Im Bann der Leidenschaft
Platz. Bedrückt hörte sie ihn in Amalies Gelächter einstimmen und starrte seinen dunklen Kopf an, der den goldblonden fast berührte.
Nach einer Weile verließ sie den Salon, wo die fünf Stimmen den abschließenden Refrain schmetterten. Sie hatte sich wirklich bemüht und war den Gästen freundlich begegnet. Aber Alex verlangte zuviel von ihr, wenn er ihr zumutete, sein spielerisches Tête-à-Tête mit Amalie zu beobachten. Den Tränen nahe, rannte sie die Treppe hinauf.
Der Prinz schlug den letzten Akkord an, dann drehte er sich um. »Wo ist Zena?«
»Soeben hat sie sich zurückgezogen«, antwortete Yuri. »Ich glaube, sie ist müde.«
»Verdammt, sie sollte doch hierbleiben!«
Zärtlich schmiegte sich Amalie an Alex.
»Kümmere dich nicht um sie, Sasha. Dieses dumme kleine Mädchen ist doch ohnehin viel zu jung für dich.«
»Gerade du müßtest wissen, daß das Alter keine Rolle spielt, wenn’s um leidenschaftliche Gefühle geht«, erwiderte er in brutaler Offenheit. »Wie alt warst du denn, als du zum erstenmal die Beine gespreizt hast?«
Brennende Röte stieg ihr in die Wangen.
»Jetzt reicht’s, Sasha«, mahnte Yuri. »Spiel uns noch ein Lied vor – diesmal ein lustiges.«
Darum ließ sich Alex nicht lange bitten. Während ein fröhlicher Chor erklang, eilte Yuri unbemerkt aus dem Salon, suchte den Oberstock auf und folgte dem langen Flur zur Suite des Prinzen.
Leise klopfte er an die Tür. »Ich bin’s, Yuri.« Es dauerte einige Minuten, bis Zena ihn eintreten ließ. Bestürzt musterte er ihr tränennasses Gesicht und führte sie zu einem Sofa am Kamin.
Nachdem sie sich gesetzt hatte, legte er einen Arm um ihre Schultern. »Tut mir leid, Zena. Manchmal benimmt er sich unmöglich, wenn er zuviel getrunken hat.«
Schon seit einigen Wochen beobachtete er, wie achtlos sein Freund mit den verletzlichen Gefühlen der jungen Frau umging. Offenbar übersah der Prinz, daß Zena nicht zu den hartgesottenen Gesellschaftslöwinnen und fragwürdigen Damen gehörte, die ihn bisher amüsiert hatten.
»Schon gut.« Tapfer kämpfte sie mit neuen Tränen. »Ich bleibe einfach hier oben, bis sich die Gäste verabschiedet haben.«
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
»Nein, danke. Sicher dürfte ich’s nicht so tragisch nehmen. Ich weiß, das ist lächerlich, aber …« Ihre Stimme erstarb.
»Soll ich Sasha etwas ausrichten?«
»Nicht nötig … O Yuri, Gott verzeih mir – ich liebe ihn so sehr!«
Schluchzend legte sie den Kopf auf seine Schulter, und er strich beruhigend über ihr Haar. Als die Tränenflut versiegt war, zog er ein Taschentuch hervor und wischte ihr Gesicht ab.
»Alles wird gut. Glauben Sie mir. Alex liebt Sie. Das weiß ich.«
Sofort erhellte sich ihre Miene. »Wirklich?«
»O ja«, beteuerte er, obwohl er sich keineswegs sicher war. Andererseits lebte Sasha schon seit Wochen mit Zena zusammen, und deshalb mußte er irgend etwas für sie empfinden.
»Hoffentlich haben Sie recht«, seufzte sie glücklich.
Um ihr die Zeit zu vertreiben, unterhielt er sie mit lustigen Klatschgeschichten aus Moskauer Gesellschaftskreisen. Beide lachten fröhlich, als plötzlich eine sarkastische Stimme erklang.
»Was für eine reizende Szene!« Wütend warf Alex die Tür hinter sich zu. »Yuri, meine freundschaftliche Bereitschaft, gewisse Freuden mit dir zu teilen, betrifft nicht Baroneß Turku.«
»Bitte, Sasha!« flehte Zena. »Yuri hat mir nur ein bißchen Gesellschaft geleistet.«
»Du solltest meine Intelligenz nicht beleidigen. Da ich Yuri sehr gut kenne, weiß ich, warum er sich um dich bemüht – und was er bezweckt. Oder bin ich schon zu spät gekommen, ma petite ? Stehe ich heute abend an zweiter Stelle?«
Durfte sie ihren Ohren trauen? Zena wurde leichenblaß. Wie konnte er es wagen, sie so schmählich zu verletzen?
»Hast du den Verstand verloren, Sasha?« rief Yuri entrüstet. »Offensichtlich bist du betrunken!«
»Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten, Yuri, und nimm deine lüsternen Finger von meiner Geliebten. Wenn du uns jetzt entschuldigen würdest – ich möchte unter vier Augen mit ihr sprechen.«
Nur widerstrebend ließ Yuri ihre Schultern los. »Wenn Sie mich brauchen, rufen Sie bitte«, sagte er leise, stand auf und ging aus dem Zimmer.
»Wie rührend!« spottete Alex. »Als ich dich bat, meine Gäste freundlich zu behandeln, meinte ich nicht nur Yuri. Komm jetzt, wir gehen wieder hinunter. Oder willst du meine Freunde beleidigen?«
»Wie könnte ich
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