Im Bann der Liebe
die Schulter, wo sich eine Gruppe von Leuten in der Tür drängte. Hawkins löste sich von den anderen, um Hilfe zu holen. »Ich brauche kaltes Wasser und saubere Tücher«, verlangte er. »Der Rest von Ihnen geht besser wieder an die Arbeit.«
Innerhalb weniger Minuten traf der Arzt ein. Er war untersetzt und mittleren Alters und roch nach Whisky, Tabak und Seife. Ethan, der Aubreys Wunden so gut wie möglich gesäubert hatte, setzte sich zurück und sah zu, wie der Arzt seine Tasche öffnete und ein Stethoskop herausholte.
»Das hat ihn fast umgebracht«, murmelte der Mann und sah auf. »Ist das Ihr Werk?«
»Zum Teufel, nein«, fauchte Ethan. Wenn die Umstände anders gewesen wären, hätte er sich vielleicht geschmeichelt gefühlt, denn Aubrey war einen Kopf größer und viel kräftiger als er.
»Nun, es wird eine Weile dauern, bis er uns sagen kann, wer das war«, seufzte der Arzt. Er tastete mit fähigen, wenn auch nicht allzu sauberen Händen über Aubreys Brustkorb, Arme und Beine. »Ich hoffe, der Kerl ist zäh, denn er hat einen weiten Weg vor sich, falls er ihn überhaupt übersteht.«
Ethans Herz sank. Aubrey durfte nicht sterben. Er konnte nicht. Es gab noch zu viele Dinge zwischen ihnen, die ungeklärt waren, Außerdem war Aubrey sein Bruder. Die ganze Familie, die er noch hatte.
»Er wird es schaffen«, schwor Ethan.
»Nun, er muss ins Krankenhaus. Wir bringen ihn besser so schnell wie möglich dorthin.«
»Nein«, widersprach Ethan. Krankenhäuser waren Orte, wo die Leute hingingen, um zu sterben. Aubrey würde in sein Haus gebracht werden, wo man sich anständig um ihn kümmern konnte. »Wenn er wählen dürfte, würde er sicher lieber in seinem eigenen Bett liegen. Ich werde veranlassen, dass er dort hingebracht wird.«
Der Arzt zuckte mit den Achseln, offenbar bestrebt, zu seinem Kartenspiel zurückzukommen. »Er muss bandagiert werden ...«
»Das können Sie doch gleich hier machen, nicht wahr?«
»Nun ...« Der Mann zog seine Taschenuhr hervor. Ethan überlegte, einen anderen Arzt zu holen, aber andererseits wollte er Aubrey nicht noch länger unversorgt lassen. Er hatte sicher schon den Großteil der Nacht bewusstlos dort gelegen.
»Bringen Sie ein paar Laken aus dem Laden«, wies Ethan Hawkins an, der in der Tür wartete. Die anderen waren an ihre Arbeit zurückgegangen. »Und etwas, das als Trage dienen kann.«
Hawkins schluckte, nickte und verschwand, froh, eine Aufgabe zu haben. Kurz daraufkam er mit einem Stapel teurer Laken zurück, die Ethan ohne Zögern in Streifen riss. Dann zogen der Arzt, der sich als Horace Sutherfield vorgestellt hatte, und er gemeinsam Aubreys Hemd aus und verbanden ihm den Brustkorb. Aubrey regte sich nicht, was sicher eine Art Gnade war, aber Ethan hätte es vorgezogen, ihn stöhnen und fluchen zu hören. Dann hätte er wenigstens gewusst, dass Aubrey näher am Leben als am Tod war. So vermochte man nichts zu sagen.
Schließlich erschienen zwei der Verkäufer mit etwas, das aussah wie eine alte Tür.
Ethan und der Arzt legten Aubrey darauf und banden ihn mit den restlichen Stoffstreifen fest. In seinem Zustand würde ein Sturz von der Trage tödlich sein - oder ihn zum Krüppel machen.
Ethan war voller Wut. Er würde die Männer finden, die seinem Bruder das angetan hatten, und dann würde er es ihnen heimzahlen.
»Ich habe Simpson den Wagen nach vorne fahren lassen«, meldete sich Hawkins zu Wort, als Ethan und der kräftige Schmied, den man von gegenüber geholt hatte, je eine Seite der Trage packten. Der Sekretär war blass, Panik stand in seinem Blick.
»Danke«, gab Ethan ruhig zurück.
»Wenn es noch etwas gibt, was ich tun kann ...«
»Kümmern Sie sich um den Laden. Wenn Sie irgendetwas hören sollten ...«
Hawkins richtete sich höher auf. »Sie können sicher sein, dass ich Sie sofort benachrichtigen werden, Mr. Fairgrieve.«
»Ethan«, korrigierte Ethan zerstreut. »Die Polizei sollte erfahren, was passiert ist.«
»Ich werde mich darum kümmern«, versprach Hawkins.
Ethan konzentrierte sich jetzt darauf, seinen Bruder sicher die Treppe herunterzubugsieren, um ihn in den Wagen zu bringen. Der Arzt kletterte auf den Bock und griff nach den Zügeln, während Ethan sich neben Aubrey kauerte. Der Schmied ritt hinterher, denn er wusste, dass seine Hilfe am Haus gebraucht werden würde.
Als sie die steile Straße am Laden entlangfuhren, begann es heftig zu schneien.
Susannah stand auf der Veranda und verabschiedete gerade einen
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