manche solcher Menschen kamen von weit her, um es betrachten und berühren zu können. Die älteren Leute behaupten, daß dieser Ort schon mindestens seit der Zeit ihrer Großeltern Crow Hill genannt wurde, und Erwähnungen in alten, vergilbten Dokumenten bestätigen dies. Das Relief scheint ein primitives Wissen zu verkörpern, das zivilisierten Menschen längst verloren gegangen ist, obwohl zumindest der Name des Hügels etwas davon bewahrt zu haben scheint. Vielleicht hatte der anonyme Steinmetz aber auch lediglich die Absicht gehabt, eine malerische Sehenswürdigkeit zu schaffen.
Dieses Bild war nicht mit dem Vogel auf der Botschaft zu vergleichen, die wir bei Lilly Wing
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