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Im Bann der Lilie (Complete Edition)

Im Bann der Lilie (Complete Edition)

Titel: Im Bann der Lilie (Complete Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grayson
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allem Gewürze und edle Stoffe. Das Kontor Giraud lief gut und die Geschäftsbeziehungen blühten. Kein Wunder, dass sich in dem großzügigen Anwesen Menschen aus aller Welt einfanden. Ein idealer Ort für politische Konspirationen. Auch William Townsend war hier ein gern gesehener Gast. Michel Giraud begrüßte den Engländer nach seiner Ankunft herzlich und bestand darauf, dass dieser – wie schon so oft – im Kreise der Familie wohnte. Gästezimmer gab es hier genug. Die meisten Besucher blieben bis zum Auslaufen des nächsten Schiffes, sobald sie ihren Handel abgeschlossen hatten. Offiziell führten den britischen Geheimdienstler die Wirtschaftsinteressen seines Landes hierher. Aber unter der Hand koordinierte er an diesem Ort seine Spitzel und Spione in Frankreich. Ihm war es klar, dass der nächste Krieg nicht lange auf sich warten lassen würde, solange immer weitere Regionen auf den Kontinenten erschlossen wurden. Selbst jetzt, wo Engländer und Franzosen mal wieder friedlich Handel miteinander trieben.
    Umso erstaunter war Townsend, als sich an diesem Abend im Hause seiner Gastgeber zwei junge Männer nach ihm erkundigten und er nach Eintreffen im Besuchersalon Marcel Saint-Jacques erkannte. Den hübschen, dunkelhaarigen Jungen an seiner Seite kannte er nicht, aber er war sicher, dass es sich hier ebenfalls um einen Untoten handeln musste. Auch ihn umgab diese dunkle Aura der Verführung.
    „Ich freue mich zwar, Euch zu sehen, aber welche Umstände verschlagen Euch nach Le Havre? Ich wähnte Euch im Schloss Eures Vaters!“, fragte er nach einer kurzen Begrüßung. Die Männer nahmen Platz.
    „Ich will es kurz machen, Monsieur Townsend. Der Umstand, der uns hierher getrieben hat, heißt Julien de Montespan. Wir sind auf der Flucht vor ihm.“
    Dann erzählte der Chevalier von der Besessenheit des Marquis nach seiner Person, ohne jedoch dessen zweideutiges Angebot im Einzelnen zu erläutern, solange sein Gefährte mit im Raum war.
    „Unglaublich!“, entfuhr es dem Engländer. „Er droht also, Euren Freund zu vernichten, wenn Ihr ihm nicht zu Willen seid? Wirklich unglaublich!“
    „Er kann Silvio aufspüren, wenn ich die Wandlung zum Erlöser nicht vollende. Aber leider habe ich keine Ahnung von diesen Dingen. Ich war sein Schüler, als ich im Streit sein Haus verließ.“
    „Und er verfolgte Euch durch die Jahrhunderte?“
    „Sagen wir besser: Wir beide waren zunächst auf der Suche nacheinander. Bis das Schicksal mir Silvio zuführte. Juliens gärende Eifersucht war deutlich aus seinen Worten herauszuhören bei unserer letzten Unterhaltung, und ich fürchte das Schlimmste.“
    Der Engländer schwieg und dachte eine Weile nach. Ein Diener der Girauds servierte in der Zwischenzeit Getränke für die Herren und verließ dann diskret den Raum wieder.
    „Ihr habt mein Mitgefühl.“ Irgendwie klang dieser Satz merkwürdig in Anbetracht der Tatsache, dass er mit zwei Blutsaugern sprach, fuhr es Townsend durch den Kopf. „Aber das Einzige, was ich Euch anbieten könnte, wäre eine Unterredung mit dem Marquis. Bei mir wird er keinerlei Misstrauen hegen. Eventuell erfahre ich so mehr über die Dinge, die von Euch von Bedeutung sind. Was meint Ihr?“
    Marcel und Silvio blickten sich an. Dann nickten sie beide fast einvernehmlich.
    „Ich danke Euch, Monsieur Townsend. Auch wenn ich wenig Hoffnung hege, dass der Marquis Euer Tun nicht durchschaut“, erwiderte Marcel.
    „Auch mein Dank ist Euch gewiss“, ergänzte sein Gefährte.
    Townsend erhob sich wieder und die beiden jungen Männer taten das Gleiche. „Nun gut, dann werde ich mich morgen früh direkt auf den Weg nach Paris machen und sehen, was ich für Euch tun kann. Wo kann ich Euch finden?“
    „Wir dachten daran, im Admiral Blue zu bleiben“, meinte Marcel. Diese Absteige, wenn auch der gehobenen Klasse, war eigentlich seiner adeligen Abstammung nicht würdig. Aber möglicherweise eine gute Tarnung.
    „Ich könnte ebenso die Girauds bitten, Euch an meiner Stelle aufzunehmen“, schlug der Brite jetzt vor. Doch Marcel lehnte dankend ab. Er wollte nicht erneut Unruhe in eine Familie bringen. Das Intermezzo mit den Devereauxs hatte ihm gereicht. Townsend war dennoch besorgt. In Frankreich waren die Freunde nirgendwo sicher. Das war ihnen letztlich allen bewusst. Nach kurzer Zeit der Überlegung machte der Engländer daher einen neuen Vorschlag:
    „Häuser wie das Admiral Bleu haben überall Augen und Ohren. Dort könnt ihr nicht bleiben. Es

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