Im Bann der Leidenschaften
heute nicht mehr erfahren.
Philippes helle Augen glänzen in der Dunkelheit.
„Dein wunderschönes Kleid hat seinen Zweck erfüllt“, grinst er. Er sieht mir tief in die Augen und sagt laut und deutlich, so dass auch Jerôme es hören kann: „Ich liebe dich, Annie. Was auch passiert, denk immer daran, dass ich dich liebe.“
„So salbungsvoll?“, gebe ich sarkastisch zurück. Im selben Moment tut mir meine Reaktion leid. Wenn ich einen Menschen auf der Welt noch niemals mit meinem Sarkasmus gequält habe, dann ist dies Philippe. Dieser gütige, warmherzige Mann. Doch in diesem Wagen fühle ich mich von seiner Umarmung in die Ecke gedrängt. Und überhaupt … Liebe … Was ist das? Himmel, bin ich mies drauf! Ich fege meine trübsinnigen Gedanken an das, was Liebe wirklich ist, beiseite. Der viele Alkohol vernebelt mir die Sinne. Zwanzig Minuten, rede ich mir selbst ins Gewissen, in zwanzig Minuten spätestens habe ich diese Fahrt und diesen Abschnitt meines Lebens überstanden. Länger dauert es nicht bis zu dem weißen Stadtpalast, der seit knapp zwei Monaten mein Zuhause ist. Eine zwanzigminütige Höllenfahrt, denn der Bentley ist kein Auto, sondern eine Folterkammer. Die gleichzeitige Anwesenheit der beiden Männer wirkt wie Daumenschrauben auf mich. Oder wie Wasser, das stetig auf meine Stirn tröpfelt, und dem ich nicht entrinnen kann, weil ich gefesselt am Boden liege. Unter Jerômes Blicken ist Philippes Umarmung keine geringere Folter als die entwürdigende Art und Weise, in der ich heute Morgen zum Standesamt kutschiert wurde.
Philippes Gesicht kommt meinem immer näher. Deutlich rieche ich sein Parfüm, vermischt mit einem leichten Schweißgeruch. Oder ist das der Geruch, der an mir haftet? Der Geruch von einem langen Tag, vermischt mit dem Duft von Sex? Andererseits spüre ich rein gar nichts, bis auf die schreckliche Gewissheit, dass Jerôme mit uns in einem Wagen sitzt. In dem Moment senken sich Philippes Lippen auf meine. Warm und weich werben sie darum, dass sich meine Lippen öffnen. Ich schließe die Augen, um nicht ständig auf Jerômes Profil blicken zu müssen. Doch hinter meinen Lidern läuft der Film weiter. Während Philippes Zunge in meinen Mund gleitet und seine Hände über mein Dekolleté streicheln, sehe ich in der Erinnerung, wie Jerômes kräftige Hände meine Hüften umfassen und er mich umdreht, so dass ich vornübergebeugt vor dieser eisernen Parkbank stehe.
„Immer schön auf die Straße achten“, brummt Philippe in Jerômes Richtung, bevor seine Zunge sich wieder meiner widmet, sie umwirbt und umkreist.
Oh. Gott. Das darf alles nicht wahr sein!
Auf meinem Rücken quetschen sich Philippes Finger unter den oberen Rand des Mieders. Ich halte die Luft an, als mein Mann den unter der Knopfleiste versteckten Reißverschluss ein Stück aufzieht, bevor er sich, geschickter als ich es ihm zugetraut hätte, an den Schnüren des Mieders zu schaffen macht.
Die Peinlichkeit könnte nicht größer sein. Jerôme weiß ganz genau, was auf dem Rücksitz vor sich geht. Wahrscheinlich würde ich direkt in seine Augen blicken, wenn ich zum Rückspiegel sähe. Krampfhaft halte ich meine Augen geschlossen. Da ich nicht entkommen kann, lasse ich einfach geschehen, was geschieht, gebe ich mich ganz in die Hände meines Mannes. Jerôme kann nichts anderes erwarten. Und nach all dem, was in dem Hotelgarten geschehen ist, geschieht es ihm ganz recht, dass sein bester Freund ihm zeigt, wer zu wem gehört. Ihm und mir, diesem undankbaren, abtrünnigen Weib.
Als sich das Mieder lockert, kann ich wenigstens wieder halbwegs durchatmen. Meine Brust ist frei und meine Brüste fallen ein wenig zur Seite, sind nicht mehr zu einem dicken Kissen zusammengepresst. Von mir aus kann Philippe das ganze Mieder öffnen und es zum Fenster hinauswerfen. Bei diesem Gedanken muss ich sogar ein ganz klein wenig kichern.
In dem Moment legt sich Philippes warme Hand mitten auf mein Dekolleté. Ich schnappe nach Luft. Mein Kleid und das Mieder sind weiter geöffnet, als ich es befürchtet hatte. Jerôme muss die Klimaanlage angestellt haben. Ein kühler Lufthauch im Wageninnern streichelt meine Brustwarzen und macht sie hart. Ich reiße meine Augen auf und blicke, wie erwartet, direkt auf Jerômes Profil.
Um Jerômes Mund zeichnet sich ein belustigter Zug ab. Automatisch wandert mein Blick zum Rückspiegel. Zwei dunkle Augen, die auf meine Brüste gerichtet sind, treiben mir den Schweiß aus den Poren und jagen
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