Im Bann Der Herzen
schüttelte er den Kopf. »Ich wünschte, ich könnte es glauben.« Dann lachte er. »Aber mir gefällt dieser Entzug auch nicht - also, wo waren wir?«
»Hier«, sagte sie und legte seine Hand auf die richtige Stelle. »Genau hier.«
Das war aber knapp, dachte Chastity, als sie wieder klar denken konnte, doch schien er die Verbindung zwischen seiner Begegnung mit Laura durch den Vermittlungs-Service und der Einladung nach Romsey Manor nicht erfasst zu haben. Zumindest jetzt noch nicht.
Sie unterdrückte einen Seufzer und drehte ihren Kopf ins Kissen. Sie hatte geglaubt, sie könne sich ungestraft eine leidenschaftliche Episode leisten und nach dem Intermezzo ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen. Jetzt war sie ihrer Sache nicht mehr so sicher. Der Betrug, den sie sich mit Douglas leistete, war ihr in der Kehle stecken geblieben. Ihre Angst, als sie befürchten musste, er würde die Wahrheit entdecken, war allzu real. Sie konnte nur ahnen, wie er auf die Wahrheit reagieren würde. Doch das war eine Aussicht, bei der sie Gänsehaut bekam. Rückblickend erschien ihr alles jetzt so schmierig. Sie kam sich nach dem, was sie als leichten und harmlosen Schwindel angesehen hatte, irgendwie unehrlich und besudelt vor. Und tief im Inneren wusste sie, dass das Intermezzo ein Ende gefunden hatte. Sie konnte mit dem Betrug nicht weitermachen, fand es aber unerträglich, ihm die Wahrheit zu gestehen.
Sie vergrub den Kopf tiefer ins Kissen, in dem Bewusstsein, dass sie instinktiv versuchte, ihre Gedanken darin zu verstecken, als könne der Mann, der neben ihr regelmäßig atmete, diese lesen. Wäre er ihr gleichgültig gewesen, dann wäre alles in Ordnung. Doch das war er nicht. Es war sinnlos, sich weiterhin vorzumachen, dass dies nur eine leidenschaftliche Episode, eine flüchtige Affäre ohne Bindung war. Sie war nicht nur einer Laune folgend mit Douglas im Bett gelandet. Sie liebte ihn. Sie liebte ihn, und nicht nur seinen Körper. Diesen aber liebte sie bis zur Raserei. Sie schmiegte sich an seine Seite; ihr Körper wenigstens belog ihn nicht.
Douglas verließ ihr Bett, als das erste schwache Morgenrot ganz tief am Horizont schimmerte. Chastity, die spürte, dass er sich von ihr löste, ließ im Schlaf leise protestierendes Gemurmel hören. Dann rollte sie sich in die warme Mulde, die sein Körper hinterlassen hatte, und schlief weiter. Douglas schlüpfte in seinen Morgenmantel und schlich hinaus auf den Korridor. Er fühlte sich verunsichert, irgendwie aus dem Gleichgewicht gebracht, und wusste nicht, warum. Ihr Liebesspiel war so herrlich gewesen, dennoch hatte er einen leichten Missklang gespürt und wurde das Gefühl nicht los, dass Chastity nicht ganz aufrichtig gewesen war, was die Heiratspläne für ihren Vater betraf. Nicht dass es mich etwas anginge, sagte er sich ohne viel Überzeugung .
Er nahm in aller Ruhe ein Bad, zog sich an und ging hinaus. Der Schneefall hatte in der Nacht aufgehört, die Luft war frisch und kalt, der Himmel von klarem sonnigem Blau. Eine Stunde lang stapfte er durch den Schnee und versuchte Klarheit in seine Gedanken zu bringen, da er das Gefühl hatte, an einem Wendepunkt angelangt zu sein, an dem seine sorgfältig ausgeklügelten Pläne ihre Bedeutung verloren hatten. Er dachte an seine Absicht, eine reiche Frau zu finden, und fand nun, dass es eine absurde Idee war. Seelenlos und selbstsüchtig. Jetzt konnte er sich nicht mehr vorstellen, wie er jemals hatte glauben können, eine lediglich auf gegenseitigem Respekt und Vernunft gegründete Ehe könne ihm genügen. Aber andererseits brauchte er unbedingt Geld für seine kühnen Pläne, und gefühlsmäßige Bindungen standen einem bei der Verfolgung eines Zieles nur im Weg. Wie es aussah, hatte Chastity kein Geld, und was er für sie empfand, konnte man nur als gefühlsmäßige Bindung bezeichnen.
Er blieb vor einem gefrorenen Weiher stehen und starrte mit gefurchter Stirn in die Ferne. Warum das Gefühl nicht beim Namen nennen? Rundheraus gesagt, er war verliebt. Und es war ein völlig anderes Gefühl als das, was er für Marianne empfunden hatte, die er mit gedankenloser, fast unterwürfiger Hingabe angebetet hatte. Ganz und gar oberflächlich im Vergleich zu dem tiefen Gefühl der Zugehörigkeit, das er empfand, wenn er mit Chastity zusammen war. Sie hatte sich irgendwie an ihn herangepirscht, hatte ihn gestellt, und er war gefangen und hoffnungslos bezaubert. Er sah ihre Fehler so klar, wie er seine eigenen zu sehen glaubte. An
Weitere Kostenlose Bücher