Im Bann der Leidenschaft
nicht willkommen heißen würde. So ein undankbares Ding! Nach allem, was ich für sie getan habe! Jahrelang mußte ich sie mitsamt ihrem trunksüchtigen Vater und ihrem Bruder versorgen. Aber das bockige Mädchen weigerte sich, mir einen kleinen Gefallen zu erweisen und General Scobloff zu heiraten. Nein, sie mußte mit aller Macht durchbrennen und mich in tödliche Verlegenheit stürzen. Wenn Sie das Biest aufspüren, dürfen Sie’s gern behalten. Schicken Sie’s bloß nicht hierher!«
»Seien Sie beruhigt, Madame«, erwiderte Alex und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Niemals würde ich Zena erlauben, in Ihr Haus zurückzukehren.«
Ohne seine feindselige Haltung zu bemerken, zischte sie: »Eine elende kleine Hure! Genau wie ihre Mutter. Diese barbarischen Tscherkessinnen kennen keine Moral. Weil ich wußte, welch ein unseliges Erbe Zena mit sich herumschleppt, wollte ich sie mit einem anständigen Mann verheiraten und ihre unsittlichen Neigungen im Keim ersticken.«
»Und Ihre Wahl fiel auf einen einundsechzigjährigen zweifachen Witwer?« fragte Alex ironisch.
»Zena würde die energische Hand eines älteren Mannes brauchen. Leider ist sie sehr eigensinnig und schwer zu kontrollieren. Ich habe meinem Bruder oft genug erklärt, er würde sie falsch erziehen – wie einen Jungen. Latein, Geometrie, Pistolenschießen! Großer Gott!« Sie schnaufte verächtlich. »Jetzt sieht man ja, was dabei herausgekommen ist. Statt den General zu heiraten, rannte sie einfach davon. Nun, ich wasche meine Hände in Unschuld, nachdem ich mein Bestes getan habe. Hoffentlich wird sie der Allmächtige für ihre Sünden bestrafen.«
Eher Sie für Ihre Grausamkeit, Madame, dachte Alex und verabschiedete sich.
Als er den Salon verließ, starrte sie ihm erbost nach. Wenn alles stimmte, was man über Alexander Kuzan munkelte, hatte ihre Nichte genau den richtigen Mann gefunden. Sollten die beiden doch gemeinsam zum Teufel gehen!
Je weiter sich Zena von Petersburg entfernt, um so besser, dachte die Baroneß. Glücklicherweise weiß sie nichts vom Erbe ihres Vaters, das ich in Abwesenheit seiner Kinder verwalte …
»Verdammt!« fluchte Alex auf dem Weg zu seiner Kutsche. Nun mußte er nach Moskau zurückfahren und weitere Nachforschungen anstellen. Zenas Spur war inzwischen zwei Tage alt.
Während er Ivan anwies, zur Moskau-Vauxhall zu fahren, stieg neuer Zorn in ihm auf. In einem Punkt hatte Baroneß Adelsberg recht – Zena war viel zu eigensinnig, sogar rebellisch. Welche vernünftige junge Frau ging allein auf Reisen? Nur zu gern würden ihr gewisse Männer Schutz und Hilfe anbieten.
Und wenn sie auf einen solchen Vorschlag einging? Alex stieß einen weiteren Fluch aus. Immerhin hatte sie auch seine Hilfe akzeptiert. Sollte es irgend jemand wagen, sie anzurühren, würde er ihn umbringen. Über die Motive seiner besitzergreifenden Gesinnung mochte er nicht nachdenken. Das Ergebnis dieser Spekulationen würde einen Lebemann von seinem Kaliber womöglich beunruhigen. So fragte er sich lieber nicht, warum er Zena verfolgte. Er wollte sie einfach wiederhaben, und damit basta.
»Vite, vite, Yuri, wir müssen nach Moskau zurückkehren.« In knappen Worten berichtete Alex von seinem Gespräch mit Baroneß Adelsberg. »Offenbar ist die Mademoiselle nach Süden gefahren, um ihren Großvater zu suchen. Sie schrieb mir, in zwei Wochen würde sie Bobby holen lassen. Also erwartet sie von irgend jemandem Hilfe. Und das kann nur ihr Großvater sein.«
»Klingt plausibel. Also nehmen wir in Moskau ihre Spur auf.«
»Bestell einen Sonderzug, mit meinem Privatwaggon und einem zweiten für die Fährtenleser und Dienstboten. Außerdem brauchen wir einen Stall-Waggon. Ich schicke ein Telegramm nach Moskau, dann werden sich die Leute mit den Pferden und Vorräten bereithalten. Dadurch sparen wir einen Tag.«
»Wohin geht die Reise?«
»Nach Dagestan. Das Dorf des Großvaters liegt irgendwo in der Nähe von Gumuk.«
Bevor sie Petersburg verließen, ließ Alex eine Packung Kokosnußbonbons für seine kleine Schwester ins rosa Palais bringen und schrieb seinen Eltern einen Brief, um sich für das versäumte Abendessen zu entschuldigen.
Am Moskauer Bahnhof wartete Trevor. »Zwanzig Pferde?« fragte der Prinz kurz angebunden.
»Ja, mein Herr.«
»Reitknechte?«
»Ja.«
»Wie viele Fährtenleser?«
»Vier, mein Herr.«
»Proviant, sonstige Vorräte, Kleidung?«
»Alles arrangiert.«
»Bobby und die Kindermädchen?«
»Sie
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