Im Bann der Liebe
verlieben würde, was immer Maisie auch hoffen mochte, aber sie fand ihn sympathisch und vertraute ihm. Gefühle wie die, die sie für Aubrey zu entwickeln begann, beispielsweise, waren eine ganz andere Sache.
Sie erzählte John von ihrer Kindheit in St. Mary's und von ihrer Stelle als Gesellschafterin bei einer alten Dame, wo sie ein angenehmes, aber eintöniges Leben geführt hatte. Dann sprach sie von ihrer Freundschaft mit Julia und bekräftigte die Hoffnung, dass Mr. Fairgrieve sie das Kind würde aufziehen lassen.
John betrachtete sie, sein Weinglas in der Hand. »Waren Sie denn nie verlobt? Eine entzückende, intelligente Frau wie Sie?«
Susannah seufzte innerlich auf. Wenn Liebe doch etwas wäre, das man je nach den Umständen abrufen könnte. »Ich hatte viele Pflichten«, erwiderte sie mit einem Achselzucken. »Meine Dienstherrin Mrs. Butterfield war nicht besonders gesund, und in der wenigen freien Zeit, die mir blieb, habe ich Klavierunterricht gegeben.« Betrübt dachte sie an ihre mageren Ersparnisse, die sie für die Fahrkarte nach Seattle ausgegeben hatte.
»Hmmm«, machte John nachdenklich. »Und wer hat Ihnen beigebracht, Klavier zu spielen?«
Susannah seufzte. »Eine der Nonnen in St. Marys.« Plötzlich sehnte sie sich danach, auf dem verstaubten Flügel zu spielen, den sie in Aubreys Haus entdeckt hatte. Sie musste so bald wie möglich wieder unterrichten. Vielleicht war schon am kommenden Tag, nachdem sie mit Pfarrer Johnstone über Victorias Taufe gesprochen hatte, Zeit, das Instrument auszuprobieren und sich um Schüler zu kümmern.
»Ruby hat früher ein bisschen gespielt. Vielleicht könnten Sie sie unterrichten.«
Seine Aufmerksamkeit erfüllte sie mit Wärme und machte sie ein wenig benommen, wie sie es sich immer von Champagner vorgestellt hatte. »Das würde ich sehr gerne tun«, sagte sie dankbar. Dann setzte sie sich etwas aufrechter hin. »Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt, Mr. Hollister, wenn ich das fragen darf?«
Er räusperte sich und schien eine Antwort hinauszögern zu wollen. »Ich habe ein Privateinkommen«, erwiderte er dann, aber obwohl Susannah meinte zu wissen, dass er nicht log, klang es auch nicht ganz wahr.
Vorsichtig zog sie sich ein wenig in sich zurück.
John lächelte sie beruhigend an, und sie spürte erneut, dass sie ihn wirklich mochte. »Ich habe gehört, dass es vor der Küste von Nantucket guten Hummer gibt«, bemerkte er. »Vermissen Sie solche Köstlichkeiten?«
Susannah sah auf das Essen hinunter, das Mr. Hollister bestellt hatte - ein Diktat der Höflichkeit und das Wasser lief ihr im Mund zusammen, als sie an den Geschmack dampfenden Hummers dachte, frisch vom Pier und voller zerlaufender Butter. »Oh, ja«, seufzte sie und fragte sich, ob sie Nantucket je wiedersehen würde. Mrs. Butterfield vermisste sie nicht, aber sie dachte gern an ihre seltenen Strandspaziergänge zurück. Sie erzählte John von den Segelbooten, den Sanddünen, dem Strandgras.
Der Rest des Abends verging wie im Flug, und schon bald saßen sie wieder in Johns Buggy, der sie zurück zu dem großen, nüchternen Haus fuhr, in dem ihre Freundin gelebt hatte und gestorben war.
»Haben Sie Julia gekannt?«, wagte sie zu fragen, als sie den Kiesweg vor dem Haus erreichten. »Mrs. Fairgrieve«, setzte sie hinzu, falls er sie nicht verstanden hatte.
John schüttelte den Kopf, zog die Zügel an und bremste den Wagen ab. »Nein.« Er seufzte und sah sie an, sein Gesicht im Schatten des Hutes verborgen, sodass sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte.
Am liebsten hätte sie geweint, als sie an Julia und das Baby und den Mann dachte, der nicht glauben konnte, dass das Kind von ihm war. »Aber Sie kennen offenbar Mr. Fairgrieve.«
»Wir hatten gelegentlich geschäftlich miteinander zu tun«, bemerkte er so beiläufig, dass Susannah den Eindruck bekam, er habe etwas zu verbergen. »Ich würde Sie gern wiedersehen, Susannah«, setzte er kurz darauf hinzu, als er ihr vom Wagen half. »Hätten Sie vielleicht Lust, am Sonntag mit mir zur Kirche zu gehen? Wenn das Wetter es zulässt, könnten wir hinterher am Fluss ein Picknick machen.«
Weil sie John mochte und glaubte, dass sie von ihm noch einiges erfahren konnte, nickte Susannah. »Das wäre schön.«
Er versuchte nicht, sie an der Haustür zu küssen, sondern zog nur kurz seinen Hut, ehe er ging.
Maisie stand hinter der Tür und wartete, das schlafende Baby auf der Schulter und Jasper wie ein kleines Äffchen an
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