Im Bann der Liebe
ihren Röcken hängend. »Mr. Fairgrieve war völlig außer sich, als er zurückkam und hörte, dass Sie mit Mr. Hollister essen waren«, flüsterte sie entzückt.
Susannah verspürte Genugtuung, empfand aber gleich darauf Gewissensbisse. Aubrey war der Witwer ihrer Freundin, an der er nichts Gutes ließ. Es spielte keine Rolle, dass er so großartig aussah, dass es ihr den Atem verschlug, wenn sie in seine Nähe kam, und dass nur ein Blick von ihm ihr Herz schneller schlagen ließ. Von allen Menschen der Welt war er der Letzte, in den sie sich verlieben durfte.
»Ich wüsste nicht, warum er sich darüber aufregen sollte«, erklärte sie, während sie ihren Mantel auszog. »Schließlich bin ich eine erwachsene Frau und kann gut auf mich selbst aufpassen.« Sie wollte gerade Victoria auf den Arm nehmen, als sich die Tür zum Arbeitszimmer öffnete und Aubrey heraustrat.
»Darf ich Sie einen Moment unter vier Augen sprechen, Miss McKittrick?«, fragte er. Seine Augen funkelten herausfordernd.
»Ich werde das Baby für Sie ins Bett bringen«, bot Maisie an und ließ die beiden im Flur stehen. Susannah schluckte, hielt aber den Kopf hoch erhoben. »Es ist schon spät«, bemerkte sie, »und ich bin recht müde.«
Aubrey trat zurück und bedeutete ihr einzutreten. Susannah eilte an ihm vorbei und ihr wurde bewusst, dass er ihr das Gefühl gab, etwas Verbotenes getan zu haben.
»Setzen Sie sieh«, befahl Aubrey.
Susannah hätte sich am liebsten widersetzt, aber das hätte das Gespräch nur in die Länge gezogen. Also setzte sie sich und verschränkte die Hände im Schoß.
»Was wissen Sie über Hollister?« Aubrey nahm in dem lederbezogenen Stuhl hinter seinem Schreibtisch Platz.
»Dass ich ihn sehr mag«, gab Susannah ehrlich zurück. »Wir gehen am Sonntag zusammen zur Kirche und bei gutem Wetter anschließend zu einem Picknick.«
Aubrey machte ein Gesicht, als hätte sie soeben gestanden, mit Hollister durchbrennen zu wollen. »Ich hatte den Eindruck, dass Sie hier sind, um auf mein - Julias Kind aufzupassen. Vielleicht sind Sie in Wirklichkeit auf der Suche nach einem Mann?«
Susannah spürte, wie eine nie gekannte Wut in ihr hochstieg. Sie wollte etwas erwidern, aber die Worte blieben ihr in der Kehle stecken.
Aubrey lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Das sanfte Licht seiner Schreibtischlampe betonte seine Männlichkeit. Sein dunkles, zerzaustes Haar schimmerte, und Susannah konnte nicht verhindern, dass sein Charme sie verwirrte. »Wenn Sie wirklich einen Mann wollen«, erklärte er, »hätten Sie sich natürlich keinen besseren Ort als Seattle dafür aussuchen können. Es herrscht hier immer noch ein Mangel an Frauen - Sie könnten schon morgen verlobt sein.«
Sein verändertes Verhalten traf Susannah unvorbereitet. Eben noch hatte er ernstlich verärgert gewirkt, jetzt war er ruhig und sachlich. »Lassen Sie mich Ihnen versichern«, erklärte sie, als ihre Stimme ihr wieder gehorchte, »dass ich keineswegs so eine Absicht habe. Ich habe meine Meinung wegen des Kindes auch nicht geändert - egal, wie groß die Möglichkeiten hier sein mögen.«
Er lächelte schwach und stützte den Kopf in die Hände. Susannah wusste nicht, ob er ihr glaubte. »Warum«, fragte er dann, »sollten Sie wünschen, Ihr Leben lang unverheiratet zu bleiben?«
Es war eindeutig eine Frage, die ihr Privatleben verletzte, und doch schwand ihr Ärger. Sie setzte sich etwas gerader hin. »Das ist doch wohl offensichtlich«, gab sie zurück.
»Das ist es nicht.« Wie störrisch er war!
»Niemand hat mich gefragt«, sagte sie.
»Hätten Sie angenommen, wenn jemand es getan hätte?«
Sie schwieg und dachte nach. »Das kommt darauf an. Wenn ich den Mann sehr geliebt hätte, ja.«
Er beugte sich vor und sah sie intensiv an. »Liebe ist ein unzuverlässiger Maßstab, wenn es um die Ehe geht, Susannah. Es ist viel besser, aus Vernunftgründen zu heiraten.«
»Vernunftgründe, Mr. Fairgrieve? Und welche sollten das sein?«
Er zuckte die Achseln. »Geld, Besitz, Erben, Gesellschaft im Alter.«
Susannahs Hände verkrampften sich. »Julia hat Ihnen weder Geld noch Besitz anbieten können, Ihre Erbin lehnen Sie ab, und Alter wird Julia nie erleben. Warum also haben Sie sie geheiratet?«
Aubrey runzelte die Stirn, und als er sie wieder ansah, stand Traurigkeit in seinen Augen. »Da sind wir wieder am Anfang. Ich habe Julia geheiratet, weil ich sie liebte - und ich dachte, sie würde meine Liebe erwidern.
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