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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Handknöchel fast den Boden berührten. Daß er viel größer als ein Rhesusaffe war. Daß er vielleicht noch größer war, als Bobby geschätzt hatte, und daß er, wenn er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete, durchaus über die brusthohe Hecke hinwegschauen und uns die Zunge herausstrecken konnte.
    Ich ließ den Scheinwerfer hin und her gleiten, konnte das Viech aber hinter dem nächsten Abschnitt der Hecke nicht ausfindig machen.
    »Den holen wir uns«, sagte Bobby, bremste scharf, erhob sich halb aus seinem Sitz und zeigte auf das Haus.
    Als ich meine Aufmerksamkeit auf den Rasen hinter der Hecke lenkte, sah ich, daß eine formlose Gestalt darüber hinweghetzte, fort von der Straße, hin zur Ecke des Bungalows.
    Selbst als ich den Scheinwerfer höher hielt, bekam ich das sich schnell bewegende Geschöpf nicht zu fassen, zumal dessen Flucht noch durch die Äste eines Baums und durch das hohe Gras gedeckt wurde.
    Bobby ließ sich wieder in den Sitz zurückfallen, drehte sich zur Hecke herum, legte den Gang ein und trat aufs Gaspedal.
    »Unhold-Jagd«, sagte er. Weil Bobby für den Augenblick lebt und letzten Endes damit rechnet, von etwas Schnellerem als einem Melanom aus dieser Welt abberufen zu werden, hat er die tiefste Sonnenbräune, die ich je außerhalb einer Hautkrebsklinik gesehen habe. Im Gegensatz dazu leuchten seine Zähne und Augen so weiß wie die plutoniumgesättigten Knochen der Tierwelt in der Umgebung von Tschernobyl. Normalerweise sieht er damit schneidig, exotisch und feurig wie ein Zigeuner aus, doch nun wirkte er eher ein bißchen wie ein grinsender Irrer.
    »Mach keinen Fehler«, sagte ich.
    »Unhold-Jagd, Unhold-Jagd«, erwiderte er und beugte sich über das Lenkrad vor.
    Der Jeep machte einen Satz über den Bordstein, raste unter den tiefhängenden Ästen zweier Bäume hinweg und brach so heftig durch die Buchsbaumhecke, daß die Bierflaschen in der eisgefüllten Kühltasche schepperten und der Wagen abgebrochene Äste hinter sich ausspuckte. Als wir über den Rasen preschten, stieg ein durchdringender, süßer, frischer Geruch von dem zerquetschten Gras hoch, das die Regenfälle des Winters üppig hatten sprießen lassen.
    Noch während wir durch die Hecke donnerten, war das Geschöpf um die Ecke des Bungalows verschwunden.
    Bobby verfolgte es.
    »Das hat nichts mit Orson oder Jimmy zu tun!« schrie ich durch das Motorendröhnen.
    »Woher weißt du das?«
    Er hatte recht, woher sollte ich das wissen? Vielleicht gab es ja einen Zusammenhang. Auf jeden Fall hatten wir momentan keine bessere Spur, der wir folgen konnten.
    »Weißt du noch«, sagte er, als er den Jeep zwischen die Bungalows steuerte, »carpe noctem?«
    Ich hatte ihm vor kurzem mein neues Motto verraten. Was ich bereits bedauerte. Ich hatte das Gefühl, daß er es mir in den unpassendsten Momenten in Erinnerung rufen würde, bis es irgendwann noch weniger Anziehungskraft haben würde als ein Milchshake aus Schafmilch.
    Etwa fünf Meter lagen die beiden Bungalows auseinander, und auf der schmalen Rasenfläche dazwischen gab es keine Büsche. Wäre das Viech hier gewesen, hätten die Scheinwerfer es enthüllt, aber es war weg.
    Daß es verschwunden war, konnte Bobby nicht aufhalten.
    Er drückte das Gaspedal nur noch tiefer durch.
    Wir schossen gerade rechtzeitig in den Garten, um zu sehen, wie unser Sasquatch über einen Palisadenzaun sprang und auf dem Nachbargrundstück verschwand, wobei er wiederum nicht mehr preisgab als einen flüchtigen Blick auf sein behaartes Hinterteil.
    Bobby ließ sich von dem spindeldürren Holzzaun genausowenig einschüchtern wie von der Buchsbaumhecke. Er raste auf ihn zu, lachte und sagte: »Skeggin.«, was so etwa Das macht einen Riesenspaß! bedeutete und höchstwahrscheinlich von Skeg herrührt, der Bezeichnung der ruderähnlichen Flosse an der Unterseite eines Surfbretts, die einem das Steuern und all die coolen Manöver ermöglicht.
    Obwohl Bobby eigentlich ein gelassener Typ ist, seine Ruhe schätzt und in den heiligen Hallen der Faulenzer einen solchen Ehrenplatz einnimmt wie Saddam Hussein in der Liste verrückter Diktatoren, wird er ein ganz anderer Kerl, ein gewaltiger, alles zerschmetternder Tsunami, wenn er sich erst einmal für eine bestimmte Vorgehensweise entschieden hat.
    Er sitzt stundenlang am Strand, studiert die Wellenbedingungen, sucht nach den idealen Brechern, die ihn bis an den Rand seiner Leistungsfähigkeit und vielleicht darüber hinaus fordern, bemerkt noch nicht

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