Im Bann der Ringe (German Edition)
Dementsprechend fertig sah sie aus. Dunkle Augenränder zierten ihr Gesicht.
„Warum bist du nicht zu Hause geblieben?“
„Meinst du, ich lasse mir den neusten Tratsch entgehen?“
„Oh ja. Da kursieren schon die wildesten Gerüchte. Ich sage euch – Stephen und Tiffany sind total unten durch!“
„Liegt Stephen noch im Krankenhaus?“, mischte Ann sich ein.
„Nein, er ist nach kurzer Beobachtung schon wieder entlassen worden. Ein ziemlich geschwollenes Auge soll er noch haben, die Nase ist gebrochen und dazu kommen noch ein oder zwei angebrochene Rippen. Ein Wunder, dass es so glimpflich abgegangen ist. Ich hab gedacht, Chris prügelt ihn tot. Das sah grausam aus!“ Dionne schüttelte sich bei der Erinnerung daran, wie Chris über Stephen hergefallen war. „Erst hat er ihm mit voller Wucht ins Gesicht geboxt. Stephen hat sich nicht gewehrt. Nach dem zweiten Schlag hörte man ein fürchterlich lautes Knacken. Das dürfte die Nase gewesen sein. Danach ging Stephen zu Boden, aber Chris hörte nicht auf. Er trat mit dem Fuß auf ihn ein, als würde es kein Morgen geben. Erst als ihn zwei seiner Kumpels gewaltsam weggezerrt haben und sein Opfer außer Reichweite war, wurde es ruhiger. Chris wurde dann nach draußen gebracht, wo ich ihn noch lange schreien gehört habe. Und Stephen lag bewegungslos am Boden. Das Blut lief ihm aus der Nase und sein Auge schwoll in Null Komma nichts zu. Da habe ich es mit der Angst zu tun bekommen, mich rausgeschlichen und über Handy den Notarzt alarmiert. Und dann bin ich weg.“
„Unglaublich! Und was ist mit Tiffany? Hast du was von ihr gehört?“ Cat war neugierig, ob Tiffany wohl heute in der Schule war.
„Die hat sich verpisst, als die Fotos gezeigt wurden. Besser war das wohl auch. Ich möchte nicht wissen, was Chris mit ihr gemacht hätte, hätte er sie erwischt.“
Zu dritt schlenderten die Mädchen über den Schulhof. Cat konnte das dumpfe Gefühl in ihrem Magen nicht mehr lange beiseiteschieben. Der Gedanke an Ric war schon fast unerträglich, aber als sie ihn von Weitem sah, war es, als zöge ihr etwas die Beine unter dem Körper weg. Hilfe suchend klammerte sie sich an Ann. Die verstand sofort.
„Dionne, wir müssen noch kurz zur Bibliothek, ich hab vergessen mein Buch abzugeben. Hoffe, die alte Mathilda lässt mir das noch so durchgehen, wenn ich es jetzt noch schnell bringe.“ Sie lachte etwas zu steif, aber Dionne bemerkte es nicht.
„Klar. Wir sehen uns dann gleich im Unterricht. Ach, da ist Ric. Ich geh dann mit ihm rein. Bis gleich.“ Sie warf ihren Freundinnen noch eine Kusshand zu und verschwand auf hohen Absätzen in Richtung Haupteingang, wo Ric stand und sich gerade mit Jayden unterhielt. Ann hakte Cat unter und lenkte sie behutsam in Richtung Bibliothek. „Geht’s?“
„Nee. Ich weiß gar nicht, wie ich den Tag überstehen soll“, schluchzte Cat plötzlich auf und hinter den großen Gläsern ihrer dunklen Sonnenbrille kullerte eine Träne hervor.
„Och, Süße, das tut mir so leid!“ Ann versuchte sie zu trösten, nahm sie in den Arm und drückte sie. Aber Cat schüttelte unwirsch den Kopf.
„Okay, dann eben einmal Waschraum und zurück bitte. Ich glaube, Sie sollten Ihren Kopf einmal unter kaltes Wasser halten. Das rückt die Gehirnzellen und vor allem die Ich-ärger-mich-über-Jungs-Viren wieder gerade.“
Das entlockte Cat wenigstens ein kleines Lächeln, aber trotzdem stand sie weiterhin stocksteif da und sah Dionne hinterher. Sie beobachtete, wie Dionne Ric von hinten umarmte.
„Guten Morgen, mein Süßer“, hörte Cat sie flöten. Auf ihren hohen Absätzen war Dionne fast so groß wie er. Ihr fiel auf, wie Ric sich versteifte, doch das hielt Dionne offensichtlich nicht davon ab, sich fester an ihn zu drücken. Langsam drehte er den Kopf zu ihr herum, lächelte matt und erwiderte ihr Guten Morgen leise. Dionne kam hinter Ric hervor und hakte sich dann bei ihm ein, wobei er weiterhin regungslos da stand.
Jayden stand daneben und beobachtete die Szene mit einem Stirnrunzeln. „Ähm … Ich … Ihr beide?“, hörte Cat ihn stottern. Und als Dionne sich auch noch auf die Zehenspitzen stellte, Ric einen Kuss auf die Wange gab – gefährlich nahe an seinem Mund – da fiel ihm alles aus dem Gesicht.
„Ja!“, strahlte Dionne. „Wir beide! Was sagst du dazu?“
„Und was sagt Cat dazu?“ Jayden sah erst Dionne und dann Ric an. Dann warf er quer über den Schulhof einen Blick zu Cat hinüber.
Cat senkte den Kopf.
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