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Im Bann der Leidenschaften

Im Bann der Leidenschaften

Titel: Im Bann der Leidenschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Nimou
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marschieren schnurstracks zur Küche durch.
    „Komisch“, Mel geht nicht auf meine Frage ein, macht aber auch keine Anstalten, Jane und Mary-Beth zu folgen. Sie hält mich am Arm fest und sieht mir forschend in die Augen. „Ich hatte den Eindruck, dass ihr euch schon länger kennt. Es sah sehr vertraut aus, wie ihr in der Ecke der Lounge gesessen habt. Na, gesessen ist nicht ganz der richtige Ausdruck. Es hatte was von Kuscheln, gelinde gesagt. Oder hast du ihn getröstet, weil seine Oma überraschend gestorben ist?“
    Mir läuft es heiß und kalt den Rücken hinunter. Mel weiß Bescheid. Sie hat alles gesehen.
    „Absacker“, ruft Jane. Schon erklingt das leise Quietschen der sich öffnenden Kühlschranktür. In der vergangenen Woche hat der Concierge deswegen einen Handwerker angerufen. Doch der hat sich bisher nicht blicken lassen. Natürlich nicht. Französische Handwerker sind wie Kellner. Für sie grenzt es an eine Zumutung, wenn sie jemandem einen Dienst erweisen sollen. Darum rühren sie sich erst dann, wenn sie selbst den Zeitpunkt für gekommen halten. Dabei legen sie die größtmögliche Unfreundlichkeit an den Tag.
    „Du braucht mich gar nicht so ertappt anzugucken“, grinst Mel. „Ich verpetz dich schon nicht.“
    Ich schlucke hart.
    „Nicht, wenn du mir verrätst, was vorgefallen ist.“ Mel zwinkert mir zu. Geht sie so mit ihren kleinen Schülern um? Das hätte ich der hochanständigen Seele gar nicht zugetraut. Das ist Erpressung.
    „Später. Unter vier Augen“, willige ich gezwungenermaßen ein. So wie sie mich ansieht, wird sie darauf zurückkommen. Aber, wer weiß, vielleicht fühle ich mich erleichtert, wenn ich über das, was vorgefallen ist, spreche. Bis jetzt ist mir allerdings nicht klar, was genau da passiert ist. Und vor allem, wie ich darauf reagieren soll.

    Wir stehen um die Kochinsel von Philippes mehr als vierzig Quadratmeter großer Luxusküche herum und stoßen – zum tausendsten Mal in dieser Nacht – auf meinen Junggesellinnenabschied an. In unseren Gläsern befindet sich Kir Royal.
    „Das ist eigentlich ein Appetizer“, setze ich Jane in Kenntnis. Sie hat das Gesöff aus Sekt und Johannisbeerlikör in hohen Wassergläsern zusammengemixt und Strohhalme hineingesteckt. Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, wo sie die Strohhalme aufgetrieben hat. Bis jetzt habe ich keine Übersicht über die Küche. Jane dagegen findet sich auf Anhieb in jeder Küche zurecht.
    „Ein Appetizer ist absolut perfekt“, sie hebt ihr Glas, „der richtige Auftakt für den Rest der Nacht. Cheers. Auf Annie, das schönste amerikanische Dornröschen in Paris! Auf die Braut!“
    Der richtige Auftakt für den Rest der Nacht? Was ist jetzt wieder los? „Ihr habt doch nicht noch was vor?“
    Jane lacht lauthals. „Schwächelst du?“
    „Vergiss es!“ Ich knalle mein Glas auf die dunkle Marmorarbeitsplatte. Warum zum Henker geht mir gerade jetzt durch den Kopf, dass Philippe und ich noch nie Sex in der Küche hatten? Rigoros streiche ich diesen Gedanken beiseite. „Ihr könnt von mir aus mit dem Rest der Nacht tun und lassen, was ihr wollt, aber für mich ist Schluss. Morgen, beziehungsweise in exakt sieben Stunden, sind wir bei Claude und ich probiere ein letztes Mal mein Brautkleid und ihr eure Brautjungfernkleider. Also, ab ins Bett mit euch! Noch merkt ihr es nicht, aber die Zeitverschiebung wird euch umhauen. Ich weiß, wovon ich spreche. Drei gähnende Brautjungfern mit dunklen Rändern unter den Augen sind nicht unbedingt das, was ich mir auf meiner Hochzeit wünsche.“
    Auf meiner Hochzeit? Wird sie denn stattfinden? Anscheinend hat mein Unterbewusstsein eine Entscheidung getroffen. Ich verscheuche auch diesen Gedanken, bedanke mit bei meinen wundervollen Freundinnen für den wunderschönen Abend und laufe hoch ins Schlafzimmer. Hoffentlich erinnert mein Abgang nicht allzu sehr an eine Flucht. Die Drei hätten es verdient, dass ich mich voll und ganz um sie kümmere. Aber ich kann nicht mehr.
    Als die schwere Schlafzimmertür hinter mir zufällt, atme ich auf. Endlich allein. Endlich Stille um mich herum! Doch die Ruhe währt nicht lange.
    Mein Blick wandert über den Holzboden, stoppt kurz an dem dicken, weinroten Langhaarteppich, der vor dem Fußende des Bettes liegt, und bleibt dann auf der zerdrückten Bettdecke hängen. Mein Rücken hat auf der weichen Bettdecke eine ovale Kuhle hinterlassen. Mir schießen die Tränen in die Augen. Was habe ich nur getan? Wie konnte ich bloß?

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