Im Bann der Leidenschaften
Philippe grinst noch immer.
„So sieht’s aus“, bestätigt Jerôme kauend.
„Wie zwischen Annie und mir?“
„Exakt.“
Philippe klopft Jerôme auf die Schulter. „Du bist mir ein Schlawiner! Und da hast du die Kleine gleich hier draußen im Park vernascht? Ich hoffe, sie hatte ihren Spaß dabei, aber da kann ich sicher beruhigt sein.“
„Die Kleine?“ Jerôme zieht eine Augenbraue in die Höhe.
Ich sehe schnell weg. Diese Geste bringt mich noch um den Verstand. Ach was! Mein Verstand hat doch schon vor Tagen ausgesetzt.
„Stimmt. Diese Amerikanerinnen sind alles andere als klein. Jedenfalls zwei der hier Anwesenden.“ Philippe legt mir einen Arm um die Schultern. „Süße, musst du nicht gleich den Brautstrauß werfen?“
Süße? Noch nie hat Philippe mich Süße genannt. Schatz, ma Cherie, das sind seine Worte. Aber doch nicht Süße. Jedem, was er verdient, fährt mir das Sprichwort durch den Kopf, als Philippe mir neckisch an den Haaren zieht und mich an den Brautstrauß erinnert.
Mein Brautstrauß? Wo zum Teufel ist mein Brautstrauß? Wenigstens habe ich einen Grund, mich von Philippe und Jerôme zu entfernen.
„Ich hole ihn“, sage ich und lasse die beiden Männer allein.
Ich habe keine Ahnung, wo ich den Strauß abgelegt habe, muss aber nicht lange suchen. Mary-Beth hat sich das Ding unter den Nagel gerissen. Augenzwinkernd reicht sie ihn mir. Dabei stellt sie sich auf die Zehenspitzen und flüstert mir ins Ohr: „Du weißt, in welche Richtung du werfen musst, oder?“
Fragend sehe ich sie an. Nein, in diesem Moment habe ich keine Ahnung, ob sie selbst ihn fangen will, oder ob die frohe, aber leider vollkommen falsche Botschaft von der zwischen Jerôme und Mel ausgebrochenen Liebe, sie zu der Frage animiert.
„Zu mir“, sagt Mary-Beth schnell.
„Das hatte ich sowieso vor“, tue ich meiner Freundin, die seit Jahren vergeblich auf einen Antrag ihres ewigen Verlobten wartet, den Gefallen.
Wenige Minuten später fängt Mary-Beth tatsächlich den Brautstrauß. Freudentränen glitzern in ihren Augen. Viel glücklicher kann sie ein Antrag von Jim auch nicht machen.
Dann folgt der traurige Teil der Veranstaltung. Ich muss mich von meinen Eltern und meinen Freundinnen verabschieden.
Meine Mutter ist so aufgelöst, als würde ich beerdigt. Selbst mein Vater verdrückt ein paar Tränen. Wir hatten viel zu wenig Zeit füreinander, aber es stand von vornherein fest, dass Philippe und ich nach dem Brautstraußwerfen verschwinden. In weniger als drei Stunden geht unser Flug und wir müssen nach Hause, um uns umzuziehen. Außerdem stehen unsere gepackten Koffer noch im Penthouse.
„Die beiden Concierges kennen euch“, erkläre ich meinen Freundinnen unter Tränen, wie es für sie weitergeht. Wir vier heulen um die Wette. „Ihr drückt einfach die Concierge-Klingel und fühlt euch in dem Penthouse wie zu Hause. Wenn ihr morgen abreist, zieht ihr einfach die Türe hinter euch zu. Und Weihnachten sind Philippe und ich bei Mom und Dad. Dann sehen wir uns wieder. Bis dahin sind es weniger als drei Monate. Wer weiß, vielleicht hat Mary-Beth dann endlich ihren Heiratsantrag.“
„Und Mel“, schluchzt Jane laut auf.
Ich nicke und denke: Aber ganz bestimmt nicht von Jerôme!
Ein letztes Mal an diesem unglaublichen Tag – und hoffentlich für alle Ewigkeit – steige ich in den cremeweißen Bentley mit Jerôme am Steuer. Dieses Mal jedoch befinde ich mich nicht allein auf dem Rücksitz. Philippe sitzt neben mir.
Kapitel 13
Philippe und ich winken unseren Gästen, bis uns fast die Arme abfallen. Schließlich ist das Versailles Palace Hotel nur noch ein heller Punkt in der Dunkelheit. Ich drehe mich um. Blöderweise ist mein Platz wieder der hinter dem Beifahrersitz und ich habe schon wieder freien Blick auf Jerômes maskulines Profil, das mir sofort einen Schauder über den Rücken jagt. Ich drehe den Kopf nach rechts und gucke zum Fenster hinaus, irgendwo da hinten in der Landschaft liegt dieser elegante Ort, der sich Versailles nennt, und der schon so einige unerlaubte Lieben erlebt hat. Heute ist wieder eine dazugekommen.
Philippe legt einen Arm um meine Schultern, den anderen schlingt er mir um die Taille. Mit einem Ruck zieht er mich zu sich heran.
„Das Kleid reißt“, entfährt es mir, während alle möglichen anderen Gedanken durch meinen Kopf sausen, besonders der, dass Jerôme all das beobachtet. Zu gern wüsste ich, was ihm dabei durch den Sinn geht, werde es aber wohl
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