Im Bann der Leidenschaft
wüßte! Fällt dir irgendwas ein, was ich in letzter Zeit verbrochen habe?«
»Vielleicht hängt’s mit der respektablen Jungfrau zusammen, die du verführt und in deine Datscha gelockt hast.«
»Großer Gott!« Alex richtete sich erschrocken auf. »Am ersten Abend erklärte sie, ihr Vater sei tot. Deshalb machte ich mir keine Sorgen wegen ihrer Familie.
Auch die Mutter ist gestorben, wie ich später erfuhr. Offenbar hat sie nur mehr eine Tante. Glaubst du, sie lügt?«
Yuri lachte verächtlich. »Lügen denn nicht alle Frauen? Für so naiv hätte ich dich wirklich nicht gehalten, Sasha.«
» Merde! « stieß der Prinz hervor. »Falls sich irgendein Hurensohn einbildet, er könnte mir die Pistole auf die Brust setzen, wird er eine unangenehme Überraschung erleben.«
»Wenn du sie heiratest, würdest du dein Gewissen beruhigen.«
»Unsinn!« In all den Jahren hatte Alex sein abwechslungsreiches Liebesieben viel zu sehr genossen, um an eine Ehe zu denken. Die Tänzerinnen und Schauspielerinnen, die er in sein Bett holte, kannten ihre Grenzen, und die ›ehrbaren‹ verheirateten Damen befolgten die Spielregeln. Nun war er zum erstenmal mit einem unschuldigen jungen Mädchen aus gehobenen Gesellschaftskreisen intim. Und Zena wurde immer abhängiger von ihm – was ihm gefiel, obwohl er Frauen, die sich an ihn klammerten, bisher verabscheut hatte.
Kein einziges Mal war ihm der Gedanke gekommen, seine Beziehung zu Zena würde Probleme aufwerfen. Wenn sie will, kann sie jederzeit gehen, sagte er sich, ohne zu berücksichtigen, daß sie in dieser gefährlichen Welt weder Geld noch hilfreiche Freunde hatte. Und er machte sie gewiß nicht unglücklich.
Im Gegenteil, sie genoß die Liebesfreuden ebenso wie er.
»Warum soll ich eine amüsante Affäre mit einer Heirat zerstören?« Bedrückt schaute er auf seine Uhr, nahm einen letzten Schluck aus der Cognacflasche und erhob sich. »Jetzt muß ich mir den väterlichen Tadel anhören.«
»Viel Glück, Sasha«, erwiderte Yuri mitfühlend. »In deinen Schuhen möchte ich wirklich nicht stecken. Ich hoffe, es wird nicht allzu schlimm.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Bald fahre ich nach Podolsk und schaue mir deine Gespielin an.«
»Solange du sie nur anschaust …«
Mit gemischten Gefühlen betrat Alex den Salon, in dem seine Eltern warteten. Einerseits empfand er ein wachsendes Unbehagen, andererseits ärgerte er sich, weil der Fürst ihn wie einen kleinen Jungen zu sich beordert hatte. Verdammt, er war vierundzwanzig Jahre alt. Also brauchte er vor niemandem Rechenschaft abzulegen.
Er begrüßte seine maman mit einem Kuß auf die Wange. Dann verneigte er sich höflich vor seinem Vater. Alisa saß auf einem Brokatsofa hinter dem gedeckten Teetisch. Liebevoll lächelte sie ihren Sohn an. Wie üblich verzichtete Fürst Nikki auf eine Tasse Tee, da er alkoholische Getränke vorzog. »Wie ich annehme, bist du bei guter Gesundheit, Sasha«, bemerkte er in kühlem Ton und nippte an seinem Cognac.
»Gewiß. Warum auch nicht?«
»Wenn man sich mit Straßendirnen einläßt, kann man sich sehr leicht eine ansteckende Krankheit holen.«
»Willst du mir eine Strafpredigt halten, Vater?« fauchte Alex.
Angstvoll schaute Alisa von einem zum anderen. Würde das explosive Kuzan-Temperament wieder einmal eine unerquickliche Szene heraufbeschwören? Sie liebte alle beide und hoffte auf eine vernünftige, friedliche Lösung des Problems. »Sicher kann Sasha eine plausible Erklärung abgeben, Nikki«, begann sie beschwichtigend. »Möchtest du Cognac oder Tee, mein Junge?«
»Cognac, bitte.«
Alisa füllte einen Schwenker und reicht ihn ihrem attraktiven Sohn. »Nun laß Sasha erst einmal zu Atem kommen, Nikki.«
Die Stirn düster gerunzelt, verzichtete der Fürst vorerst auf einen weiteren Kommentar.
»Wirklich, maman, ich bin kerngesund«, beteuerte Alex.
»Wie lange noch?« warf Nikki bissig ein.
Nun hätte Alex den Irrtum korrigieren können, der Zena betraf. Aber zu seinen Wesenszügen zählte auch eine gewisse Sturheit, die von der feindseligen Haltung des Vaters noch geschürt wurde. »Seit wann muß ich meine Affären rechtfertigen?«
»Seit wir von dieser Straßendirne erfahren haben.«
Sarkastisch hob Alex die Brauen. »Vor maman sollten wir das Thema eigentlich nicht erörtern. Aber wie kommst ausgerechnet du dazu, mir solche Vorwürfe zu machen?«
»Hüte deine Zunge! Ich bin immer noch imstande, dich zu verprügeln. Und wie du sehr wohl weißt,
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