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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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war, stellten sie allerdings keine Gefahr für mich dar.
    Aber die Röhren waren beim letzten Mal nicht hier gewesen. Sie waren herausgerissen und fortgeschafft worden, als man Fort Wyvern geräumt hatte. Und diese spezielle Abteilung könnte sogar, lange bevor der Stützpunkt endgültig geschlossen wurde, bis auf den nackten Beton ausgeschaltet worden sein, als nämlich der Mystery Train entgleiste und den Planern die erschreckende Erkenntnis kam, daß ihr Projekt zu einer Fahrt in die Hölle geworden war.
    Hier existierten vergangene und gegenwärtige Zeiten gleichzeitig, und auch unsere Zukunft war präsent, obwohl wir sie nicht sehen konnten. Alle Zeiten, hat der Dichter T. S. Eliot einmal gesagt, sind ewig gegenwärtig und führen uns unausweichlich zu einem Ziel, von dem wir zwar glauben, es sei ein Ergebnis unserer Handlungen, wenngleich unsere Kontrolle darüber lediglich eine Illusion ist.
    Im Augenblick fand ich diese Zeilen von Eliot nicht sehr tröstlich. Während ich die Neonröhren musterte und mir vorzustellen versuchte, was uns noch alles erwarten mochte, sagte ich im Geiste die Anfangsverse des allerersten Gedichts über Pu der Bär auf: »Ein Bär, ich gebe euch mein Wort, wird fett, treibt er nicht manchmal Sport.« Es gelang A. A. Milne aber nicht, Eliot aus meinen Gedanken zu verdrängen.
    Wir konnten uns den wartenden Gefahren, dieser unheimlichen Vermengung von Vergangenheit und Gegenwart, genausowenig entziehen, wie ich in meine Kindheit zurückkehren konnte. Trotzdem wäre es zu schön gewesen, wenn ich wieder mit Pu und Tiger unter die Decke kriechen und so tun könnte, als ob wir drei noch immer Freunde wären, selbst wenn ich hundert und Pu neunundneunzig Jahre alt war.
    »Okay«, sagte ich zu Rumpelmauser, woraufhin wir unseren Abstieg fortsetzten.
    Als wir den nächsten Absatz erreichten, wo sich der Eingang zu den ersten drei unterirdischen Stockwerken befand, flüsterte Bobby: »Bruder!«
    Ich drehte mich um. Die Neonröhren über den Treppenstufen hinter uns waren verschwunden. Die Betondecke wies nur noch die runden Löcher auf, aus denen die Lampen und Drähte herausgerissen worden waren.
    Die Gegenwart war wieder einmal gegenwärtiger als die Vergangenheit, zumindest im Moment.
    »Kolumbien wäre mir jetzt lieber«, murmelte Doogie stirnrunzelnd.
    »Oder Kalkutta«, sagte Sasha.
    »Wir müssen uns beeilen«, sagte Roosevelt im Namen von Rumpelmauser. »Wenn wir uns nicht beeilen, wird es Blut geben.«
    Angeführt von der furchtlosen Katze, stiegen wir vier weitere Treppenabschnitte hinunter, bis wir zum dritten und letzten Geschoß unter dem Hangar gelangten.
    Wir fanden unterwegs keine zusätzlichen Anzeichen für Heinzelmännchen oder Gespenster, erst wieder, als wir den Boden des Treppenhauses erreicht hatten. Rumpelmauser wollte uns gerade in den äußeren Korridor führen, der dieses gesamte ovale Stockwerk umlief, als es hinter dem Durchgang zu einem erneuten Auftreten des trüben roten Lichts kam, das wir jetzt schon aus der großen Halle des Hangars kannten. Es pulsierte nur einen kurzen Moment und wich dann wieder völliger Dunkelheit.
    In unserer kleinen Gruppe machte sich allgemeine Bestürzung breit, die ihren Ausdruck zumeist in geflüsterten Kraftausdrücken und einem Fauchen der Katze fand.
    Von irgendwo aus diesem Tiefgeschoß hallten tiefe, verzerrte Stimmen zu uns herüber. Sie klangen wie eine Bandaufzeichnung, die zu langsam abgespielt wurde. Sasha und Roosevelt schalteten ihre Taschenlampen aus, so daß wir im Dunkeln standen.
    Hinter dem Eingang zu diesem Geschoß pulsierte erneut mehrere Male das blutrote Leuchten wie das rotierende Signallicht eines Polizeifahrzeugs. Die Phasen wurden von Mal zu Mal länger, bis die Dunkelheit völlig zurückgedrängt wurde und die unheimliche Illumination sich durchsetzte.
    Die Stimmen wurden lauter. Sie waren noch immer verzerrt, aber beinah verständlich.
    Seltsamerweise drang nicht ein Fünkchen des unheilvollen roten Lichts aus dem Korridor auf den Boden des Treppenhauses, wo wir uns aneinanderdrängten. Der Durchgang schien ein Portal zwischen zwei Wirklichkeiten zu sein: absolute Finsternis auf dieser Seite, die rote Welt auf der anderen.
    Der Rand des blutigen Lichts auf der Schwelle war so scharf wie mit dem Messer abgeschnitten.
    Wie schon oben im Hangar erhellte dieses Leuchten den Raum, den es erfüllte, aber kaum die Dinge, die es berührte: ein trübes Licht, in dem geisterhafte Schatten und Bewegungen lebten,

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