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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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gemeint ist, der noch nicht in der Pubertät ist. Jimmy Wing war noch zu jung zum Surfen, aber in der Tat eine kleine Person.
    »Ein Kurzer?« fragte Bobby.
    »Ein total kleiner Kurzer.«
    »Spielst du wieder Die drei Fragezeichen ?«
    »Ich stecke bis zum Hals in Fragezeichen«, bestätigte ich.
    »Kook«, sagte er, was an unserem Küstenstreifen kein besonders schöner Begriff ist, um einen Surfkollegen damit zu bezeichnen, obwohl ich glaubte, aus seiner Stimme auch eine Zuneigung herauszuhören, die in ihrer Intensität fast seinem Abscheu gleichkam.
    Ein plötzliches Flattern ließ mich aufspringen, aber mir wurde schnell klar, daß das Geräusch lediglich von einem Nachtvogel stammte, der sich auf den Ästen über mir niedergelassen hatte. Ein Ziegenmelker, auch Nachtfalke genannt, oder ein Ölvogel, eine einsame Nachtigall oder ein Mauersegler, der sich in der Tageszeit geirrt hatte, jedenfalls nichts so Großes wie eine Eule.
    »Mir ist es todernst, Bobby. Ich brauche deine Hilfe.«
    »Da siehst du mal, was rauskommt, wenn man ins Landesinnere geht.«
    Bobby lebt weiter draußen auf der südlichen Landzunge der Bucht, und das Surfen ist seine Berufung und sein Beruf zugleich, sein Lebensinhalt, die Grundlage seiner Weltan- schauung, nicht bloß sein Lieblingssport, sondern ein wahres spirituelles Unterfangen. Der Ozean ist seine Kathedrale, und die Stimme Gottes hört er allein im Grollen der Wellen.
    Nach Bobbys Meinung geschieht schon fünfhundert Meter vom Ufer entfernt nur wenig, was von wirklicher Bedeutung ist.
    Als ich zu den Ästen über mir hinaufschaute, konnte ich den inzwischen ruhigen Vogel nicht ausmachen, obwohl das Mondlicht gerade hell schien und der um sein Leben kämpfende Baum nicht gerade ein üppiges Blätterkleid aufwies.
    »Ich brauche deine Hilfe«, sagte ich noch einmal zu Bobby.
    »Das schaffst du auch allein. Stell dich einfach auf einen Stuhl, binde eine Schlinge um deinen Hals und springe.«
    »Ich hab keinen Stuhl.«
    »Dann drück den Gewehrabzug mit dem großen Zeh durch.«
    Er kann mich unter einfach allen Umständen zum Lachen bringen, und Lachen hält mich bei Verstand. Das Bewußtsein, daß das Leben ein kosmischer Scherz ist, kommt dem Kern der Weltanschauung ziemlich nahe, nach der Bobby, Sasha und ich leben. Unsere wichtigsten Prinzipien sind ganz einfach: füge anderen sowenig Schaden wie möglich zu; bringe für deine wahren Freunde jedes Opfer; übernimm die Verantwortung für deine Taten, und erbitte nichts von anderen; und hab soviel Spaß, wie du nur kannst.
    Denke nicht allzuviel über das Gestern nach, mach dir keine Sorgen über das Morgen, lebe für den Augenblick, und vertraue darauf, daß deine Existenz eine Bedeutung hat, selbst wenn die Welt nur aus blindem Zufall und Chaos zu bestehen scheint. Wenn das Leben einen Hammerschlag in deinem Gesicht landet, reagierst du am besten darauf, als wäre der Hammer ein Sahnetörtchen gewesen. Manchmal ist schwarzer Humor der einzige, den wir aufbringen können, aber selbst dunkles Gelächter kann einen aufrecht halten. »Bobby«, sagte ich, »wenn du wüßtest, um wen es sich bei dem Kurzen handelt, wärst du schon längst auf dem Weg.«
    Er seufzte. »Bruder, wie soll ich mich jemals selbst verwirklichen können und ein superabgewichster Faulenzer werden, wenn du ständig darauf bestehst, daß ich ein Gewissen habe?«
    »Du bist dazu verdammt, Verantwortung zu tragen.«
    »Das hatte ich befürchtet.«
    »Außerdem ist Pelznase verschwunden«, sagte ich, um auch Orson ins Spiel zu bringen.
    »Citizen Kane?«
    Orson war nach Orson Welles benannt, dem Regisseur von Citizen Kane, für dessen Filme der Hund eine seltsame Faszination empfindet.
    Ich machte ein Eingeständnis, das kaum über meine Lippen kommen wollte: »Ich habe Angst um ihn.« »Bin sofort da«, sagte Bobby.
    »Cool.«
    »Wo ist da?«
    Ein Flügelrauschen war zu hören, und ein weiterer Vogel vielleicht waren es auch zwei - gesellte sich zu dem, der sich schon auf dem Baum niedergelassen hatte.
    »In der Totenstadt«, sagte ich.
    »O Mann. Du gehorchst auch nie, wenn man dir was sagt.«
    »Ich bin halt ein böser Junge. Komm über den Fluß rein.«
    »Den Fluß?«
    »Da steht ein Suburban. Aber paß auf, der gehört einem absoluten Psycho. Der Zaun ist aufgeschnitten.«
    »Muß ich kriechen, oder kann ich aufrecht gehen?«
    »Hat keinen Sinn mehr, heimlich zu tun. Paß nur auf deinen Arsch auf.«
    »Totenstadt«, sagte er angewidert. »Was soll ich nur

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