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Im Bann der Engel

Im Bann der Engel

Titel: Im Bann der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Gref
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zeichnete sie sich mit einer angeborenen Eleganz aus. Madame Hazard griff nach dem zarten Henkel ihrer dünnwandigen Teetasse und setzte das Gefäß an die Lippen. Das Aroma des exzellenten Tees drang in ihre Nase. Es klopfte an der Tür.
    »Ja, bitte«, sagte sie, neugierig, ob es gute Nachrichten sein würden.
    Es war Geoffrey, der mit erhitzten Wangen und sichtlich um seine Contenance ringend in ihr Büro taumelte.
    »Madam, es ist etwas Schreckliches geschehen.«
    Madame Hazard setzte hart die Teetasse auf den Unterteller. »Ich höre.«
    »Wir haben Miss Winterstone verloren. Sie kommt nicht aus der Trance. Sie stirbt!«
    »Hat Margaret einen Abbruch versucht?«
    »Das kann sie erst, wenn wir Sinclair vom Transformator abkoppeln. Die beiden sind noch im Haus.«
    »Sie waren in einem Haus?« Madame Hazard konnte fühlen, wie sie erbleichte. Nicht ihr Haus, alles, nur das nicht. Aber die Wege des Rituals waren nicht vorhersehbar.
    »Ich regle das«, sagte sie.
    Die Münder der anderen standen offen, weil der Boss persönlich erschien und, nach einem Blick auf Elena und Sinclair, ohne zu zögern auf Geoffreys Matte Platz nahm. An Margaret gewandt sagte sie: »Bringen Sie mich in die Trance.« Dann setzte sie Geoffreys Stirnreif auf.
    Margaret schluckte, blätterte mit fliegenden Fingern ein paar Seiten im Protokoll zurück und begann mit heiserer Stimme die Atemübung anzusagen. Madame Hazard schloss die Augen und befolgte die Anweisungen. Margarets Stimme wurde ruhiger und es gelang Madame Hazard, alle Gedanken eines Scheiterns aus dem Kopf zu verbannen. Die Umgebungsgeräusche verschwammen und dann herrschte völlige Stille. Der Übertritt war für sie jedes Mal ein Erlebnis. Während Elena Winterstone zugegeben hatte, den Übergang nicht einmal zu bemerken, formte der Energiewirbel bei ihr wunderschöne Muster. Bald konnte sie in den geometrischen Figuren die Umrisse eines Gebäudes ausmachen. Kein Zweifel, es handelte sich um ihr, seit langer Zeit, vernachlässigtes Refugium. Der Strom der Energie lenkte sie direkt zum Haus und hinein. Sie befand sich in einem düsteren Flur. Seidentapeten hingen in Fetzen von der Wand, der Korpus der Gaslampe war zerschlagen. Am Ende des Flurs sah sie eine zerstörte Treppe, deren Stufen wie Zähne ins Leere bissen. Schritte brachten die maroden Dielen zum Erzittern, dann erschien Sinclair.
    »Gott sei Dank«, rief er.
    »Das hier hat mit Gott nicht das Geringste zu tun, das können Sie mir glauben.«
    »Sie müssen ihr helfen. Sie stirbt!«, fuhr er fort.
    »Ich weiß. Deshalb bin ich hier. Bringen Sie mich zu ihr.«
    Sinclair rannte, so schnell es auf dem wurmstichigen Holz möglich war.
    Das könnte knapp werden, dachte Madame Hazard. Elena Winterstone schien dem Tod und dem Wahnsinn näher als dem Leben. Leer waren die Augen zum Himmel des Bettes gerichtet. Behutsam trat der Boss ans Bett und legte ihrer Wissenschaftlerin die Hand auf die Stirn, dann auf die Halsschlagader. Schwach fühlte sie das Blut pulsieren, widerwillig schien das Herz zu schlagen. Madame Hazard zögerte. Sollte sie es tun oder Winterstone sich selbst überlassen? Ganz offensichtlich hatte die Kleine versagt. Andererseits hatte sie sich für Sinclair eingesetzt. Ein Blick auf den wunderschönen Engel zerstreute ihre Bedenken. Sie sprach einen alten Bannzauber, der umgehend dafür sorgte, dass die Schatten verschwanden. Allerdings wusste Madame Hazard auch, dass der Transformator neu gebaut würde werden müssen und das wiederum würde Unsummen an Geldmitteln verschlingen.
    Deswegen hatte sie den anderen den Rettungszauber bislang verschwiegen.
    »Tragen Sie sie und folgen Sie mir«, sagte sie an Sinclair gewandt.

Kapitel 9

    »Sie wird es überleben«, kommentierte Madame Hazard den Zwischenfall. Die anderen seufzten erleichtert auf, als Doktor Weisenhardt zustimmend nickte.
    »Einstweilen wird sie bei mir unterkommen, damit ich sie unter ständiger Beobachtung habe.«
    Madame Hazard entließ die Gruppe in den wohlverdienten Feierabend.
    Ihr Blick fiel auf Sinclair, der von nun an den Namen Amenatos tragen würde. Den Schwur hatte sie ihm noch nicht abgenommen.
    »Diese Reise«, begann Amenatos stockend. »Dieser merkwürdige Ort. Wo waren wir?«
    »Das ist schwer zu erklären. Ich werde versuchen, es in einfache Worte zu fassen. Im Gehirn eines Menschen existieren verborgene Orte, die nicht willentlich genutzt werden. Sie liegen brach. Wie ein Zimmer in einem großen Haus, das nie betreten wird. Der

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