Im Bann der Dunkelheit
Brüder, die im Zauberer von Oz die Schmutzarbeit für die böse Hexe in Westland machten. Obwohl die Tiere hier furchterregend sind, besonders wenn sie in größerer Zahl auftreten, sind sie keineswegs so beeindruckend, daß man sie nur mit silbernen Kugeln oder Kryptonit töten kann.
Auf dem Bürgersteig saß der neugierige Coco auf den Hinterläufen, schlang sich die langen Arme um den Torso, als wollte er sich selbst in den Schlaf wiegen, und spähte wieder zum Mond hoch. Er blickte so lange zum Himmel, daß er den Bungalow ganz vergessen zu haben schien.
Nach einer Weile sah ich auf die Armbanduhr. Ich befürchtete langsam, hier noch länger in der Falle zu sitzen und Bobby nicht am Kino treffen zu können.
Er war ebenfalls in Gefahr, dem Trupp über den Weg zu laufen. Selbst ein so findiger Mann wie Bobby Halloway würde keine Chance haben, wenn er allein gegen sie antreten mußte.
Wenn die Affen nicht bald weiterzogen, würde ich das Risiko eingehen und Bobby auf seinem Handy anrufen müssen, um ihn zu warnen. Ich war nicht gerade glücklich bei dem Gedanken an den elektronischen Ton, der immer erklang, wenn ich mein Mobiltelefon einschaltete. In der Stille der Totenstadt würde dieser reine künstliche Klang widerhallen wie die Untat eines Mönchs, der in einem Kloster, dessen Bewohner ein Schweigegelübde abgelegt haben, einen Furz läßt. Schließlich beendete der neugierige Coco die eindringliche Betrachtung des Medaillonmondes, senkte das Gesicht und erhob sich. Er streckte die zottigen Arme aus, schüttelte den Kopf und flitzte dann zur Straße zurück.
Als ich gerade einen erleichterten Seufzer ausstieß, kreischte das kleine Ungeheuer auf, und seinen schrillen Schrei konnte ich nur als Warnruf interpretieren.
Der Trupp reagierte wie ein einziges Wesen. Die Affen hoben gleichzeitig die Köpfe, sprangen von der eisernen Scheibe zurück, die sie dermaßen fasziniert hatte, und reckten die Hälse, um zu sehen, was los war.
Meckernd, kreischend, schimpfend und schnatternd sprang der neugierige Coco in die Luft, sprang unaufhörlich, stürzte und warf sich hin und her, wirbelte herum und machte Kapriolen, schlug mit den Fäusten auf den Bürgersteig, zischte und kreischte, schlug die Krallen in die Luft, als wäre diese aus Stoff, den er zerreißen wollte, verrenkte und verdrehte den Körper, bis er den eigenen Hintern im Blick zu haben schien, rollte sich herum, sprang auf die Füße, schlug sich mit den flachen Händen auf die Brust, zischte und fauchte und spuckte, schaukelte hin und her und hüpfte in die Höhe, rannte auf den Bungalow zu, hielt dann jedoch abrupt inne und hastete zur Straße zurück, wobei er so hoch und grell kreischte, daß die Straßendecke unter ihm aufzureißen drohte.
Ganz gleich, wie primitiv die Sprache dieser Tiere auch sein mochte, ich war mir ziemlich sicher, daß ich diese Nachricht verstanden hatte.
Obwohl sich die meisten Angehörigen des Trupps zwölf, fünfzehn Meter vom Bungalow entfernt befanden, sah ich, daß ihre Knopfaugen wie ein Schwarm fetter Glühwürmchen leuchteten.
Ein paar von ihnen fingen zu singen und zu heulen an. Ihre Stimmen waren leiser und weicher als die Katzenmusik ihres neugierigsten Vertreters, aber sie hörten sich nicht an wie ein Empfangskomitee, das einen Besucher willkommen heißt.
Ich zog die Glock aus dem Schulterhalfter.
Acht Kugeln waren noch in der Waffe. Am Halfter baumelte das Ersatzmagazin mit zehn weiteren Patronen.
Achtzehn Schuß. Dreißig Affen.
Ich hatte das alles ja schon einmal durchgerechnet. Ich tat es lieber noch mal. Da Lyrik mich mehr interessiert als Mathe, hatte ich gute Gründe, die Zahlen noch einmal zu überprüfen.
Das Ergebnis war immer noch beschissen.
Der neugierige Coco lief wieder auf das Haus zu. Diesmal blieb er nicht stehen.
Hinter ihm stürmte der gesamte Trupp über die Straße und weiter über den Rasen genau auf den Bungalow zu. Und dabei fielen sie alle in ein Schweigen, das auf organisiertes Vorgehen, Disziplin und tödliche Zielstrebigkeit schließen ließ.
7
Ich nahm noch immer nicht an, daß der Trupp mich gesehen, gehört oder gerochen haben konnte, aber die Viecher mußten mich irgendwie entdeckt haben, denn offensichtlich wollten sie nicht nur ihren Abscheu für die mittelmäßige Architektur des Bungalows zum Ausdruck bringen. Sie hatten sich in einen Zorn gearbeitet, den ich bei ihnen schon einmal erlebt hatte, eine Wut, die sie ganz allein für die Menschheit reserviert
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